Duisburg. Die erste neue Straßenbahn GT8ND fährt jetzt durch Duisburg. Fahrgäste haben sie auf der 903 erlebt. Was sie mögen und was sie kritisieren.
Sie ist der neue Superstar in Duisburg. Für manche ein echter Männertraum, für andere die Vorbotin einer besseren Zukunft. Hohe Erwartungen sind an sie geknüpft und mit großer Spannung und Ungeduld wurde sie erwartet. Jetzt ist sie endlich da. Erstmals ist die erste der neuen Straßenbahnen am Donnerstag im normalen Verkehrsbetrieb unterwegs gewesen, auf der Linie 903 zwischen Hüttenheim und Dinslaken.
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Viel Liebe haben die Duisburgerinnen und Duisburger für ihre neue Straßenbahn, für den Niederflurgelenktriebwagen des Typs NF4, der bei der DVG betriebsintern GT8ND genannt wird. Beim Premiereneinsatz zeigen sie sich völlig begeistert – insbesondere die Mitglieder der örtlichen Trainspotter-Community, deren Leidenschaft es ist, Züge zu beobachten und zu fotografieren.
Neue Straßenbahnen für Duisburg: Besseres Fahrgefühl und weniger Lärm
Dazu gehört auch der Berufsschüler Justin, der extra morgens an seinem 19. Geburtstag ganz früh aufgestanden ist, um gegen 4 Uhr die Bahn durch den Duisburger Norden fahren zu sehen. Die erste Fahrt unternimmt er mittags mit einem Kumpel. Die beiden jungen Männer sind sofort Fans des neuen Modells. „Das Fahrgefühl ist viel besser“, schwärmt Justin. Zwar rumpelt die 903 immer noch im Tunnel, besonders wenn sie auf der langen Strecke zwischen Duissern und Meiderich ordentlich Gas gibt. Doch es ist kein Vergleich zu den alten Fahrzeugen, die seit den 80er Jahren in Betrieb sind.
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Das Allererste, das allen Fahrgästen am Donnerstag auffällt, ist die hervorragende Stimmung an Bord. Die Freude über die neue Bahn ist riesig; Fremde tauschen sich spontan und sind hellauf begeistert über die vielen Sitzplätze aus oder über die übersichtlichen Bildschirme. Viele zücken ihre Handys, schießen Fotos und drehen kurze Videos. Es gibt staunende Passanten, an denen die Bahn vorbeifährt.
Gute Laune auch beim Octeo-Sicherheitsdienst
Es wird viel gelächelt und gelacht, auch die Männer und Frauen vom Octeo-Sicherheitsdienst lassen sich davon anstecken. „Es ist viel größer, hier passen viel mehr Leute rein. Hallelujah!“, jubelt ein kleines Mädchen, das mit ihrer Mutter gerade zugestiegen ist.
Es gibt 64 Sitze und 130 Stehplätze in dem Fahrzeugtyp, der 34 Meter lang, 2,3 Meter breit und dreieinhalb Meter hoch ist. Die alten Bahnen waren nur für insgesamt 175 Menschen ausgelegt.
„Es ist sehr schön hier, wir haben mehr Platz, es ist sauber, ruhiger und das WLAN funktioniert. Die Bahn gefällt mir sehr, sehr gut“, spricht Faten Albayad vielen anderen Fahrgästen aus der Seele, und sie hofft, dass die übrigen neuen Fahrzeuge schnellstmöglich auf die Schienen kommen.
Tatsächlich fährt das neue Modell deutlich ruhiger und leiser als es die Duisburger bislang gewohnt sind. Leise Gespräche und Telefonate sind möglich; da stört auch das Piepsen der Türen kaum. Zudem fällt auf, dass beim Bremsen kein so harter Ruck durch die NF4 geht, wie man es vom Vorgänger kennt. Das loben insbesondere Rentner, die nicht mehr so sicher auf den Beinen sind.
Die Rollstuhlfahrerin Hanadi Al Refaai ist ebenfalls hocherfreut von dem modernen Fahrzeug, es sei „viel besser“, weil sie „viel mehr Platz“ habe. Obwohl im Türbereich acht Leute um sie herumstehen, teilweise mit Elektro-Rollern, kann sie sich in ihrem Rollstuhl schnell und problemlos drehen, um rückwärts am Zielbahnhof die 903 wieder zu verlassen. Die Fahrzeugtür schließt ebenerdig ans Gleis an.
Nicht alle Neuerungen fallen den Fahrgästen positiv auf
Doch nicht alle Neuerungen treffen auf Gegenliebe. So ist der Gang zwischen den Sitzreihen recht eng, ein kleiner Kinderwagen passt nur mit Ach und Krach hinein. Auch die Sitzplätze sind weniger breit, als es sich die Kundschaft wünschen würde. „Es ist schmaler als vorher“, bestätigt Dilven Miro, eine schlanke Frau. Grundsätzlich gefällt ihr die Fahrt in der NF4 sehr. Doch um nicht unfreiwillig mit ihrem Nebenmann kuscheln zu müssen, hat sie ihr rechtes Bein in den Gang gestellt – eine Lösung, die sich viele intuitiv abschauen.
Dass das Polster nicht so dick ist wie früher, ist Sabine Seyfert-Hellwig zwar aufgefallen, „aber da gewöhnt sich der Po dran“. Ohnehin wollte sie mit ihrem Sohn Joschua (6) unbedingt mit der modernen Straßenbahn fahren; die beiden haben dafür über eine Stunde in Meiderich am Gleis gewartet und ein altes Fahrzeug nach dem anderen auf der Strecke passieren lassen. Es hat sich aber gelohnt, finden sie. Mit anderen Nahverkehrsliebhabern nutzen sie gegen 14 Uhr die Chance am Wendekreis in Hüttenheim, wo der Fahrer eine Pause einlegt, Selfies und Fotos von dem neuen Modell zu machen, bevor es zurück in den Norden geht.
Hoffnung auf das Ende der Ersatzbusse im Duisburger Norden
Zu der Gruppe gehört auch Trainspotter Christian Burde, der sich für das Erlebnis extra freigenommen hat: „Wir haben jetzt mehr Komfort, das ist Wahnsinn.“ Wie er sieht auch Michaela Schwarzkopf den Niederflurgelenktriebwagen als Aufbruchszeichen für den Duisburger ÖPNV. Die 19-Jährige hat für diese Fahrt ihre Rückreise ins Sauerland verschoben, um mit ihrer Familie aus Laar die Straßenbahn auszuprobieren. „Wir haben die große Hoffnung“, sagt sie, „dass jetzt bald wieder Bahnen statt Ersatzbusse auf der 901 fahren.“
Denn die DVG hat insgesamt 49 moderne Fahrzeuge gekauft, um ihre Flotte zu erneuern. Die nächsten sieben Niederflurgelenktriebwagen sollen in den kommenden Wochen folgen, die übrigen sollen nach und nach in den nächsten zwei Jahren alle in Betrieb gehen. Sie werden auf der 903 und der 901 eingesetzt und sollen langfristig auch den Nahverkehr im Duisburger Norden verbessern.
>> 135 MILLIONEN EURO INVESTIERT DIE DVG IN DIE FLOTTE
● Die Duisburger Verkehrsgesellschaft (DVG) hat 135 Millionen Euro in ihre neue Flotte investiert.
● Mit Hersteller Alstom, ehemals Bombardier, wurde zudem ein Instandhaltungs- und Ersatzteilvertrag ausgehandelt, damit die Wagen ihre anvisierte Lebenserwartung von 32 Jahren erreichen.