Mülheim. Naturfreunde aufgepasst: In Mülheim-Eppinghofen gibt es noch zwei freie Gartenflächen. Das Konzept des Vereins ist sehr außergewöhnlich.

Natürlich darf der Gartenzwerg auch hier nicht fehlen: Im Internationalen Bewohnergarten von Eppinghofen fällt der Inbegriff deutscher Gartenkultur zwar sichtbar melaninangereicherter und womöglich augenzwinkernder aus als gewöhnlich – und ist dennoch voll integriert.

Alles hat an der sinngebenden Vereinsstraße eben seine gute Ordnung: das Gewächshaus, der Komposthaufen, die Wasserstelle, die Beete, der Gartenzaun, der Grill. Sogar, wer hier eine der begehrten Parzellen bekommt: „100 Nationen leben in Eppinghofen. Wir achten deshalb darauf, dass keine Nation zu stark vertreten ist“, sagt Stadtteilmanager Cemal Sari. Gartenfreunde aus Kamerun, Spanien, Türkei, Kenia, Iran, Deutschland, Sri Lanka… zählt er auf.

100 Nationen aber nur elf Parzellen – Verein muss wählen

Und doch reicht der Platz auf der etwa 1000 Quadratmeter großen Fläche zwischen Wohnblock im Norden und Gleisen im Süden leider nicht für alle. Elf Parzellen mit jeweils rund 40 Quadratmetern stehen zu Verfügung. Das restliche Gelände entlang des Wohnblocks ist Gemeinschaftsfläche. Hier werden zum Beispiel Blumen, Beerensträucher und kleine Bäume gepflanzt. Die etwas kahle Hauswand soll noch gestaltet werden.

So müssen sich diejenigen, die ihr Gemüse und ihr Obst anbauen wollen, beim Verein „Internationaler Eppinghofer Bewohnergarten“ und seiner ersten Vorsitzenden Avita Bach, dem zweiten Vorsitzenden Justin Fonkeu und Cemal Sari erst einmal ordentlich bewerben.

Gelungene Integration: Im Internationalen Bewohnergarten ist der Gartenzwerg mittendrin im Geschehen.
Gelungene Integration: Im Internationalen Bewohnergarten ist der Gartenzwerg mittendrin im Geschehen. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Die Kriterien sind nicht streng, aber klar: Avita Bach und ihre Mitgärtner erwarten Weltoffenheit, Gemeinschaftsgeist, Hilfsbereitschaft, „eine Bereitschaft, sich zu engagieren“, sagt sie. Dazu gehört es, beim Tag der Offenen Tür und anderen Festen im Stadtteil mitzumachen. 70 Euro kostet der Mitgliedsbeitrag im Jahr, etwa 43 Euro für Wasser kommen noch hinzu. „Es sind nur noch zwei Flächen frei“, sagt Bach zufrieden über die Akzeptanz.

Nicht nur das Gärtnern steht im Mittelpunkt

Das war in den vergangenen rund 13 Jahren nicht immer so: Es gab Ärger mit hässlichem Müll, ungebetenen Gästen. Also gibt es nun einen umlaufenden Zaun mit teils verschließbaren Toren. Und die Anwohner müssen außen herum gehen. Das war anfangs ungewohnt, mittlerweile haben sie sich daran gewöhnt, meint Bach, der es auch lieber gewesen wäre, wenn man es hätte offen lassen können.

Wichtig für den Verein sind Toleranz, Engagement und Gemeinschaft: Justin Fonkeu, 2. Vorsitzender des Vereins, packt natürlich mit an.
Wichtig für den Verein sind Toleranz, Engagement und Gemeinschaft: Justin Fonkeu, 2. Vorsitzender des Vereins, packt natürlich mit an. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Für die Grüne Bezirksbürgermeisterin Britta Stalleicken ist der Treff an der Vereinsstraße aus vielen Gründen ein „grandioses Konzept“ – ökologisch wie gesellschaftlich. „Toll finde ich, dass sich unterschiedliche Menschen hier begegnen und sich mit ihrer Stadt und der Natur identifizieren. Es sollte viele solcher Orte in Mülheim geben“, wünscht sie sich.

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Apropos „Natur“: Was hier so angepflanzt wird? Spinat, Zucchini. Zwiebeln, Kartoffeln und Zuckerrüben – was die Parzelle so hergibt. Viel davon lugt jetzt im frühen Frühling natürlich noch nicht hervor. Was jedoch gar nicht geht: Gartenhäuschen mit Rasen. Mehr Vorgaben macht der Verein aber nicht. Viele Mitglieder und Besucher genießen hingegen auf einfachen Stühlen und Paletten-Gartenbänken diese Kombination der Natur mit urbaner Gemengelage aus Vogelzwitschern und Gleisquietschen. Man trifft sich, quatscht, tauscht Gartentipps aus, schichtet den Kompost gemeinsam um. „Ruhr-ig“, könnte man sagen.

„Es muss doch ordentlich sein“, meint Hobbygärtner Mustafa Polat. Er bereitet seine Parzelle fürs Gemüse vor. Zwischen Zuckerrüben, Zucchini und Co. macht der Verein nur wenig Vorgaben. Nur ausschließlich Rasenflächen sind untersagt.
„Es muss doch ordentlich sein“, meint Hobbygärtner Mustafa Polat. Er bereitet seine Parzelle fürs Gemüse vor. Zwischen Zuckerrüben, Zucchini und Co. macht der Verein nur wenig Vorgaben. Nur ausschließlich Rasenflächen sind untersagt. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Und irgendwann in der Schrebergarten-Atmosphäre greift jemand auch zur Grabegabel, wie Mustafa Polat. Der sticht mit gebeugtem Rücken tief ins Erdreich seiner hochakkurat abgeteilten Beethügel und dreht die dicken Brocken Boden locker auf den Kopf. Die Vorbereitungen für das Anpflanzen. Der Schweiß rinnt dem Mann über das Gesicht. Nach zehn Minuten kräftezehrender Arbeit richtet er sich auf und meint lächelnd: „Es muss doch ordentlich sein.“