Mülheim. Er war Soldat und später ein markanter Künstler für die Friedensbewegung. Was den berühmten Mülheimer und Saarner Otto Pankok bewegte und antrieb.
Die Schule, an der er 1912 sein Abitur ablegte, trägt heute ebenso seinen Namen wie die Straße, an der sein Elternhaus in Saarn steht. Otto Pankok. Seine berühmteste Grafik „Christus zerbricht das Gewehr“ wurde mit päpstlichem Segen ab 1950 zu einer Ikone der internationalen Friedensbewegung. Unweit seines Elternhauses und der Saarner Dorfkirche erinnert seine Skulptur „Mädchen mit Ball“ bis heute die Passanten an den berühmtesten Sohn Saarns.
Als Otto Pankok am 6. Juni 1893 in Saarn das Licht der Welt erblickte, war Saarn noch Teil der 1878 errichteten Linksruhr-Landbürgermeisterei Broich. Erst als Otto elf Jahre alt war, wurde sein Dorf zum Mülheimer Stadtteil. Der Sohn des Arztes Eduard Pankok und seiner Frau Maria wuchs in einer bürgerlichen Familie und in einer ländlichen Idylle auf. Seine ersten Zeichnungen entstanden auf dem Papier aus der Tapetenfabrik im ehemaligen Kloster Saarn.
Ein Blockhaus diente als erstes Atelier
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Seine Mutter Maria erkannte und förderte früh das künstlerische Talent ihres Sohnes. Sie ließ ihm im elterlichen Garten ein Blockhaus errichten, das ihm als erstes Atelier diente. Später finanzierte seine Mutter Ottos erste Malreisen durch Deutschland und Europa. In Mülheim gehörten der etwa gleichaltrige Maler Werner Gilles und der erste Direktor des Mülheimer Kunstmuseums, Robert Rheinen zu seinen frühen Freunden und Wegbegleitern.
Pankok machte die Erfahrung aller Künstler: Die Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit und ist ein hartes Brot. Während sich Pankok in den Jahren der Weimarer Republik an der Seite seiner Ehefrau Hulda Droste, einer Journalistin, entwickeln entfalten und ausprobieren konnte, wurde der als Soldat durch den Ersten Weltkrieg zum Pazifisten gewordene Pankok ab 1933 zum Hassobjekt nationalsozialistischer Repressionen. Die braunen Machthaber sehen seine Kunst als „entartet“ an.
Pankoks Kunst machte ihn bei den Nazis verdächtig
Der Künstler, der aufgrund seiner Farbenblindheit die schwarz-weiße Grafik bevorzugte, war den Nazis verdächtig. Denn er hatte sich Anfang der 1930er Jahre einen Namen als künstlerischer Chronist der Düsseldorfer Sinti und Roma gemacht. Sie gehörten jetzt zu den Verfolgten des Hitler-Regimes. Pankok fand im damaligen Museumsleiter Werner Kruse und im damaligen Oberbürgermeister Edwin Hasenjäger Unterstützer, die ihm mit Ausstellungen und Werkskäufen unter die Arme griffen.
Aber ab 1937 durften Pankoks Werke nicht mehr in Museen gezeigt werden. Ein druckfrischer Katalog durfte nicht verkauft werden. Das hatte auch mit seinem 1933/34 geschaffenen Werkszyklus „Die Passion“ zu tun. In ihm zeigte er staatlich verfolgte Künstler, Sinti und Roma als den gekreuzigten Jesus und dessen Jünger.
Otto, Hulda und Eva Pankok mussten untertauchen. Sie überlebten im Münster- und Emsland, in der Eifel und im zerbombten Düsseldorf das Regime, dass sie verfolgte. Trotz ihrer eigenen Not gewährten die Pankoks anderen Verfolgten Unterschlupf und brachten sich damit in Lebensgefahr.
Mit dem Ende der Diktatur kam endlich die Anerkennung
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Erst nach dem Ende der NS-Diktatur und des Zweiten Weltkrieges, wurde Pankok, der jetzt seinen ehemaligen Unterstützer Edwin Hasenjäger bei dessen Entnazifizierung und bei seiner 1946 am Widerstand von SPD und KPD gescheiterten politischen Rehabilitation unterstützte, die öffentliche Anerkennung seiner künstlerischen Arbeit zuteil.
Von 1947 bis 1958 lehrte er als Professor an der Kunstakademie Düsseldorf, an der er selbst sein Kunststudium abgebrochen hatte. Unter seinen Studenten war auch der spätere Literaturnobelpreisträger Günter Grass. Ebenfalls im Jahr 1947 erschien ein Katalog mit seinen seine Düsseldorfer Sinti- und Roma-Zeichnungen.
Nach seiner Emeritierung als Kunst-Professor wurde der praktizierende Autodidakt wieder zum freischaffenden Künstler. In seinem Haus Esselt im niederrheinischen Hünxe-Drevenack wurde Pankok regelmäßig auch von Künstlern und Kunstfreunden aus Mülheim aufgesucht. Heute ist sein ehemaliges Wohnhaus ein Otto Pankok-Museum. Ein Jahr vor seinem Tod, zeichnete ihn seine Heimatstadt Mülheim 1965 mit ihrem 1962 gestiftetem und von der Sparkasse dotierten Ruhrpreis für Kunst und Wissenschaft aus. 1969 bekam seine Heimatstadt eine Otto-Pankok-Straße und 1974 wohnte seine Tochter Eva der Umbenennung des Staatlichen Gymnasiums in Otto-Pankok-Schule bei.
Pankoks Gebot: Ein Baum ist wichtiger als Picasso
Otto Pankok erinnert sich: „Das Milieu, in dem ich aufwuchs, war das Elternhaus auf dem Lande. Das Rauschen des Parks, die Wiesen, Hummeln und Teiche ist im Grunde für meine Kunst bestimmend geblieben.“
Seine Mutter Maria riet Otto: „Wenn dich ein Kummer drücket. Wenn dich die Penne zwicket und alles scheint verrückt. Wenn dir die liebsten Menschen verweigern ihre Gunst, dann flüchte in die Hütte zur schönen heiteren Kunst!“
Otto Pankok hat sein Künstler-Credo in zehn Geboten zusammengefasst: „Du sollst den Kitsch riskieren. Du sollst nicht für Ausstellungen malen. Du sollst einen Baum für wichtiger halten als eine Erfindung von Picasso. Du sollst dich vor dem persönlichen Stil hüten. Du sollst nur deinen Träumen trauen. Du sollst deine schlechten Bilder schnell vergessen. Du sollst deine guten Bilder nicht anbeten. Du sollst vor jedem Bild, dass du beginnst, das Gefühl haben, es wäre dein Erstes. Du sollst alles krass ablehnen, was dir nicht passt, und sei es von Rembrandt oder Chagall. Du sollst das Publikum nicht für dümmer halten, als es ist.“