Mülheim. Wie sehr sich Arbeit und Kultur im Stadtarchiv in den letzten 50 Jahren gewandelt haben, erfuhren die Gäste beim Jubiläum. Und noch einiges mehr.
Ein Rückblick in die Vergangenheit und ein Ausblick in die Zukunft prägten die Gegenwart beim Jubiläumsempfang zum 50-jährigen Bestehen des Stadtarchivs. Vor allem ein Satz erfreute und entlockte dem Publikum ein Schmunzeln. „Beim nächsten Jubiläum hat das Stadtarchiv vielleicht ein etwas größeres Team“, sagte Markus Püll bei seiner Begrüßung. Der Mülheimer Bürgermeister ließ allerdings offen, welches Jubiläum in wie vielen Jahren das sein wird.
Der Abend ist auch ein Treffen der Stadtprominenz. Die ehemalige Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld sowie die Ex-Kulturdezernenten Hans-Theo Horn, Peter Vermeulen, Ulrich Ernst und die amtierende Dezernentin Daniela Grobe sitzen auf den rot gepolsterten Stühlen. Später mischen sie sich unter die Gäste zum Wiedersehen mit Gesprächen: „Erinnerst Du Dich noch?“
In den zurückliegenden 50 Jahren hatte das Mülheimer Stadtarchiv nur drei Chefs
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Erinnerungen hält das städtische Archiv in zahlreichen Dokumenten bereit. Um welche Begebenheiten sich die Gespräche ranken? Nicht alles ist für die Öffentlichkeit bestimmt. Absprachen und Übereinkünfte, die nicht in Protokollen oder persönlichen Aufzeichnungen festgehalten sind – da kann die Archivarin oder der Archivar kaum helfen. Allenfalls sind Interpretationen aus dem Zusammenhang der verfügbaren Quellen möglich.
Fakten sind, weil dokumentiert: In den zurückliegenden 50 Jahren hatte das Stadtarchiv nur drei Chefs. Kurt Ortmann, Kai Rawe und Stefan Pätzold. Das spricht für Beständigkeit und Engagement für Mülheims Geschichte. In diesen Jahrzehnten wandelt sich die Archivkultur. Einst sitzen Archivare auf den Truhen, in denen sie ihre Schätze (Urkunden und Schriften) hüten. „Der größte Feind der Archivalien ist ihr Nutzer“, lautet damals die Schutzbehauptung. Nichts soll ans für Pergamente schädliche Licht kommen.
Großen Lesesaal im Stadtarchiv steht allen Mülheimerinnen und Mülheimern offen
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Fakten sind ebenso: Das Archiv-Team im Haus der Stadtgeschichte ist stolz auf seinen großen Lesesaal. Der steht allen Bürgerinnen und Bürgern offen, die sich über Stadthistorie, ihre Familiengeschichte oder bekannte Persönlichkeiten der Ruhrstadt informieren möchten. Selbst das Stöbern in Ratsdebatten kann spannend sein. Das Archiv ist das Mülheimer Gedächtnis. Das bedeutet auch: Akten, Protokolle und Zeitungsartikel bewahren Inhalte, die manche Personen gern aus ihren Lebensläufen löschen würden.
Inzwischen ist das Mülheimer Archiv aus dem Keller der alten Stadtbücherei am Rathausmarkt über die ehemalige Grundschule an der Cleveschen Straße 3 – das belegen mehrere Quellen, nicht Aktienstraße – zu einem Dienstleistungszentrum für Bürgerinnen und Bürger sowie eine Institution der Stadtkultur gewachsen, vermitteln der Archivleiter Stefan Pätzold und Thomas Emons, Historiker und Journalist, in ihren Referaten. Ursprünglich beherbergt das Haus an der Von-Graefe-Straße ein Ausflugslokal, danach die Mülheimer Augenklinik. Jetzt sei es wieder ein Haus der Begegnung, inklusive Musikschule, spannt Thomas Emons den Bogen.
Wie spricht man Schloss Broich richtig aus: „Schloss Brooch“ oder „Schloss Breuch“?
Andreas Pätzold macht keinen Hehl daraus, dass ihm einige Mülheimer Sprechweisen noch fremd sind. Korrekt würde er „Schloss Brooch“ sagen, wie es das alte und noch gebräuchliche Dehnungs-i vorschreibt. „Schloss Breuch“ sagen nur die Mülheimerinnen und Mülheimer. Auch das „y“ kennt Pätzold eher als „i“, nicht als „ü“ wie in der Ruhrstadt bei „Stürum“ üblich. Der Archivleiter befindet sich noch in der Umstellungsphase zum örtlichen Sprachduktus.
Eine Ausstellung im Foyer des Hauses führt durch die bisherigen 50 Jahre des Stadtarchivs. Das Begleitbuch ist bereits im Dokumentenkatalog verzeichnet und in den Bestand aufgenommen. Das Archiv vergisst nichts – man muss nur die richtigen Stellen in den Quellen finden. Daran muss sich auch Markus Püll messen lassen, der eine Personalaufstockung für das Archiv andeutete, die das Team lieber heute als irgendwann hätte. Alles ist im Veranstaltungsprotokoll für Archivnutzerinnen und -nutzer festgehalten.