Mülheim. Weil eine MS-Therapie von Krankenkassen nicht bezahlt wird, hoffte der Mülheimer DJ Dennis Weiler auf Spenden. Womit er nicht gerechnet hatte.
Es passiert selten, dass dem lebensfrohen Mülheimer DJ, Veranstaltungsmanager und Karnevalsprinzen die Worte fehlen. Während des Corona-Blues waren Dennis Weiler und seine Live-Stream-Feten die Mut machende Stimme für das Party-Volk. Auch als der 35-Jährige mit einer traurigen Nachricht an die Öffentlichkeit ging – Weiler leidet seit 2017 an Multipler Sklerose –, behielt er seinen Optimismus. Doch augenblicklich versagt dem Gut-Aufgelegten selbst der Ton: vor Rührung.
Dabei hatte sich die Situation des Event-Managers in den vergangenen Monaten noch einmal drastisch verschlechtert: „Ich hatte plötzlich ein steifes Knie“, erzählt Weiler, das auch durch die Therapie mit dem starken Immunsupressiva „Ocrevus“ immer wieder zurückkehrte. Eine Spastik in der Hand führte außerdem dazu, dass der 35-Jährige kaum eine Flasche mehr zudrehen konnte.
MS-erkrankter Optimist aus Mülheim: „Ich verlor den Glauben in meine Person“
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Und auch das Sehen wurde unter Stress immer schlechter, so dass der Arzt ankündigte: Noch eine Nervenentzündung, und er verliere das scharfe Sehen. „Nicht zuletzt entwickelten sich dadurch auch depressive Episoden“, bekennt der Familienvater offen, „ich verlor den Glauben in meine Person und konnte es nicht mehr ertragen, jetzt ,behindert’ zu sein. Ich war doch immer der ,Powerman’, der alle Menschen mit seinen Events glücklich machen wollte und immer für alle da war.“
Weiler sieht deshalb nur noch einen Ausweg für eine Behandlung mit eigenen Stammzellen, die teuer und zudem in Deutschland noch umstritten ist. 47.000 Euro soll sie kosten und von einer Klinik in Heidelberg durchgeführt werden. Die Krankenkassen aber kommen dafür nicht auf. „Vor Corona hätte ich den Betrag vielleicht noch aufbringen können, aber jetzt sind auch meine privaten Reserven aufgebraucht“, die Veranstaltungsbranche – sein tägliches Brot – liegt seit zwei Jahren am Boden.
Nach vielen Rückschlägen: Stammzellentherapie ist letzte Hoffnung für Mülheimer
„Diese Therapie mit Stammzellen ist die letzte Hoffnung, wenn alle anderen Behandlungen versagt haben. Die Heilungschance ist mit 95 Prozent riesig.“ Zwei Basistherapien hat Weiler hinter sich, seine Ernährung stellte er auf vegan um, nahm hoch dosiert Vitamin D zu sich. Mit dem Medizin-Latein ist er damit am Ende. Jetzt noch eine Klage um Anerkennung der Stammzellentransplantation zu führen, würde womöglich Jahre an Zeit kosten. Ob Weiler die noch hätte?
Ein letzter Befreiungsschlag – das sollte deshalb sein Spendenaufruf im Internet werden. „Ich hoffe, so eine Chance auf Heilung zu bekommen. Wenn du mich unterstützen möchtest, schau doch mal hier vorbei“, schrieb Weiler am vergangenen Freitagmittag in seinen Facebook-Kanal mit einen Link auf das Crowdfunding-Portal „Gofundme“.
Darum stoppte Weiler die Spenden schon nach acht Stunden
Und musste schon rund acht Stunden später auf die „Stop-Taste“ schlagen. 50.115 Euro hatten sich in Rekordzeit dort angesammelt. Und es wären wohl noch mehr Spenden gekommen. „Ich will mich aber nicht bereichern, das fände ich ethisch verwerflich. Sondern nur das nehmen, was ich benötige“, ringt Weiler jetzt noch um Fassung – vor Freude.
So geht es für Weiler weiter
Weiler werden Stammzellen aus dem Rückenmark entnommen, „eine Millionen pro Kilo Körpergewicht“, erzählt er. Sie werden in gute und böse Stammzellen unterschieden.
Die guten werden eingefroren und später dem Körper wieder zugeführt. In etwa drei Wochen soll sich mit ihrer Hilfe das Immunsystem wieder aufbauen und der Defekt „gelöscht“ werden.
Dazwischen aber muss sich Weiler einer weiteren harten Chemotherapie unterziehen. „Mir werden die Haare ausfallen, ich werde extrem geschwächt sein“, ist der 35-Jährige überzeugt, auch diesen Schritt zu schaffen. „Es wird kein leichter Weg, aber es ist eine Chance! Danke dafür an jeden Spender.“
458 Mal ist sein Beitrag geteilt worden, Herzchen und Umarmungs-Emojis wurden geklickt, unzähliges verbales Schulterklopfen wurde gegeben und eben auch Geld. 632 Menschen überwiesen teils hohe Summen, darunter glücksbringende Schnapszahlen wie 3333, 1111 oder 111 Euro. „Es ist unfassbar, wie viel Anteilnahme ich in dieser kurzen Zeit erfahren habe“, wird Weilers Stimme vor Rührung rau.
Alle Spender will der Mülheimer persönlich anschreiben und auch sonst die Öffentlichkeit via Soziale Medien über den Verlauf seiner Therapie informieren. Die notwendigen MRT-Bilder sind bereits in Heidelberg angekommen, schon am 1. März geht es gen Süden zur Voruntersuchung.