Mülheim. . Otto Pankok, der berühmte Sohn der Stadt, erblickte vor 125 Jahren das Licht der Welt. Das Leben des Künstlers war bewegt – und bedroht.

Realist, Expressionist, Symbolist, Humanist und Pazifist sind die am häufigsten genannten Zuschreibungen, um das Leben und Wirken des in Mülheim geborenen Künstlers Otto Pankok zu umfassen. Vor 125 Jahren, am 6. Juni, erblickte er im Äbtissinnenhaus des Zisterzienserklosters in Saarn als Sohn des Arztes Eduard Pankok das Licht der Welt. Ihm zu Ehren erhielt die Straße seines Geburtshauses 1969 seinen Namen – drei Jahre nach seinem Tod.

Auch wenn Lexika Otto Pankok gerne als Maler bezeichnen, erlangte er Bekanntheit vor allem durch seine über 6000 Kohlezeichnungen. Darunter einige im Großformat (0,8 mal 1,2 Meter) angefertigte, sogenannte Kohlegemälde, die ihm eine singuläre Stellung in der Kunstwelt verschafften. Zu seinem umfangreichen Werk gehören aber auch rund 800 Holzschnitte, über 800 Radierungen, 200 Plastiken als auch Lithographien, Steinschnitte und Grafiken.

Schon als Volksschüler gemalt

Eine Postkarte, die Pankok zu Ostern 1907 an Heimatforscher Robert Rheinen geschickt hat – und die diesen selbst, jahreszeitlich angepasst, zeigt.  
Eine Postkarte, die Pankok zu Ostern 1907 an Heimatforscher Robert Rheinen geschickt hat – und die diesen selbst, jahreszeitlich angepasst, zeigt.   © Stadtarchiv

Seine Liebe zum Zeichnen, angeregt durch seine kunstinteressierte Mutter Marie, entdeckte der junge Otto Pankok schon in der Volksschulzeit von 1899 bis 1903, wovon alte Schulhefte und -bücher Zeugnis ablegen.Diese Liebe setzte sich in seiner Gymnasialzeit als Schüler des städtischen Reform-Gymnasiums fort, an dem er 1912 seine Reifeprüfung absolvierte. Sein weiterer Weg führte ihn noch im selben Jahr zur Düsseldorfer Kunstakademie, an der er es sechs Wochen aushielt. Einen neuerlichen Versuch, Kunst zu studieren, unternahm er im Oktober desselben Jahres in Weimar. Nach einem halben Jahr verließ er wiederum die Akademie, weil ihm die Lernbedingungen nicht gefielen.

Seine nächste Station war das Künstlerdorf Dötlingen im Landkreis Oldenburg, wo er sich ein kleines Haus erwarb. Er schrieb über diese Zeit: „Es begann ein herrliches Jahr in Dötlingen in ungeheurer Einsamkeit, ein Schwelgen in Kohle und Papier, ein Suchen nach dem Wesen des Menschlichen bei armen, abgetriebenen Weibern und Tagelöhnern, die wie aus dem Sandboden aufgewachsen waren, fraßen, was sie der Erde abrangen, in Tuberkulose und Schmutz hinstarben und wieder völlig zu Erde wurden.“

Im Ersten Weltkrieg knapp dem Tod entgangen

Das Jahr endete mit dem Beginn des Ersten Weltkriegs, der ihn als Soldat nach Frankreich brachte. Dort entkam er bei einer Sprengung nur knapp dem Tod. Traumatisiert durch dieses Erlebnis, verbrachte Pankok die nächsten zwei Jahre auf Krankenstationen und wurde 1917 aus dem Militärdienst entlassen.

1920 findet Pankok eine Bleibe in Düsseldorf und schließt sich der von Expressionisten dominierten Künstlergruppe „Das Junge Rheinland“ an. Ein Jahr später geht er mit der Journalistin Hulda Droste den Bund der Ehe ein, aus der 1925 durch die Geburt des einzigen Kindes Eva eine kleine Familie wird. Ab 1924 werden Landschaften die überwiegenden Motive seines künstlerischen Werks, bevor 1931 eine Gruppe von Sinti und Roma am Rande von Düsseldorf sein Interesse weckt, unter denen er eine Zeit lang lebt. Hier entsteht sein berühmter „Passionszyklus“, der von den Nazis zur „entarteten Kunst“ erklärt wird und für ihn de facto ein Berufsverbot bedeutet.

In der Nazizeit immer auf der Hut vor der Gestapo

Mit häufigen Wohnwechseln versucht Pankok der Bespitzelung durch die Gestapo zu entgehen. Seine Arbeit findet nun im Verborgenen statt. Er lebt mit seiner Familie zeitweise im Münsterland, in der Grafschaft Bentheim, im Emsland und in der Eifel. Trotz aller eigenen Sorgen bietet er dem befreundeten Maler Mathias Barz und seiner jüdischen Frau Unterschlupf, um dem Konzentrationslager zu entgehen. Posthum wurde das Ehepaar Pankok für diese Hilfe 2014 von der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem geehrt.

Nach dem Krieg fand Pankok eine Anstellung als Professor an der Düsseldorfer Kunstakademie und unterrichtete dort unter anderem Günther Grass und Joseph Beuys. Mit Ende seiner Lehrtätigkeit 1958 zog das Ehepaar nach Hünxe-Drevenack in das Haus, das heute das Otto-Pankok-Museum ist. Dort lebten beide bis zu ihrem Lebensende.

>> OTTO PANKOK IM MÜLHEIMER KUNSTMUSEUM

Im Besitz des Mülheimer Kunstmuseums befinden sich rund 220 Arbeiten von Otto Pankok, die hauptsächlich das Früh- und Jugendwerk des Künstlers abdecken.

Acht seiner Zeichnungen sind zurzeit in der Ausstellung „Das Kind in der Kunst“ im Museum an der Alten Post zu sehen, die noch bis Sonntag, 8.Juli, läuft.
Am Mittwoch, 4. Juli, bietet das Kunstmuseum um 15 Uhr im Rahmen von „Kunst und Kaffee“ eine Führung an zum Thema „Werkstoff Kohle. Otto Pankoks Kinderbilder“.

Außerdem sind Restexemplare des Kataloges zum 120. Geburtstag von Otto Pankok 2013 im Museumsshop zum Preis von 9,50 Euro erhältlich.