Mülheim. Kein Strom, kein Internet: Mülheims Bürger und Bürgerinnen sollten wissen, was im Notfall zu tun ist. Das sind die neuen Pläne für den Krisenfall.
Was ist, wenn der Strom ausfällt, über längere Zeit, flächendeckend? „Die Auswirkungen wären so gravierend, dass man es sich kaum vorstellen kann“, sagt Sven Werner, Leiter der Feuerwehr Mülheim. Kein Internet, kein Telefon, kein Licht mehr, keine Heizung. „Am Strom hängt alles.“
Das Handynetz würde - batteriegepuffert - wohl noch ein paar Stunden funktionieren, zumindest in Teilen. Doch auch danach brauchen Menschen wichtige Informationen - oder einen Rettungswagen oder die Polizei. Auf welchem Wege? In Mülheim wurden jetzt zwei neue Sicherheitssysteme für den Krisenfall installiert: Ein Notfallradio, das am Donnerstag erstmals getestet wurde, und ein Netz von 16 Notruf- und Informationspunkten (NIP) in der gesamten Stadt.
Notfallradio in Mülheimer Hauptfeuerwache erstmals getestet
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Am Donnerstag, dem landesweiten Sirenen-Warntag, war es noch eher ein Event: Ein Raum in der Broicher Hauptfeuerwache fungierte als Rundfunkstudio. Ein Moderatorenteam von Radio Mülheim sendete ab dem frühen Morgen live. Doch das Ganze ist absolut ernst gemeint, es war ein Probelauf: Sollte ein Blackout die Radiosender verstummen lassen, geht hier ein zentrales Notfallradio für die Städte Mülheim und Oberhausen in Betrieb, mit allen wichtigen Infos.
In Mülheim ist es zu empfangen auf der Frequenz 92,9 MHz (Radio Mülheim), die Hörerinnen und Hörer müssen allerdings ein Auto-, Batterie- oder Kurbelradio haben. Das Studio im Feuerwehrgebäude wird mit Notstrom versorgt, ebenso der eigens hierfür errichtete Sender, der auf einem Gebäude in der Stadt steht.
Krisenratgeber: Flyer werden in allen Haushalten verteilt
Zusätzlich bekommen alle Mülheimer Haushalte in diesen Tagen Post. Insgesamt werden 105.000 Flyer mit zentralen Infos für den Ernstfall verteilt: „Krisenratgeber für den Ausfall von Strom, Telefon und Notruf“. Die Stadt will sich für den „Worst Case“ wappnen, gemeinsam mit Polizei, Hilfsorganisationen, Ver- und Entsorgungsunternehmen, Netzbetreibern und anderen Akteuren.
Ein ganz wichtiges Element sind die Notruf- und Informationspunkte (NIP), insgesamt 16 an der Zahl, die in den vergangenen Wochen eingerichtet und mit rot-weißen Schildern gekennzeichnet wurden. Dazu gehören etwa die beiden Feuerwachen, die Polizeiinspektion Mülheim, die Wachen beziehungsweise Stationen von DRK, Johannitern, THW und DLRG, aber auch andere zentrale Punkte. Alle Standorte zeigt unsere Grafik unten, sie finden sich auch online auf: https://muelheim.ruhr/nip.
16 Anlaufstellen für den Notfall, verstreut über die ganze Stadt
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Die 16 Anlaufstellen werden sofort besetzt, wenn der Blackout begonnen hat. Oder wenn der Notruf von Feuerwehr und Polizei nicht erreichbar ist. Diesen Fall hat es vor vier Jahren einmal gegeben, im März 2019, Grund war eine technische Störung beim Netzbetreiber Telekom. Die Leitstelle hatte damals Vollalarm für Feuerwehr und Hilfsorganisationen ausgelöst und kurzfristig Anlaufstellen für Hilfesuchende geschaffen, über das gesamte Stadtgebiet verteilt. Dieses System wird jetzt fest installiert, wobei diejenigen der 16 Punkte, die nicht ohnehin Feuer-, Rettungs- oder Polizeiwache sind, nur im Ernstfall aktiviert werden.
Dann sollen jeweils mindestens zwei Einsatzkräfte vor Ort sein, „rund um die Uhr“, wie Feuerwehrsprecher Florian Lappe erläutert. Dies können neben Feuerwehrleuten auch Polizistinnen oder Polizisten sein, Mitarbeitende des Ordnungsamtes oder der Hilfsorganisationen. Bürgerinnen und Bürger können an diesen 16 Punkten Notrufe absetzen, die per Funk an die Leitstelle der Feuerwehr weitergegeben werden, oder sich über die aktuelle Lage informieren.
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Im Ernstfall werde auch die Polizei ihre Präsenz erhöhen und auf vorgeplanten Routen Streife fahren, heißt es in einer Mitteilung der Stadt Mülheim: Wer Hilfe braucht, kann dann direkt die Polizeistreifen ansprechen. Auch die Verwaltung selber bereite sich auf einen möglichen „Energiemangel“ vor, damit insbesondere die Feuerwehr, Polizei, Hilfsorganisationen (DRK, Johanniter, Malteser, DLRG), das THW und die Stadtverwaltung selbst handlungsfähig bleiben - ebenso Betriebe der kritischen Infrastruktur.
Feuerwehrchef: „Wir können nur die Not lindern, nicht alles liefern“
Bei aller Notfallplanung möchte Feuerwehrchef Sven Werner eines klarstellen: „Wir können nur die Not lindern. Wir können nicht alles liefern, bis hin zur Stromaufschaltung, und auch nicht alle Leute mit Essen und Getränken versorgen.“ Hier sei Eigenverantwortung gefragt: Notvorrat, Dokumentenmappe, Lichtquellen, beispielsweise Kerzen, Gaskocher… Die Feuerwehr verweist auf Ratgeber und Checklisten des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), die es unter bbk.bund.de/ratgeber auch online gibt.