Mülheim. Für Sabine Feldmann waren Raw Cakes die Rettung, als sie ihre Ernährung umstellen musste. Wie sie eine Notwendigkeit zu einem Business machte.
Sie handelt mit ihrer Herzensangelegenheit – mit Produkten, die sie selbst entwickelt hat, mit Liebe herstellt und aus Überzeugung vertreibt. Die Mülheimerin Sabine Feldmann betreibt mit „Seelengoldt“ eine Raw Cake-Manufaktur – produziert Rohkostkuchen, die glutenfrei, pflanzenbasiert und ohne Industriezucker sind.
Köstlich sehen die Raw Cakes aus, wie gewöhnliche kleine Törtchen. Dass sie fruchtig sind, sieht man ihnen an, die schokoladigen versprechen Süße. Dass sie aber ganz ohne Mehl und Industriezucker auskommen, verrät erst Produzentin Sabine Feldmann über ihre kleinen Küchlein, die aus rohen Zutaten entstehen und statt gebacken zu werden in den Gefrierschrank kommen. „Mein Backofen ist das Gefrierfach“, sagt die Mülheimerin augenzwinkernd.
Mülheimerin will mit Rohkostkuchen nicht nur Mülheim kulinarisch bunter machen
„Hier im Ruhrgebiet ist es oft noch erklärungsbedürftig, was sich hinter Raw Cakes verbirgt“, hat die 35-Jährige, die seit sieben Jahren in Mülheim lebt, erfahren. Anders sehe das in Metropolen wie Berlin oder Köln aus – dort sei sie auf eine vielschichtigere Food-Szene gestoßen, bei der roh oder vegan längst selbstverständlich sei. Und so liefert sie nicht nur ihre kleinen Törtchen an Cafés aus, sondern auch kleine Aufsteller für die Auslage, auf denen erklärt wird, was in Kreationen wie „Mood Boost“, „Raw Peanut Choc“ oder „Pistachios Fig“ steckt.
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Gesunde Leckereien sind es in jedem Fall, denn auf Genuss zum Kaffee – ihre zweite Leidenschaft – wollte Sabine Feldmann nicht verzichten. Sie musste ihre Ernährung wegen einer Rheuma-Erkrankung umstellen, verzichtet seitdem auf Gluten, Milch und Industriezucker. Anti-entzündlich nennt die 35-Jährige ihre Ernährungsweise. Dass aus dieser Notwendigkeit im Laufe der Jahre ihre Herzensangelegenheit werden sollte, ist für die gelernte Einzelhandelskauffrau eine logische Konsequenz: „Ich mache nur noch Dinge, die mir Freude machen, die mich erfüllen.“ Dabei kommt ihr das Wissen aus ihrem HRW-Studium „Internationales Handelsmanagement und Logistik“ zugute.
Damals, als sie als Studentin ein Auslandssemester in Budapest verbrachte, sei ihre Liebe zu den Raw Cakes erwacht, erzählt Sabine Feldmann: „Dort war man schon so weit. Es gab etwa einen veganen Wochenmarkt. Auf einmal konnte ich alles essen und musste nicht lange nachdenken.“
Zurück zu Hause habe sie begonnen, das Geschmeckte umzusetzen: „Die Eindrücke dort haben mich geprägt. Ich backe schon, seit ich 13 bin. Mit den rohen Zutaten habe ich das dann einfach ausprobiert und immer wieder nachjustiert.“ Ihre eigenen Kreationen bestehen aus einem Teig, der nur Mandeln, Kokos und Datteln enthält, das Topping bildet eine Cashewcreme, in der verschiedene Früchte verarbeitet sind. Auch für die ganz süßen Zähne hält Sabine Feldmann mit einer gesunden Snickers-Variante eine Alternative bereit.
Die Raw Cakes aus der Mülheimer Manufaktur Seelengoldt gibt’s etwa in Cafés
Hier im Ruhrgebiet sehe sie Potenzial für Naschereien abseits des gewöhnlichen Süßkrams. „Die Nachfrage ist da, es tut sich viel. NRW wird oft unterschätzt, dabei ist man hier so offen und gastfreundlich“, weiß die Mülheimerin. Damit ihre Heimatstadt und weitere Orte in der Umgebung kulinarisch bunter werden, hat sie vor einem Jahr ihre Raw Cake Manufaktur gegründet und beliefert neben der Mülheimer Yellow Bar und der „Soulfood Society“ auf der Rü in Essen auch Cafés in Duisburg, Köln und Dinslaken.
Auch Privatleute können bei Seelengoldt bestellen. „Letztens hat sich eine Mutter gemeldet, deren Sohn eine lange Liste mit Allergien und Unverträglichkeiten hat – der hatte mit meinen Kuchen richtig Spaß“, freut sich die Food-Designerin. Denn zu gut wisse sie wegen ihrer eigenen Krankengeschichte, wie es sich anfühlt, stets verzichten zu müssen. „Da geht wirklich Lebensqualität flöten, zeitweise hatte ich deshalb gar keine Lust mehr wegzugehen.“ Ihre eigene Diagnose habe sie motiviert, kulinarische Möglichkeiten zu finden – die Raw Cakes sind für sie die Lösung.
Bislang läuft Seelengoldt als One-Woman-Show. Produktion, Auslieferung, Verwaltung – Sabine Feldmann macht alles alleine. „Ich bin in Gesprächen, um jemanden zu finden, der mich zumindest mit der Bürokratie unterstützt.“ Das Handwerkliche aber, die Produktion bleibe bei ihr, so viel stehe fest. Bisher hat sie an zwei Tagen in der Woche in der Küche eines Restaurants in Düsseldorf produzieren können. „Wenn das Restaurant seine Ruhetage hatte, konnte ich die Räume nutzen.“ Denn zu Hause in der eigenen Küche Raw Cakes herzustellen, das sei undenkbar – schon alleine wegen der hygienischen Auflagen.
Mülheimerin wollte in ihrer Heimatstadt produzieren, aber die Mieten sind zu hoch
Eigentlich wollte die Food-Designerin ihre Produktionsstätte in ihre Heimat Mülheim verlegen, doch daraus wurde nichts, denn: „In Mülheim sind die Mieten für mich zu hoch, deshalb weiche ich nach Essen aus.“ Im südlichen Stadtteil Kupferdreh hat sie nun passende Räume gefunden, in denen sie bald mit Hilfe ihrer Hochleistungsmixer und der Gastro-Gefrierschränke rohe Zutaten in kleine Köstlichkeiten verwandelt. Zudem stellt sie einen Online-Shop auf die Beine, um ihre Raw Cakes – gut gekühlt mit Trockeneis – auch weiter weg anbieten zu können.
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Ihre Vision ist es, blickt Sabine Feldmann in die Zukunft, an ihrer neuen Wirkungsstätte im Essener Süden einen Werksverkauf für ihre gesunden Köstlichkeiten zu starten – „mit gutem Kaffee aus einer Siebträgermaschine.“ Denn Kuchen und Kaffee gehören schließlich zusammen.
Weitere Informationen auf seelengoldt.de