Essen/Mülheim. Wer Richtung Fahrradsaison radelt, sollte vorbereitet sein. Vor allem Senioren auf E-Bikes sind gefährdet. Die Polizei bietet Trainings an.

Mit Beginn der Fahrradsaison und angesichts stark gestiegener Unfallzahlen nimmt sie wieder Fahrt auf, die Diskussion um mehr Unfallprävention und die Helmpflicht für Pedelec-Nutzer. Während Innenminister Herbert Reul mit Blick auf eine entsprechende Forderung der Gewerkschaft der Polizei (GdP) auf die Bremse tritt und auf Vernunft statt auf Vorschrift setzt, schwingt sich die Essener Behörde vorbeugend auf den Sattel.

Ab Anfang April bis in den Oktober hinein bietet die Polizei Essen/Mülheim in Zusammenarbeit mit der örtlichen Verkehrswacht kostenlose E-Bike-Trainings an, um mehr Sicherheit im Umgang mit den schweren und schnellen Rädern zu vermitteln.

„Auch im Jahr 2022 haben sich auf den Straßen und Wegen der Städte Essen und Mülheim an der Ruhr wieder zahlreiche Verkehrsunfälle ereignet, bei denen sich Pedelec-Fahrer schwere Verletzungen zuzogen. Viele dieser Unfälle waren auf einen unsicheren Umgang mit dem Pedelec zurückzuführen. Und das wollen wir ändern“, heißt es in einer Einladung zu den wöchentlichen Kursen für Erwachsene, die am 3. April auf dem Gelände der Jugendverkehrsschule am Grugapark starten.

Historisch hohe Zahlen bei den Fahrradunfällen

Die Unfallzahlen sind in der Tat alarmierend: 435 Verkehrsteilnehmer verunglückten im vergangenen Jahr mit einem Fahrrad auf Essener Straßen und Wegen. In Mülheim waren es 176. Das sind geradezu historisch hohe Werte, die in der vergangenen Dekade genau so wenig Ihresgleichen finden, wie der Anteil der verunglückten E-Biker unter den Fahrern herkömmlicher Drahtesel: Der stieg von 1,9 Prozent in 2013 auf 28,3 Prozent im vergangenen Jahr.

E-Bikes sind Verkaufsrenner und vor allem die Älteren sind gefährdet, wenn sie unvorbereitet damit unterwegs sind, wie Ulrich Sievers, Leiter der polizeilichen Verkehrsdirektion, nicht das erste Mal betont: Insgesamt verunglückten in Essen (285) und Mülheim (123) unterm Strich 408 Über-65-Jährige in 2022.

Das ist der höchste Wert der vergangenen zehn Jahre. Was maßgeblich zu dieser Steigerung beigetragen hat, aber ist der Befund, dass 110 dieser Senioren in Unfälle mit einem Pedelec verwickelt waren - also mittlerweile mehr als jeder vierte verunglückte Verkehrsteilnehmer in dieser Altersgruppe.

171 der Unfälle passierten ohne Fremdeinwirkung

Es ist meist die mangelnde Übung und die Geschwindigkeit, die dann schnell überfordert: „Es wird sich teilweise ein bisschen überschätzt“, sagt Sievers, besonders, wenn es darum geht, das gewichtige Zweirad sicher und rechtzeitig zum Stehen zu bringen.

171 der gestürzten Pedelecfahrerinnen und -fahrer verloren dabei ohne Fremdeinwirkung die Kontrolle über ihre zwei Räder. Das wiederum bedeutete eine Zunahme von rund 14,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Vor diesem Hintergrund findet die GdP die praktische Präventionsarbeit zwar gut und wichtig, mindestens aber genauso notwendig seien eine Helmpflicht für elektrische Zweiräder sowie verstärkte Verkehrskontrollen. „Vielen Nutzern von Pedelecs, E-Bikes und E-Scootern fehlt das notwendige Gefahrenbewusstsein. Das bekommen wir nur hin, wenn wir die Menschen bei Verkehrskontrollen ansprechen und ihnen bewusstmachen, welchen Gefahren sie sich und andere aussetzen“, sagt Heiko Müller, stellvertretender GdP-Landesvorsitzender und Verkehrsexperte der GdP.

Für persönliche Ansprachen bleibt meist keine Zeit

Der Essener weiß aus eigener Behördenerfahrung: „In den Verkehrsdirektionen und im Wachdienst bleibt angesichts anderer Aufgaben dafür aber oft keine Zeit.“ Zudem seien die finanziellen Mittel für eine wirksame Präventionsarbeit schon seit Jahren nicht mehr erhöht worden.

Die kostenlosen Übungskurse von Polizei und Verkehrswacht finden ab 3. April immer montags zwischen 13 und 15 Uhr auf dem Gelände der Jugendverkehrsschule (Am Grugapark 14, 45131 Essen) und stehen für die Trainings bereit. Die Teilnehmer müssen lediglich ihr eigenes Pedelec mitbringen. Zudem besteht eine Helmpflicht, damit intensiv und vor allem sicher geübt werden kann.

Am 12. und 13. April bietet die Polizei von 10 bis 12 Uhr ein zusätzliches Training auf dem Geländer der in der Jugendverkehrsschule an der Bonfaciusstraße 5 in Schonnebeck statt.

Anmeldungen per Mail oder Telefon sind zwingend

Fragen zu den Kursen beantwortet Polizeihauptkommissar Hans-Joachim Ruhl von der Verkehrsunfallprävention unter der Telefonnummer 0201 829-4137 oder per Mail unter vupo.essen@polizei.nrw.de. Anmeldungen zu den kostenlosen Pedelec-Trainings sind zwingend erforderlich, betont die Polizei.