Mülheim. Wie kann die Stadt Mülheim Tiere, die sie am Auehof aus Tierwohlgründen beschlagnahmt hat, zur Schlachtung geben? Politiker hakten nach.

Mit aller Macht der Geißelung forderte die Satirepartei „Die Partei“ jetzt im Stadtrat eine Schweigeminute für jene der 47 Tiere vom Auehof, die die Stadt Mülheim wegen mutmaßlicher Verstöße gegen das Tierschutzrecht erst beschlagnahmt und dann an Schlachtbetriebe weiterveräußert hat. Zur Schweigeminute kam es zwar nicht. Doch das Veterinäramt musste Stellung beziehen.

Jenes von der „Partei“ eingeforderte Gedenken wurde noch in der Debatte zur Tagesordnung von allen anderen Fraktionen und Gruppen abgelehnt. OB Marc Buchholz hatte dazu aufgerufen, den Antrag gar nicht erst aufzurufen: „Ich bin ja für jeden Scherz zu haben“, sagte er. Aber dieser Antrag sei „verfehlt“. Im Stadtrat gedenke man ansonsten hoch verdienten Bürgern der Stadt nach deren Ableben. Da sei er „der Meinung, dass ein Gedenken an Tiere nicht in dieses Haus gehört“.

Stadt Mülheim räumt Verkauf von beschlagnahmten Tieren an Schlachtbetrieb ein

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Einen weiteren Antrag der „Partei“ galt es indes zu behandeln. Die Ratsgruppe hatte die Verwaltung zur Rede gestellt, warum aus Gründen des Tierschutzes beschlagnahmte Auehof-Tiere von der Stadt an Schlachtbetriebe weitervermittelt worden seien. Schließlich habe der Stadtsprecher doch erklärt, man bemühe sich, alle Tiere „in gute Hände“ zu geben.

Für das Veterinäramt räumte der kommissarisch zuständige Dezernent David Lüngen ein, dass zwei Schafböcke direkt an einen Schlachtbetrieb veräußert worden seien. Auch drei Legehennen und zwei junge Kaninchen seien kurz nach der Beschlagnahme gestorben – „aufgrund ihres sehr schlechten Gesundheitszustandes in Folge der schlechten Haltungsbedingungen“.

Dezernent: Aus Kostengründen müssen Tiere schnell vermittelt werden

Lüngen rechtfertigte die Vermittlung der zwei Schafe an einen Schlachtbetrieb. Es sei zwar „immer das vorrangige Ziel des Veterinäramtes, Tiere lebend in eine tierschutzgerechte Haltungseinrichtung zu vermitteln. Sollte jedoch aus verschiedenen Gründen keine geeignete Unterbringungsmöglichkeit gefunden werden, so ist es nicht ungewöhnlich, ein landwirtschaftliches Nutztier auch an einen Schlachtbetrieb zu veräußern“, sagte er. Schon aus Gründen der Kostenersparnis müsse eine schnelle Vermittlung erfolgen.

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Von den beschlagnahmten Tieren sind laut Verwaltung über die zwei Schafböcke hinaus bis zum Montag vergangener Woche ein tragendes Mutterschaf an einen Schafhalter gegeben worden, zwölf Legehennen an eine „tierparkähnliche Einrichtung“, ein Hahn an eine Hobbygeflügelhaltung, je ein Hund, ein Hahn und ein Kaninchen an private Halter und vier Rinder an einen Landwirt. Zwei Pferde des ehemaligen Auehof-Betreibers seien auch in private Hände vermittelt, aber bekanntlich direkt gestohlen worden. 13 Kaninchen und drei Hunde seien noch nicht veräußert. Die Stadt rechnet insgesamt mit einem Verkaufserlös in Höhe von rund 5350 Euro. Die Einnahmen sollen dem ehemaligen Auehof-Betreiber gutgeschrieben werden. Seine Rechnung für den Einsatz am Auehof im Juli soll entsprechend geringer ausfallen.

Strafanzeige gegen Beschlagnahmung der Hunde: Ermittlungen laufen noch

Nach der Ratssitzung spöttelte Partei-Ratsfrau Sonja Strahl via Facebook gegen die harschen Worte des OB zum Schweigeminuten-Antrag ihrer Gruppe: „Das war wirklich dumm von uns. Hätte sich unser Praktikant die Hauptsatzung der Stadt Mülheim an der Ruhr mal richtig durchgelesen, hätte er gesehen, dass das Thema Tierschutz in der politischen Arbeit gar nicht vorgesehen ist.“

Laut Polizei laufen die Ermittlungen zur Strafanzeige des ehemaligen Hofbetreibers fort, der in Bezug auf die Beschlagnahmung seiner Hunde eine Strafanzeige wegen Diebstahls gegen die Stadtverwaltung gerichtet habe. Gegenüber dieser Redaktion zweifelte der frühere Auehof-Betreiber Mario Bäcker unterdessen auch an, dass die beiden jungen Kaninchen wegen schlechter Haltungsbedingungen auf dem Auehof verendet seien. Nach seiner Darstellung waren es Babys, die von der Mutter getrennt worden seien. Das Veterinäramt habe auch in keinem Fall nachgefragt, ob ein Tier besonderes Futter brauche oder erkrankt sei.