Mülheim. Alarmbereitschaft daheim: In 90 Sekunden alles stehen und liegen lassen – zwei Feuerwehrmänner schildern, wieso sie das System ungerecht finden.
„Alarmbereitschaft ist Arbeitszeit – und zwar immer“: Das steht für zwei Feuerwehrbeamte, die jetzt vor dem Verwaltungsgericht gegen die Stadt Mülheim klagten, außer Frage. Ihr Problem: Bis dato wird die Alarmbereitschaft nur zu einem Viertel als Arbeitszeit anerkannt, sobald diese nicht auf der Wache, sondern zu Hause verbracht wird. Für die Mülheimer ist das nicht nachvollziehbar: Im Notfall müssten ja auch sie innerhalb von 90 Sekunden im Wagen sitzen und zum Einsatzort aufbrechen. Das schränke die Handlungsfreiheit derart ein, dass man die Zeit nicht anders bewerten könne als jene auf der Dienststelle.
„Auch wenn ich zu Hause bin, muss meine Frau immer so planen, als ob ich nicht da bin“, sagt einer der beiden Kläger im Gespräch mit der Redaktion. Gegebenenfalls also müsse sie sich doch allein um die Kinder und den Hund kümmern oder die Schwiegereltern einspannen. Man stehe in der Alarmbereitschaft „unter permanenter Anspannung“, so der 40-Jährige. Da sei es nicht gerechtfertigt, dass dies Zeit nur zu einem Viertel vergütet wird. „Das spiegelt den Einsatz nicht wider.“
Einer der Mülheimer Kläger arbeitet im gehobenen Dienst, der andere im höheren
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Der Feuerwehrmann arbeitet im gehobenen Dienst, sein Mitstreiter im höheren. Der 59-Jährige macht ebenfalls sehr deutlich, dass die Alarmbereitschaft zu Hause deutlich weniger Freiraum bietet als von manchem vielleicht angenommen: „Egal, was wir gerade machen: In anderthalb Minuten müssen wir im Auto sein, Stiefel und Schutzkleidung anhaben.“
Auch wenn erlaubt sei, sich „in einem Radius von zwölf Kilometern ab der Schloßbrücke“ aufzuhalten, könne man die allermeisten Dinge in dieser Zeit nicht tun. „Man kann nicht joggen, nicht schwimmen, nicht ins Kino gehen, nicht mal im Parkhaus parken, weil es zu lang dauert, das Ticket zu zahlen und rauszufahren.“ Handwerkliche Tätigkeiten, die sich nicht von jetzt auf gleich abbrechen lassen, seien unmöglich. Ebenso einkaufen: „Wenn man den Wagen voll verderblicher Lebensmittel hat, kann man ihn nicht einfach irgendwo stehenlassen.“ Man müsse auch überall mit zwei Autos hinfahren, um nicht zu riskieren, dass die Begleitung „plötzlich irgendwo allein auf der Straße steht“.
Manchmal piept der Melder dreimal am Tag, manchmal gar nicht
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Man werde nicht in jedem Dienst angefordert, sagt der Einsatzleiter, „doch manchmal auch zwei-, dreimal am Tag“. Statistisch werde man zu Hause 0,7 mal täglich alarmiert – „man weiß aber ja nie, wann es so weit ist“. Den digitalen Meldeempfänger, im Volksmund gern Pieper genannt, schleppe man überall mit hin, um ja kein Warnsignal zu verpassen. Die Einschränkungen sind derart relevant, findet auch der 59-Jährige, dass nur eine volle Anerkennung als Arbeitszeit der Situation gerecht wird.
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Die 26. Kammer des Verwaltungsgerichts Düsseldorf teilt diese Auffassung nicht und entschied jetzt im Sinne der Stadt. „Die Klagen der Feuerwehrleute sind abgewiesen worden“, so Richter Dr. Lars Wildhagen aus der Pressestelle des Gerichts. Es gebe „mannigfaltig Rechtsprechung zu diesem Thema“, unter anderem vom Europäischen Gerichtshof. Die für eine volle Anerkennung als Arbeitszeit formulierten Kriterien waren nach Meinung der Richter nicht erfüllt. Noch liege ihre tiefergehende, schriftliche Urteilsbegründung aber nicht vor, so Wildhagen. Die Kammer habe die Berufung gegen ihre Entscheidung aber ausdrücklich zugelassen, „wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage“. Die Kläger also können sich mit ihrem Anliegen nun an das Oberverwaltungsgericht wenden.
„Wir hatten schon gehofft, dass die Sache anders ausgeht und sind enttäuscht“
Noch ist nicht klar, ob sie das tun werden, sagt der ältere Feuerwehrmann. Man wolle erst die schriftlichen Argumente des Gerichts abwarten und nach Ostern entscheiden. Frustriert sei er jetzt schon, räumt der Mülheimer ein: „Wir hatten gehofft, dass die Sache anders ausgeht, sind enttäuscht.“ Man habe nicht nur für sich allein gekämpft, „sondern stellvertretend für unsere Gruppen“. Alles verloren ist aber auch jetzt noch nicht, glaubt der Beamte: „Es gibt ja sehr unterschiedliche Rechtsprechung dazu. Auch solche, die uns hoffen lässt, dass noch mal anders entschieden wird.“