Mülheim. Speziell Familien lockte die Extraschicht mit einem Labyrinth und griechischer Mythologie zum Aquarius. Wie das Urteil der Gäste vor Ort ausfiel.
Die meisten Besucher der diesjährigen Extraschicht, die am Aquarius Wassermuseum in Styrum in die Welt der Industriekultur einsteigen, hatten nur eine vage Vorstellung, was sie an diesem Spielort erwartete. Die Besichtigung des Wassermuseums schien an vorderster Stelle zu stehen, hier bildete sich schnell die übliche lange Schlange vor dem Einlass.
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Doch der eigentliche Clou in diesem Jahr waren die beiden familienfreundlichen Attraktionen aus der griechischen Mythologie: Auf der Wiese hinter dem Turm war ein Labyrinth aus knapp einen Meter hohen mobilen Weidezäunen aufgebaut. In der Mitte wartete in einem Zelt das Orakel (Thalia Grace alias Anja Balzer in weißem authentischen Gewand) auf Zukunfts- und Entscheidungsfragen. Ungeduldige begnügten sich mit einem liebevoll gestalteten „Orakel to go“ mit zum Teil äußerst passenden Sinnsprüchen. Andere, erzählt Anja Balzer in einer kurzen Pause, erhofften sich echte Zukunftsauskünfte bezüglich ihrer individuellen Probleme.
Mülheimer Museumspädagogin erfüllt sich langjährigen Wunsch
Doch bis das Orakel erreicht ist, bedurfte es schon einiger Schritte – die nicht selten in eine Sackgasse führten. „Ich hab mich verlaufen“, sagt Lara (7). „Das war komisch.“ Sie war gemeinsam mit ihrem Vater Markus im Labyrinth, der gesteht: „Das war schon herausfordernder und schwieriger, als ich gedacht hatte.“ Denn obwohl die orangen, löchrigen Gummizäune natürlich für einen Erwachsenen leicht zu überblicken waren, verhalf diese Übersicht nicht zwingend zum schnellen Erreichen des Ziels. „Im Labyrinth verschwimmen die Zäune auf dem grünen Rasen. Irgendwann kann man nichts mehr erkennen“, erzählt er sein Erlebnis.
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Beate Tekloot, Museumspädagogin, freut sich sehr, ihren langjährigen Herzenswunsch eines Labyrinths endlich verwirklicht zu erleben. „Es gibt zwei Sichtachsen“, erklärt sie begeistert. Und wirklich ist von der Turmhöhe aus ein großartiger Überblick gegeben.
Mülheimer Publikum kriegt vier Vorstellungen zu sehen
Von oben ist der Spielort der „Odyssee“ ebenfalls gut zu sehen: Drei Zelte, in denen Zuhörende Platz im Schatten nehmen können, bilden quasi die Kulisse; davor sind einige Sitzblöcke im Halbkreis postiert. Was allerdings nur direkt vor Ort erkennbar wird, sind die liebevoll von Mark Wigge (Apollo) aufgebauten „Mannen des Odysseus“ – Playmobil-Figuren auf einer Bierbank – sowie all die Orte, an denen sich Odysseus bei seiner langjährigen Reise aufhielt.
Gleich vier kurzweilige und äußerst witzige Vorstellungen gibt es an diesem sonnigen Samstag, wobei die erste eine Premiere ist: Diese von Machart aus Krefeld entwickelte kinder- und familienfreundliche Odyssee ist für das RWW extra entwickelt worden. Der Sozialpädagoge Mathias Hüppenbauer macht seine Sache großartig, wenn er – natürlich im passenden Gewand – als Ururururur-Enkel von Homer die Odyssee nachstellt. Sophie (13) und ihre Schwester Eva (11) sind anschließend begeistert, beide sagen: „Das war sehr schön und total spannend.“, wobei Sophie noch ergänzt: „Ich find’s auch gut, dass man involviert wird!“
Premiere bei Mülheims Extraschicht: Nachbeben aus Lachen
Darin liegt ein weiterer gelungener Trick des Ensembles: Die Zuschauenden – ob Kinder oder Eltern – werden aktiv mit einbezogen. Ihr Vater stellte den Gott Poseidon dar, natürlich mit Dreizack – einem langen dicken Bambusstock, aus dem nur die lächerlich kurzen Zinken einer Gabel hervorluken. Das gesamte Publikum ist dann mit Verve dabei, den Sirenengesang auf Kommando eindringlich zu heulen, ein Gesang, dem Odysseus nur wegen seiner Klugheit nicht zum Opfer fiel.
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Apropos fallen: Odysseus Mannen auf den Bierbänken stehen auf wackeligem Grund. Als dann doch mal die Bank wackelt und alle Figürchen zu Boden fallen, hat Homers Enkel spontan eine pfiffige Erklärung zur Hand: „Das ist normal. Im Mittelmeerraum gibt es viele Erdbeben.“ Als Mark nach einigen Mühen und diversen wieder stehenden „Mannen“ erneut die Bank zum Wackeln bringt, erklärt er schlagfertig: „Nachbeben!“ Mit viel Gelächter wird nicht nur diese Episode gefeiert.
Doch nach der amüsanten und gelungenen Premiere mit verdientem prasselnden Applaus für alle Aktiven löst sich das zahlreiche Publikum schnell auf. Genau dieses Phänomen gehört bei der Extraschicht quasi gewollt mit dazu, schließlich haben fast alle Besucher genaue Pläne, wohin sie noch wollen. Übrigens erfreulich viele mit dem umweltfreundlichen Fahrrad. Viele Stunden später etwa ist die vierköpfige Essener Familie mit Lea (7) und Luise (5) nach dem Besuch der Müga am Flughafen zu treffen, wo inzwischen nach gefühlter Überfüllung wieder etwas Raum zum Flanieren existiert. „Die Odyssee war schön“, sagt Lea, „aber dass die Halbgöttin ein Mann war, fand ich blöd.“ Die Mutter hebt noch hervor: „Wir haben viel gelernt.“