Mülheim. Die Herz-Jesu-Kirche in Broich, Mülheims zweitgrößte Kirche, soll bald geschlossen werden. Was der Kirchenvorstand jetzt überraschend verkündete.
Die Herz-Jesu-Kirche in Broich soll früher als geplant geschlossen werden. Das teilt der Kirchenvorstand jetzt mit. Schon am 25. Februar 2023 solle die Nutzung des Gotteshauses an der Ulmenallee eingestellt werden. Im Votum zum Pfarrei-Entwicklungs-Prozess (PEP) war 2018 zwar bereits beschlossen worden, die Kirche aufzugeben, damals war aber noch von einer „langfristig ins Auge gefassten Maßnahme“ die Rede.
„Durch die Corona-Krise der vergangenen Jahre stehen wir nunmehr verstärkt unter Druck. Wir spüren, dass uns manches schwerer fällt. Der Haushalt der Pfarrei bereitet uns große Sorgen. So sind unsere Einnahmen leider deutlich über das erwartete Maß hinaus eingebrochen. Auf der anderen Seite sind die Kosten, insbesondere durch den Krieg in der Ukraine und die dadurch ausgelöste Energiekrise, in hohem Maße angestiegen“, heißt es in der Ankündigung von Kirchenvorstand, Pastoralteam und Pfarrgemeinderat an die Gemeindemitglieder.
Zahl der Christen in Mülheim nimmt rapide ab
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Auch die pastorale Situation an den Standorten habe sich in den vergangenen Jahren leider anders entwickelt, als von vielen erhofft wurde. So sei unter anderem die Zahl der Christinnen und Christen in der Pfarrei St. Mariä Himmelfahrt (zu der Herz Jesu gehört) spürbar gesunken. Auch seien Ehrenamtler viel schwerer zu finden. „Dies alles führt dazu, dass wir die Schließung der Herz-Jesu-Kirche nun doch zeitnaher und zielstrebiger umsetzen müssen als gedacht“, erklärt Pfarrer Christian Böckmann. Sie sei die erste, große und schmerzliche Einsparmaßnahme.
Die nahe gelegene Schwesterkirche St. Michael und die anderen pastoralen Orte der Pfarrei sollen in Zukunft von den Gläubigen aus Herz Jesu mitgenutzt werden. Die Pfarreimitglieder wie auch die Kindertagesstätten und Alteneinrichtungen würden „auch weiterhin von unseren Seelsorgerinnen und Seelsorgern betreut“, versichert man.
Weitere Einschnitte in Mülheim müssen zeitnah erfolgen
Was mit der Herz-Jesu-Kirche geschieht, ist noch ganz offen, teilen die Verantwortlichen mit. „Unsere Anstrengungen, eine gute und geeignete Nachnutzung zu organisieren, Interessenten für den Kirchenbau zu finden, sind noch zu keinem Ergebnis gekommen“, so Pfarrer Böckmann. Kaufinteressenten gebe es bisher nicht. Eine Übernahme sei auch deshalb nicht ganz leicht, weil diverse Ämter – etwa der Denkmalschutz – involviert seien.
„Auch an den anderen Standorten werden die geplanten Einschnitte und die Reduzierung unserer kirchlichen Gebäude konsequent zeitnah umgesetzt werden müssen, damit es uns gelingt, auch 2030 noch handlungsfähig als katholische Kirchengemeinde wirken zu können. Weitere kurzfristige und nachhaltige Sparmaßnahmen werden für alle spürbar sein. Sie werden wir in Kürze bekanntgeben“, so die Verantwortlichen.
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Man trete in eine sehr schwierige Phase des Pfarreientwicklungsprozesses ein. „Wir sind uns aber sicher, dass wir diesen Weg gemeinsam gehen müssen, um in den kommenden Jahren als Pfarrei bestehen und weiter zusammenwachsen zu können“, lautet die Begründung.
Mülheimer Initiative spricht sich gegen Schließung aus
Die Initiative „Ich steh auf Herz Jesu“ spricht sich in einem offenen Brief gegen die Schließung der Broicher Kirche aus und gegen „voreilige Entscheidungen“. Herz Jesu sei ein Juwel unter den Mülheimer Kirchen, verfüge über eine ausgezeichnete Akustik. Der bauliche Zustand sei auch nicht schlechter als bei anderen katholischen Kirchen. Herz Jesu müsse als „kulturelle Basis des Stadtteils“ erhalten bleiben.
Weiter heißt es: „Die pastoralen Möglichkeiten in unserer Gemeinde sind viel größer, als die reine Buchhaltung weiß!“ Bei allen Entscheidungen über die Zukunft der Kirche müssten die pastoralen Gesichtspunkte stärker als bisher berücksichtigt werden. Die finanzielle Situation der Pfarrei, so meint die Initiative, sei nicht so dramatisch, wie der Kirchenvorstand meine. Fehlende Erträge habe es schließlich auch schon vor 25 oder 75 Jahren gegeben.