Mülheim. Europipe hat eine US-Tochtergesellschaft verkauft. Welchen Effekt das hat und wie die Wirtschaftslage des Mülheimer Großrohrherstellers ist.
Die Europipe GmbH, deren Gesellschafter zu je 50 Prozent die Salzgitter Mannesmann GmbH und die AG der Dillinger Hüttenwerke sind, hat ihre Tochtergesellschaft Berg Pipe mit Sitz in den USA an das türkische Unternehmen Borusan Mannesmann verkauft. Hat das Auswirkungen auf den Mülheimer Europipe-Standort?
Berg Pipe ist spezialisiert auf die Rohrproduktion für den Öl- und Gassektor und fertigt längsnahtgeschweißte sowie spiralnahtgeschweißte Großrohre an Produktionsstandorten in Alabama und Florida. Der Käufer Borusan Mannesmann mit Hauptsitz in Istanbul gehört einer Mitteilung der Salzgitter AG zufolge zu den führenden Stahlrohrherstellern Europas. Das Unternehmen verfügt mit dem Erwerb von Berg Pipe nun über Standorte in der Türkei, Italien, Rumänien sowie den USA und will nach eigenen Angaben bis Ende 2023 eine Produktionskapazität von fast 2 Millionen Tonnen aufweisen.
Europipe GmbH in Mülheim trennt sich von Tochtergesellschaft Berg Pipe
Einer Mitteilung von Borusan Mannesmann ist zu entnehmen, dass das Unternehmen durch eine Transaktion in Höhe von 162 Millionen US-Dollar 100 Prozent von Berg Pipe erworben hat. Berg Pipe ist demnach seit 44 Jahren in den USA tätig und hat eine Gesamtproduktionskapazität von 550.000 Tonnen.
Dass die Mülheimer Europipe GmbH ihre US-Tochtergesellschaft Berg Pipe verkauft hat, habe für den Mülheimer Standort keine nennenswerten Auswirkungen, ordnet IG-Metall-Gewerkschaftssekretär Thomas Hay ein, der auch stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender bei Europipe ist. „Der Verkauf betrifft nur das US-Geschäft, es gab nie eine strategische Verknüpfung zwischen Berg Pipe und Europipe in Mülheim, das sind getrennte Unternehmen“, so Hay.
Verkauf der US-Firma beeinflusst Belegschaft von Mülheims Europipe-Werk nicht
Dementsprechend habe der Verkauf der US-Firma auch keinen Effekt auf die – derzeit steigenden – Beschäftigtenzahlen von Europipe oder die Belegschaft des Werks von Mannesmann Grobblech, das als Zulieferer fungiert.
„Herrschte Ende 2021 bei Europipe noch eine prekäre Situation, in der es fast keine Aufträge und viel Kurzarbeit gab, nachdem die Jahre zuvor von Stellenabbau gekennzeichnet waren, hat der Ausbruch des Krieges in der Ukraine die Situation umgedreht“, so der Gewerkschaftssekretär. Der Bedarf an Großrohren für die Versorgung mit Gas, Öl und Wasserstoff sei immens gestiegen, zumal Russland als Produzent kriegsbedingt am Markt keine Rolle mehr spiele.
Europipe in Mülheim beschäftigt derzeit viele Leiharbeiter wegen guter Auftragslage
Aktuell habe die Europipe GmbH über 500 Beschäftigte, so Thomas Hay, der den Stellenwert des Werkes unterstreicht, denn der Großrohrhersteller sei weltweit tätig und einer der Topproduzenten in seinem Segment: „Was Europipe macht, können nicht viele.“ Dass derzeit verhältnismäßig viele Leiharbeiter über Zeitarbeitsfirmen bei Europipe beschäftigt sind, will der Gewerkschaftssekretär nicht komplett verteufeln: „Zeitarbeit hat ihren Platz und dient dazu, Spitzen abzufedern.“
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Wenn sich aber eine längerfristige gute Auslastung des Werks abzeichne, seien Übernahmen anzustreben – was bei Europipe auch geschehe, ebenso wie Mitarbeitende des Stahlrohr-Produzenten Vallourec übernommen würden, dessen Werk Ende des Jahres schließt. Der Rückgriff auf Zeitarbeitskräfte sei auch bedingt durch den immensen Fachkräftemangel, so Hay. Vonseiten der Gewerkschaft achte man auf die Einhaltung der tariflich geregelten Höchstüberlassungsdauer von Leiharbeitern.