Mülheim. Ärger um neue Straßenbahn aus Duisburg: Für drei Mülheimer Bahnsteige ist sie zu breit. Die Stadt sagt: Das wussten wir. Manchen überrascht’s.
Wann die nagelneuen Straßenbahnen aus Duisburg auf der gemeinsamen Linie 901 zum Einsatz kommen? Derzeit vermögen es weder die Duisburger (DVG) noch Mülheimer Verkehrsbetriebe zu sagen. Denn die für Kunden komfortableren Fahrzeuge sind zu breit für manche Mülheimer Bahnsteige. Die Ruhrbahn muss an drei Haltestellen baulich eingreifen. Was indes im Mobilitätsausschuss zutage kam: Das Mülheimer Verkehrsamt will schon lange von der Breitenproblematik gewusst haben, wie der Amtsleiter zu Protokoll gab – zur Verblüffung mancher Ausschussmitglieder.
Überraschend ist die Aussage aus mehreren Gründen: Denn nach früheren Angaben der Ruhrbahn habe sich das Anecken der zehn Zentimeter breiteren Bahnen erst „final durch Testfahrten in den vergangenen Monaten“ ergeben. „Es hieß anfangs, dass alle Bahnsteige passen würden“, hatte eine Sprecherin der Ruhrbahn auf Anfrage der Redaktion im Mai mitgeteilt. Und nicht umsonst hatte der - offenkundig darüber nicht informierte – Mülheimer Mobilitätsausschuss das Thema auf seine Agenda gesetzt.
Mülheims Amtsleiter für Verkehr: „Nicht überraschend, wir haben das gewusst“
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Nunmehr aber teilt der Essen/Mülheimer Verkehrsbetrieb mit, dies sei „der Ruhrbahn seit der Entscheidung für die neuen Fahrzeuge bekannt: Die Ruhrbahn steht mit der DVG seit der Entscheidung für die Beschaffung der neuen Fahrzeuge im regelmäßigen Austausch“. So könne man „gemeinsam mit der DVG sicherstellen, dass der Einsatz der neuen Bahn reibungslos und wie geplant erfolgen kann“.
Offen blieb auch im Ausschuss dagegen, warum Stadt und Verkehrsbetriebe trotz besten Wissens und genauer Planungsabsprachen dann die Maßnahmen nicht schon eher ergriffen hatten.
Oder gar, wann die neuen Niederflurfahrzeuge auf der Strecke tatsächlich fahren werden. Das Amt für Verkehrswesen werde „mit der DVG Kontakt aufnehmen, wann und wie viele Fahrzeuge einsatzbereit sind“, teilte der Mülheimer Amtsleiter Roland Jansen dem Ausschuss mit. Auch der im engen Kontakt mit der DVG stehende Ruhrbahn-Geschäftsführer Michael Feller muss einräumen: „Dies hängt von der Lieferung der neuen Fahrzeuge von Alstom an die DVG ab. Die DVG beschafft die Fahrzeuge eigenverantwortlich, daher kann die Ruhrbahn hierzu keine Auskunft geben.“
Stimmt die Kommunikation zwischen Mülheim und Duisburg?
Stimmt die Kommunikation zwischen den Nachbarstädten? Ist der Zeitpunkt, wann die komfortablen Bahnen auf Mülheimer Seite zum Einsatz kommen werden, nicht vertraglich geregelt? Denn auch Duisburg hat sich bisher dazu nicht festgelegt. Aktuell ist die Linie 903 mit den Modellen versorgt worden. Hohe Priorität scheine der Mülheimer Vertragspartner also nicht zu haben, glaubt der verkehrspolitische Sprecher der SPD, Daniel Mühlenfeld. Er vermutet, dass auf der Linie 901 „zugunsten der innerstädtischen Qualität für Duisburg gespart“ werde.
Ohnehin hat die DVG derzeit ganz andere Sorgen, denn die wenigen gelieferten Fahrzeuge sind zuletzt wegen plötzlicher Abrisse der Stromabnehmer und fehlender Zulassung auf keiner Strecke zu sehen gewesen.
Ruhrbahn findet „kleinere Anpassungen völlig normal“
Wie aber geht es nun weiter, und welche Kosten entstehen für die Ruhrbahn, die für eine Anpassung der Bahnsteige verantwortlich ist? Nach Angaben der Ruhrbahn eher geringe: An der Haltestelle Königstraße müsse ein Kantenstein auf einer Länge von etwa drei Metern um einige Millimeter versetzt werden, an der Haltestelle Schloss Broich werde die Höhe des Gleises etwa um zwei Zentimeter angehoben, an der Haltestelle Stadtmitte wird die Bahnsteigkante um ein bis zwei Zentimeter gekürzt. Nur die Bahnsteige Richtung Duisburg sollen betroffen sein.
Die Kosten für diese Maßnahmen beziffert die Ruhrbahn auf nur 55.000 Euro. Informierte Kreise hatten zuvor eher einen sechsstelligen Betrag vermutet. Der Mülheimer Verkehrsbetrieb kocht den Aufwand runter: „Kleinere Anpassungen an der Infrastruktur sind bei der Beschaffung eines neuen Fahrzeugtyps im Übrigen völlig normal“, heißt es.
Bis zur 28. Kalenderwoche – also Mitte Juli – will man mit den Umbaumaßnahmen durch sein. Kurz bevor am 1. August der neue Mülheimer Nahverkehrsplan startet. Dann liegt der Ball wieder im Feld der DVG.