Mülheim. Nach dem Drogen-Tod von drei Mülheimer Teenagern ist nicht nur die Polizei in erhöhter Alarm-Stimmung. Was es Neues zum Ermittlungsfall gibt.
Polizei, Politik und Stadtverwaltung sind nach dem Drogen-Tod dreier Jugendlicher in hohe Alarmbereitschaft versetzt. Jetzt wird klarer, warum die Polizei alle drei Todesfälle seit Juli in einer vielköpfigen Ermittlungskommission untersucht und möglichst schnell mit Ergebnissen an die Öffentlichkeit gehen will, um präzise warnen zu können und weiteren Todesfällen möglichst vorzubeugen.
Am Mittwoch dieser Woche hatte die Polizei verkündet, dass sie einen Zusammenhang bei den drei Todesfällen (zwei 17 Jahre alte Jugendliche und ein 19-Jähriger) sieht. Noch sei unklar, welche Betäubungsmittel und in welcher Zusammensetzung todesursächlich seien, doch warnte die Polizei bereits vielsagend wie eindringlich vor dem Konsum unbekannter Substanzen und Drogen-Medikamenten-Cocktails.
Mülheimer Drogentote: Toxikologische Untersuchungen noch nicht abgeschlossen
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Wie ein Polizeisprecher zuletzt betonte, laufen noch die toxikologischen Untersuchungen. Womöglich werde die Behörde auf Ergebnisse noch Tage oder gar Wochen warten müssen, hieß es auf Anfrage dieser Redaktion. Offen sei etwa die Frage, ob der zuletzt von einem Passanten im Skatepark an der Südstraße tot aufgefundene 17-Jährige womöglich wegen einer Überdosis oder aber wegen einer toxischen Drogen-Mixtur, die er zu sich genommen haben könnte, gestorben sei.
Die aktuellen Fälle gäben aber in jedem Fall Anlass, die gesamte Konsumenten-Szene in Mülheim eindringlich zu warnen. Alarmierend sei insbesondere, dass drei eigentlich „erfahrene Konsumenten“ ums Leben gekommen seien, hieß es am Donnerstag seitens des Mülheimer Polizeioberrats Alexander Prim. Sobald man mehr wisse, werde man in Abstimmung mit der ermittlungsleitenden Staatsanwaltschaft sicher schnellstmöglich mit weiteren Informationen an die Öffentlichkeit gehen, so ein Polizeisprecher.
Mülheims Polizeichef sieht für seine Behörde einen „immensen Ermittlungsdruck“
Dass dies wohl neben der Szene selbst zahlreiche besorgte Eltern umtreibt, machte am Donnerstag Mülheims Polizei-Chef Prim deutlich, als er in der Fragestunde im Ratsausschuss für Bürgerangelegenheiten, Sicherheit und Ordnung von der Politik zu den Todesfällen der Teenager befragt worden wurde.
Alle drei Todesopfer zählten zur lokalen Drogen-Szene, möglicherweise sei eine identische Todesursache etwa in Form einer bestimmten Kombination von Betäubungsmitteln auszumachen, beschreibt Prim einen „immensen Ermittlungsdruck“. Zum Ermittlerteam zählten neben erfahrenen Kollegen aus den Bereichen Drogen und Todesursachen auch operativ in Mülheim tätige Beamte der Schwerpunktgruppe „SIE“ (Sicherheit Innenstadt Eppinghofen).
Alle drei Todesopfer waren laut Polizei als Dealer tätig
Die drei verstorbenen Jugendlichen seien einer polizeibekannten Gruppe zuzuordnen, die miteinander – wenn auch nicht freundschaftlich verbunden – in Kontakt stehe und nicht nur Drogen konsumiere, sondern rund um den Skatepark und die nahen Schulen auch als Dealer auffällig geworden seien. Alle drei Teenager hätten in diesem Jahr das Polizeigebäude „schon von innen gesehen“, so der Polizeioberrat.
Im Moment konzentrieren sich die Ermittlungen laut Prim auf die Todesursache. Nicht auszuschließen sei aber, dass ein Fremdverschulden im Laufe der Ermittlungen noch eine Rolle spielen könnte und nicht mehr von tragischen „Unfällen“ die Rede sein könne. Prim deutete damit wohl an, dass nicht auszuschließen ist, dass höchst toxische Substanzen in Mülheim in Umlauf gebracht worden sein könnten. Die verstorbenen Jugendlichen kenne die Polizei jedenfalls ausschließlich als „sehr einfache Drogenkonsumenten, die es beim Drogenkonsum womöglich auf die Spitze getrieben haben“.
Aus dem Umfeld der örtlichen Szene ist zu vernehmen, dass auch sogenannte Downer, Psychopharmaka, Schmerzmittel, Benzodiazepine und Opiate bei jungen Konsumenten in Mülheim eine Rolle spielten – allesamt seien dies keine Drogen im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes – aber mittlerweile „ein Riesenproblem“. Hiervon ist vonseiten der Polizei bislang keine Rede.
Politiker sieht Dramatik: „Was können Eltern tun, um ihre Kinder zu schützen?“
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„Was können Eltern tun, um ihre Kinder zu schützen?“ Eine Frage wie diese von CDU-Politiker Max Oesterwind ist offensichtlich auch deshalb von Gewicht, weil die Polizei laut Prim eine Konzentration des Drogenhandels rund um den Skatepark, die benachbarten Schulen und das Berufskolleg Stadtmitte schon länger „sehr genau im Auge“ hat. Auch Jugendliche noch jünger als die Verstorbenen zählten zur Szene der Konsumenten. Im Südviertel habe sich die Szene breitgemacht, weil dort „Absatzmärkte“ seien. Hier gelte es, die bisher schon intensive Arbeit der Polizei durch weiteres „Aufwühlen und Auffinden“ weiter zu forcieren. Die drei Todesfälle, so Prims Feststellung, habe auch in der Szene „einen Schockmoment ausgelöst“.
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Für die Stadtverwaltung kündigte Petra Hasenjäger vom Ordnungsamt am Donnerstag an, zeitnah einen Runden Tisch mit allen an der Drogenprävention beteiligten Stellen und Organisationen einberufen zu wollen. Laut Stadtsprecher Volker Wiebels soll es dazu nächste Woche kommen. Es gelte alle ordnungsrechtlichen und präventiven Maßnahmen noch einmal in den Blick zu nehmen, so Hasenjäger.
Polizei bleibt dabei: Mülheim habe kein gravierendes Problem mit Drogenkriminalität
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Insgesamt bleibt Polizeioberrat Prim dennoch bei der zuletzt schon getroffenen Festellung, dass Mülheim „grundsätzlich keine gravierenden Probleme mit Drogenkriminalität“ habe, hauptsächlich lediglich der Konsum von Cannabis eine Rolle spiele. Jene Szene habe die Polizei „sehr gut im Griff“, teils sei sie in andere Städte verdrängt worden.
Mit den drei Todesfällen mit bislang ungeklärter Ursache aber habe man plötzlich doch „eine Ausprägung, die uns nicht gefällt“ – und die für die Ermittler nun „ein herausforderndes Thema“ sei.