Mülheim. Wer gegen Sarah argumentiert, muss sich warm anziehen. Die Mülheimerin ist Landessiegerin bei „Jugend debattiert“. Ihr Berufswunsch steht fest.

Großer Erfolg für das Gymnasium Heißen – und besonders für eine Schülerin: Sarah Schellenberger aus der neunten Klasse hat das Landesfinale von „Jugend debattiert“ gewonnen. Im Plenarsaal des NRW-Landtags überzeugte die 15-Jährige die Jury, darunter Landtagspräsident André Kuper und Schulministerin Dorothee Feller. In ihrer Freizeit arbeitet Sarah ehrenamtlich im Jugendzentrum Friedrich-Wennmann-Haus. Sie will keineswegs Politikerin werden. Obwohl sie die Überzeugungskraft hätte. . .

Du kommst gerade aus der Schule – gibt es da öfter mal heiße Diskussionen?

Sarah Schellenberger: Man diskutiert natürlich häufiger im Freundeskreis. Außerdem hatten wir das Format „Debatte“ im Deutschunterricht als Thema. Meine Deutschlehrerin, Frau Becker-Adam, koordiniert an unserer Schule auch den Wettbewerb „Jugend debattiert“. Sie hat herumgefragt, wer Lust hat, daran teilzunehmen. Und ich dachte mir: Schaden kann’s nicht.

Wie funktioniert denn so ein Schulwettbewerb?

Es wurden Anfang Februar Projekttage angeboten, an denen wir geübt haben, darauf folgte der Schulwettbewerb. Zwölf Leute haben mitgemacht, ich bin Erste geworden. Ich habe letztes Jahr schon mal an „Jugend debattiert“ teilgenommen und bin Schulsiegerin geworden, dann aber in der Regionalqualifikation nicht weitergekommen.

Diesmal lief es offenbar besser. . .

Diesmal bin ich in der Regionalqualifikation Zweite geworden. Die ersten Vier duften zum Regionalfinale, das am 3.3. im Essener Rathaus stattgefunden hat. Der Preis, den die ersten Beiden dort gewonnen haben, war ein dreitägiges Seminar in der Eifel, wo wir mir Trainern geübt haben. Es folgte die Landesqualifikation am 29.3. in Oberhausen und am 27.4. das Landesfinale im Düsseldorfer Landtag.

Was hast du da gewonnen?

Ein Seminar vom 10. bis 14.5. in Bayern. Da werden unsere rhetorischen Fähigkeiten weiter geschult.

Die Mülheimerin Sarah Schellenberger im Plenarsaal des NRW-Landtags: Dort überzeugte die Neuntklässlerin vom Gymnasium Heißen beim Landesfinale von „Jugend debattiert“. Mit Platz 1 in ihrer Altersklasse fährt sie jetzt nach Berlin zum Bundeswettbewerb.
Die Mülheimerin Sarah Schellenberger im Plenarsaal des NRW-Landtags: Dort überzeugte die Neuntklässlerin vom Gymnasium Heißen beim Landesfinale von „Jugend debattiert“. Mit Platz 1 in ihrer Altersklasse fährt sie jetzt nach Berlin zum Bundeswettbewerb. © Landtag NRW / Bernd Schälte

Freust du dich auf die Schulung?

Auf jeden Fall. Und ich bin gespannt, denn wir lernen definitiv über „Jugend debattiert“ hinaus. Da werden auch Fähigkeiten geschult, die man grundsätzlich in Diskussionen gebrauchen kann. Wir machen zum Beispiel auch Übungen zum selbstbewussten Auftreten.

Wettbewerbsthema waren die Fußball-Übertragungsrechte

Die Themen bei „Jugend debattiert“ sind vorgegeben. Ihr könnt euch gezielt vorbereiten. Worum ging es im Landesfinale?

Es ging um die Frage, ob ARD und ZDF in Zukunft auf den Erwerb von Übertragungsrechten von Fußballspielen verzichten sollten. Wir hatten extrem lange Zeit, um uns vorzubereiten. 15 Tage. Ob man im Wettbewerb „pro“ oder „contra“ argumentiert, kann man sich nicht aussuchen, sondern es wird festgelegt. Ich war dagegen: ARD und ZDF sollen also nicht verzichten.

Ist das auch deine private Position?

Ja.

Und warum? Kannst du in einem Satz argumentieren?

In einem Satz nicht, aber ganz kurz: Ich bin dafür, dass ARD und ZDF weiterhin Übertragungsrechte erwerben, weil Fußball definitiv ein wichtiger Teil unserer Kultur ist und von hohem Interesse ist. Die Übertragungen sollen auch kostenlos sein für alle Bürger, weil sie sonst auf Streaming-Dienste umsteigen, die sehr viel CO2 verbrauchen. Dadurch werden die Emissionen noch größer – das war in der Debatte meins.

Mülheimerin tritt bei der Bundesqualifikation in Berlin an

Am 9. Juni ist die Bundesqualifikation in Berlin, am Tag danach das Finale – mit welchen Themen?

Das weiß ich noch gar nicht. Das erfahren wir erst Ende Mai oder Anfang Juni. Zu den Themen von „Jugend debattiert“ muss man ehrlicher Weise sagen, dass sie zwar aktuell sind, aber Neuntklässler nicht unbedingt persönlich bewegen. Man muss sich sehr einarbeiten. Aber wenn Themen einen nicht so berühren, hat es auch Vorteile.

Welche?

Man vertritt nicht die eigene Meinung. Man wird nicht so emotional.

Wie sieht es bei dir mit der mündlichen Beteiligung in der Schule aus? Da bist du sicher richtig gut, oder?

Ja, bis auf Englisch. In allen Fächern, die auf Deutsch sind.

Hast du bei deinen Freundinnen und Freunden den Ruf, viel zu reden?

Das kommt darauf an. Wenn ich Leute gut kenne, dann rede ich gerne offen und direkt, passe aber immer noch auf, was ich sage. Bei Fremden bin ich etwas ruhiger.

Der Wettbewerb

„Jugend debattiert“ wurde 2001 ins Leben gerufen und steht unter Schirmherrschaft des Bundespräsidenten. Getragen wird der bundesweite Wettbewerb von verschiedenen Stiftungen, den Bundesländern und der Bundesregierung.

Auch im Ausland gibt es „Jugend debattiert“, in deutscher Sprache. Mittlerweile beteiligen sich Schulen aus über 30 Ländern in Europa, Asien und Amerika.

Beim diesjährigen Wettbewerb waren sechs Mülheimer Schulen dabei: alle drei Gesamtschulen, die Gymnasien Broich und Heißen sowie die Realschule Broich.

Das NRW-Landesfinale hat am 27. April in Düsseldorfer Landtag stattgefunden. Sarah Schellenberger vom Gymnasium Heißen belegte den ersten Platz in der jüngeren Altersgruppe I (Stufe 8-10), in der Altersgruppe II (bis Stufe 13) debattierte Lukas Fragemann aus Erkelenz am besten.

Das Bundesfinale findet am 10. Juni in Berlin statt. Am Tag vorher gibt es eine Bundesqualifikation für insgesamt 32 Landessiegerinnen und -sieger, darunter Sarah aus Mülheim.

Stell dir vor, du dürftest eine Rede vor dem Deutschen Bundestag halten: Was wäre dein Thema?

Was mich interessieren würde: Wahlrecht ab 16 und Abschaffung des Numerus clausus für bestimmte Studiengänge, wie zum Beispiel Medizin.

Bei beiden Themen wäre deine Position „pro“ – richtig?

Genau.

Hast du schon einen Berufswunsch?

Ja, ich möchte gerne Ärztin werden, das ist mein Traumberuf. Anders, als man vielleicht annehmen würde, will ich nicht in die Politik gehen.

Neues aus Mülheimer Schulen – lesen Sie auch: