Mülheim. . Dirk Eickmeier und seine Tochter imkern auf Mülheimer Stadtgebiet unter Demeter-Richtlinien. Am Tag des Honigs sind die Bienen in Winterstimmung.
Gleich da drüben, hinter der Mauer, da stehen sie. Gleich da drüben, im Garten, umgeben von Bäumen, die hoch in Wolken ragen, neben dem Tourainer Ring, wo die Autos entlang rauschen. Die Bienen von Dirk Eickmeier sind kleine Stadtkinder, aber das ist auch das Prinzip, nachdem er und seine Tochter Dörthe Genatowski mit ihnen arbeiten. Seit drei Jahren sind die beiden zertifizierte Demeter-Imker. Und seit einigen Wochen schon halten ihre Tiere Winterruhe. Kein Summen, Brummen, Fliegen. Was machen die Bienen, die sonst so fleißig fliegen, denn eigentlich? Und warum ist es gerade jetzt so gut, Honig zu essen? Ein Besuch zum heutigen Tag des Honigs bei Citybienen an der Georgstraße, zum Winter, wenn Bienen am Boden, eher im Stock, bleiben.
Tiere halten jetzt Winterruhe
Zum Hintergrund: Deutschland steht in Sachen Honigverbrauch weltweit an der Spitze. 85 Prozent des in der Bundesrepublik gegessenen Honigs sind importiert, beispielsweise aus Ländern wie Argentinien, Mexiko oder der Ukraine. Laut der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt haben die Mülheimer im vergangenen Jahr rein statistisch 196 Tonnen gegessen. Das Problem: Das Bienensterben, das auch die Imker in der Region zunehmend belastet. „Wenn wir in Zukunft überhaupt noch heimischen Honig essen wollen, dann muss es ein Umdenken in der Landwirtschaft geben – mehr Vielfalt und weniger Einsatz von Chemie“, fordert IG Bau-Bezirksvorsitzender Peter Köster.
Dirk Eickmeiers und Dörthe Genatowskis Honig ist gar nicht konventionell, nein, er ist besonders, weil Demeter. Der Imker der Stadt erklärt den Unterschied gerne: „Es gibt die konventionelle und die wesensgemäße Imkerei“, beginnt er. Das Bienenvolk wird unter dem Demeter-Ansatz als Einheit betrachtet, als Ganzes, das so viel mehr ist als ein Volk von über 10.000 Arbeiterinnen, die in den Frühjahrs- und Sommermonaten um Königin, Blüten, Blümchen tänzeln. Bienen werden unter dem Demeter-Ansatz wesensgemäß gehalten: „Die Tiere haben genug Raum, um ihre Brut aufziehen und sich frei ausdehnen zu können“, so Eickmeier. Auch die Königin kann sich immer frei bewegen unter ihren Untertanen, dazu beginnt und endet alles Citybienen-Leben auf natürlichem Wachsbau – und nicht, wie bei der konventionellen Imkerei, auf fremdem, künstlichem Wachs.
Waben im Stock sind eine Tanzfläche
Die Citybienen und alle anderen Bienenvölker dieser Welt sind bis aufs Feinste aufeinander abgestimmt. Hoch komplex geht es fast schon zu, den Tieren scheint es einerlei. Sie tun, was zu tun ist. Ohne großes Gebrumme.
Das übrigens hat seit einiger Zeit abgenommen. Denn die Bienen von Dirk Eickmeier, es sind neun Bienenstände auf dem gesamten Stadtgebiet, haben sich ganz zurückgezogen, bilden lieber Trauben, als zu fliegen. Und mittendrin: die Königin. 36 bis 37 Grad beträgt die Temperatur im Inneren. Im Winter die Traube, im Sommer wie ein breiter Fächer, der auch mal kilometerweit reichen kann: So ist die Ausdehnung eines Bienenvolkes. Und dazu sind all die Waben im Stock auch noch eine Tanzfläche. Für Dirk Eickmeier ist das Projekt Citybienen mehr als Hobby, viel mehr als Freizeitbeschäftigung. Es ist auch ein Stück weit Lebensauffassung.
Der vergangene Sommer, die Wärme, Hitze, die Trockenheit haben auch bei den Stadtbienen, die doch sonst auch und gerade im urbanen Mülheimer Raum ganz viel Blüte finden, zugesetzt. „Das ganze Jahr war besonders und extrem schlecht für die Bienen“, sagt Eickmeier. „Meine Bienen haben längst nicht so viel Ertrag gebracht wie in den Vorjahren.“ Im Durchschnitt sind es für Eickmeier 7,2 Kilogramm Honig bei knapp 30 Völkern. Ein gewisser Aufwand, ja, oder: „Eine Menge Arbeit“, sagt Eickmeier aber auch. Und: „Das ist ein Ganzjahres-Job“. Im Sommer der Honig, im Winter die Kerzen. Die stellt Eickmeier auch noch her. Nicht nur, weil es sich anbietet, sondern, weil man so „das Licht des Sommers noch in den Winter tragen kann“.
>>Als altes Hausmittel kann Honig sehr gut bei Erkältungen helfen – aber auch zur allgemeinen Stärkung der Abwehrkräfte. Seine Formel ist extrem antibakteriell. Das hilft ebenfalls bei der Wundheilung, erklärt Dirk Eickmeier, als Wundauflage beispielsweise. Einfach auf die Wunde auftragen und abdecken. Vor Allergien kann Honig auch schützen: „Honig aus der Region enthält auch immer die Pollen der Region. Wenn man ihn isst, dann kann man das Immunsystem so schon mal konditionieren“, sagt Eickmeier.
Als absolutes Wundermittel bezeichnet City-Imker Eickmeier Propolis – es ist das harzartige Baumaterial, mit dem der Bienenstock instand gehalten und abgedichtet wird. Es kann in Salbenform verwendet werden oder als Tinktur. „Da genügen zwei bis drei Tropfen am Tag, etwa bei einer Grippe“, sagt Eickmeier. Innerhalb kurzer Zeit trete schnell Linderung ein.