Mülheim. Mit Projektionen von Mülheimer Nazis-Aufmärschen warnen Kulturschaffende vor der AfD, die neu im Rat ist. Nach einer Stunde kommt die Polizei.
Sie sind wieder da: Draußen als Projektion auf dem Rathausturm marschieren am Mittwochabend Nazis in Uniform über die Schloßbrücke, daneben Bilder von den Ausschreitungen in Hoyerswerda, darunter schimpft der berühmt gewordene „Hutbürger“ gegen die Presse. „Wir wollen die Kontinuität der nationalsozialistischen Ideologie aufzeigen“, sagt Moritz Pankok über die Aktion, die der Künstler und weitere Mülheimer Gruppen ins Leben gerufen haben.
Denn drinnen, wo im Rathaus das Mülheimer Parlament tagt, sind seit Mittwoch politische Kräfte im Rat der Stadt am Werk, die die Aktivisten in einer ideologischen Linie mit den Kräften von 1933 sehen. „Die NSDAP hat sich damals ein bürgerliches Aussehen gegeben. Auch die AfD gibt sich bürgerlich, verfolgt aber ein autoritäres Denken, hatte lange Zeit einen rechten Flügel, deren Mitglieder in der Partei noch immer integriert sind. Selbst wenn man sie nicht direkt mit den Nazis von damals vergleichen kann“, mahnt Pankok stellvertretend für den Kulturverein „Die Vielen“ sowie die Künstlergruppe „Deutschland für Alle“ (DfA), die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) und das Makroscope.
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Netzwerk aus Kunstschaffenden will der Politik Denkanstöße geben
Dass sich am Mittwochnachmittag in der Stadthalle der neue Mülheimer Rat mit der Fraktion AfD konstituiert, ist für das Netzwerk aus Kunstschaffenden ein Grund zu reagieren, das Rathaus ist diesmal der symbolische Ort des Geschehens. „Wir wollen Denkanstöße an die demokratischen Parteien und Bürger geben, dass sie der AfD nicht auf den Leim gehen sollen“, sagt Pankok. Deshalb wählte man diesen ,leisen’ Protest.
Vor wenigen Tagen aber schickten die Gruppe „Deutschland für Alle“ einen offenen Brief an die Fraktionen und den OB mit der deutlichen Aufforderung, nicht mit der AfD-Fraktion zusammenzuarbeiten. Reagiert hat darauf bislang nur Oberbürgermeister Marc Buchholz. Seine Antwort aber löst Verwunderung aus, vor allem, weil Buchholz darin betont, dass man sich nicht Mittel bedienen dürfe, „welche nicht mit dem Grundgesetz und der Gemeindeordnung in Einklang stehen“.
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„Ich hätte mir vom OB mehr Haltung gewünscht“
„Ich hätte mir vom OB mehr Haltung gewünscht. Wir haben uns mit unseren Aktionen während des Kommunalwahlkampfs immer auf dem Boden des Grundgesetzes bewegt. Und es steht in der Gemeindeordnung nicht drin, dass man mit jeder Fraktion zusammenarbeiten muss“, kommentiert ein Mitglied von DfA. In einer Stadt wie Mülheim, in der der Nationalsozialismus eine starke Rolle gespielt habe, erwachse damit eine besondere Verantwortung für die Politik. Demokratie müsse wehrhaft sein.
Gut eine Stunde lang sind die Projektionen auf den Rathausturm zu sehen. Dann erscheint die Polizei mit mehreren Streifenwagen und etwa 14 Beamten. Das Makroscope bricht daraufhin die Aktion ab. Anlass, nach Aussage der Polizei, habe ein Bürger gegeben, der gemeldet hatte, dass jemand Hakenkreuze auf das Rathaus projiziere. Die Polizei hat das Material nun zur Prüfung beschlagnahmt.