Mülheim. Erst Hansa-, dann Weseler und nun Duisburger Straße: Etliche Bauvorhaben belasten Händler und Anwohner besonders in diesem Mülheimer Stadtteil.

Ausgerechnet jetzt läuft es verhältnismäßig ruhig: Um 8 Uhr an Mülheims Hauptverkehrsader nach Westen scheint der Berufsverkehr gerade vorbei zu sein. Vorführeffekt. Denn ansonsten soll der Unmut in diesem Abschnitt an der Duisburger Straße groß sein: Stau, Staub, Lärm – immer mehr Kunden blieben weg, klagen Händler und Anwohner. Seitdem das Speldorfer „Berckemeyer-Haus“ abgerissen wird, laufe der Verkehr zäh, sei das nahe Parken schwierig. Und das soll so weitergehen für die kommenden zwei Jahre.

Die schwindende Kundschaft merkt man auf dem Abschnitt zwischen Flockenweg und Friedhofstraße schon beim Bäcker an der Ecke. Es ist wenig los. „Normalerweise halten die Kunden hier kurz“, sagt eine Hemmerle-Mitarbeiterin. Das ist gerade unmöglich, weil Baken den Bürgersteig und die Baustelle nebenan abschirmen. Also holen sich einige den Kaffee und die Brötchen woanders.

Am Anfang chaotisch: Autos verirren sich in Mülheim auf Rad- und Fußweg

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Das Gebäude, das viele als Pallas-Haus kennen, wird abgerissen, um anschließend einen fünfgeschossigen Wohn- und Handelskomplex – bereits griffig auf den Namen „Speldorfer Karree“ getauft – zu bauen. Die notwendige Abschirmung mit Baken führt aber dazu, dass die Duisburger Straße rund 30 Meter lang zum Nadelöhr wird, durch das ampelphasenweise in Richtung Stadt oder Duisburg gefahren werden kann.

Und sie bilden einen zweiten Korridor für Fußgänger und Radfahrer, weil auch deren ursprünglichen Wege unpassierbar sind: „Sie glauben gar nicht, wie viele Autofahrer hier schon versehentlich in den Fuß-/Radweg gefahren sind“, sagt die Verkäuferin. Weil die Zufahrt breit genug ist, und erst kurz danach enger wird. Die mussten dann den Rückwärtsgang einlegen.

Der Abriss des Berckemeyer-Hauses (Pallas) in Mülheim an der Duisburger Straße ist weit vorangeschritten, doch anschließend startet der Bau des „Speldorfer Karrees“. Im Januar 2025 soll es fertig sein.
Der Abriss des Berckemeyer-Hauses (Pallas) in Mülheim an der Duisburger Straße ist weit vorangeschritten, doch anschließend startet der Bau des „Speldorfer Karrees“. Im Januar 2025 soll es fertig sein. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Parallelbaustellen setzen Mülheim-Speldorf unter Druck

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Den Abriss begrüßt Orthopäde Sven Thiemann, dessen Geschäft an der Hansastraße liegt. Wenn das Bauen in Speldorf nicht langsam überhandnähme. Denn auch in seiner Straße wird seit Jahren kräftig saniert, und ebenso hatte der Bau des Fahrradhändlers an der parallelen Weseler Straße Druck auf die Duisburger Straße wie auch den Stadtteil Speldorf erzeugt. „Nicht nur die Anwohner, jeder ist darum verlegen, einen Parkplatz zu finden. Dass alles parallel gebaut werden muss, ist das Problem“, sagt er. Der Einzelhandel leide darunter, selbst wenn Thiemann mit seiner Nische Orthopädie davon nicht sehr stark betroffen sei.

Und selbst wenn am 14. April die Hansastraße wie geplant fertig werden sollte, kündigt sich in Speldorf schon die nächste Belastung an, wenn die Parkstadt in die Umsetzung gehen wird.

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Besonders schwierig sei es derzeit zum Berufsverkehr morgens um halb acht und nachmittags ab 16 Uhr, sagen Händler. Dann stünden die Fahrzeuge auch mal rund 300 Meter rauf bis zur Karlsruher Straße. In der nachmittäglichen Bezirksvertretung 3 erlaubte sich Mitglied Roland Oder (Die Partei) neulich den ,Spaß’, zum Diskussionsthema Duisburger Straße spontan die aktuelle Staumeldung vor Ort vorzulesen: „Kein akzeptabler Zustand“, urteilte er.

Was die Stadt Mülheim gegen den Verkehrsdruck unternimmt

Das Nadelöhr ließe sich kaum verhindern, argumentiert die Stadt. Um den Verkehr zu entlasten und besser durchleiten zu können, habe man schon die Friedhofstraße zur Einbahnstraße in Richtung Duisburger Straße gemacht und umgekehrt die Ausfahrt an der Flockenstraße untersagt. So können zumindest Autofahrer in Richtung Duisburg die Ampelschaltung umfahren. Zudem werde man an der Friedhofstraße und am Flockenweg weitere Baustelleneinrichtungsflächen möglich machen, damit die Duisburger Straße nicht noch stärker belastet werde.

Susanne Dodd (SPD) ist mit dem Handeln der Verwaltung dagegen unzufrieden: „Die Straßenbahn steht viel zu lang im Stau, die angegebenen Umleitungen sind irritierend und müssen früher angekündigt werden“, kritisierte sie in der Bezirksvertretung 3. Und auch, dass man zwar dem Bäcker die Chance gegeben habe, während der Bauphase in einen Container zu gehen, anderen Händlern aber keine vergleichbare Lösung anböte: „Zwei Jahre sind eine lange Zeit.“

Interessengemeinschaft sorgt sich um Geschäftsstandort Duisburger Straße

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Das sieht die Interessengemeinschaft in Speldorf (IGS) ähnlich, auch wenn sich die Verkehrszustände an der Duisburger, die man noch im Februar beklagte, etwas entspannt hätten: „Manche haben sich daran gewöhnt, andere meiden inzwischen diese Stelle“, sieht der IGS-Vorsitzende Dennis Weiler damit auch Nachteile für den Gewerbe- und Einzelhandelsstandort Speldorfer Mitte verbunden.

Auf den Stadtteil komme noch viel Belastung in den nächsten Jahren zu, sieht Weiler mit Sorge auf die Entwicklung des Tengelmann-Areals. Und dies nicht nur, weil erst der Bauverkehr und anschließend der Individualverkehr den Stadtteil stark zu belasten drohen. Ihn treibt die Zukunft der Geschäftsstraße um, die die IGS seit Jahren mit Aktionen, beispielsweise mit Weihnachtsbeleuchtung und Blumenschmuck, zu stärken versucht. Denn das Neubauviertel könnte Kaufkraft abziehen: „Wenn an der Parkstadt künftig gewohnt, gearbeitet, die Freizeit am See verbracht und sogar dort eingekauft werden soll, wer macht sich dann noch auf den Weg zu den Geschäften an der Duisburger Straße?“