Mülheim. Am 1. September feiert das Mülheimer Stadtarchiv 50. Geburtstag. Wie sich die Einrichtung im letzten halben Jahrhundert weiterentwickelt hat.
Als Kurt Ortmanns im Jahr 1972 erster Archivar der Stadt Mülheim wurde, hatte er im damaligen Gebäude der Stadtbücherei am Rathausmarkt nicht einmal einen Schreibtisch oder einen Bürostuhl zur Verfügung. Heute, da das Stadtarchiv sein 50-jähriges Bestehen feiert, ist der Stellenwert ein deutlich größerer geworden.
„Als Haus der Stadtgeschichte sind wir fest in der Mülheimer Kulturlandschaft verankert“, freut sich Dr. Stefan Pätzold, seit 2020 Leiter des Stadtarchivs. Seit die Institution 2013 in das Gebäude der ehemaligen Augenklinik gezogen ist, hat sie räumlich wie inhaltlich eine deutliche Aufwertung erfahren.
Mülheimer Stadtarchiv: Weiterentwicklung nach dem Wechsel ins Haus der Stadtgeschichte
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„Am alten Standort an der Aktienstraße hatten wir lediglich den Lesesaal als größeren Raum zur Verfügung“, berichtet der stellvertretende Leiter Jens Roepstorff. Im Haus der Stadtgeschichte, für das sich seinerzeit vor allem Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld und der damalige Kulturdezernent Hans-Theo Horn stark gemacht hatten, gibt es genügend Räumlichkeiten für verschiedene Veranstaltungen.
„Das hat uns zu einem vollwertigen Kulturinstitut gemacht“, sagt Pätzold, der sein Haus auch als modernes Dienstleistungszentrum versteht. Eines, das seine Rolle in der Stadtgesellschaft spielt – und sogar darüber hinaus. „Oft, wenn die Stadt Veranstaltungen ausrichtet, fragt der OB bei uns an, ob wir etwas dazu beitragen können“, berichtet der Archiv-Chef. Erst jüngst hat er eine Jahreskooperation mit dem Lehrstuhl für Landesgeschichte an der Uni Duisburg/Essen unterzeichnet.
Wie die Anfänge des Mülheimer Stadtarchivs aussahen
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Einen solchen Stellenwert gab es nicht immer. In den Anfängen bestand der Inhalt des ersten Archivs schlicht aus dem stadtgeschichtlichen Wissen aus den verschiedenen Heimatbüchern. „Das hat mit einem Archiv ja eigentlich gar nichts zu tun“, betont Jens Roepstorff.
Erst mit der Übernahme des Altaktenregisters 1978, dem Umzug in ein ehemaliges Schulgebäude an der Aktienstraße und der Einführung des NRW-Archivgesetzes Ende der 80er Jahre änderte sich die Richtung. „Typisch für unsere alltägliche Arbeit sind Akten, Urkunden und Amtsbücher. Literatur haben wir auch, aber nicht in erster Line“, erläutert der stellvertretende Leiter.
Fünf Kilometer Aktenregale lagern im Mülheimer Hafen
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In einem Außenlager im Hafen verwahrt das Archiv städtische Altakten. „Das sind Mengen, die man sich gar nicht vorstellen kann“, sagt Roepstorff. Insgesamt kommen sechs Regal-Kilometer zusammen, von denen gute fünf belegt sind. Das meiste unterliegt einer Aufbewahrungsfrist, anschließend wird entschieden, was archivwürdig ist.
Jens Roepstorff hat von den 50 Jahren des Stadtarchivs fast die Hälfte miterlebt. Insgesamt bezeichnet er die Mülheimerinnen und Mülheimer schon als geschichtsinteressiert. „Es gibt zum Beispiel viele Menschen, die sich mit sich und ihrem Viertel beschäftigen“, berichtet er. Viele Buchprojekte hat das Stadtarchiv in seinen 50 Jahren begleitet. Aktuell entsteht beispielsweise ein Buch über die Geschichte der Mülheimer Polizei. „Wir machen ein kulturelles Angebot, das auf kulturelle Nachfrage antwortet“, fasst Dr. Pätzold zusammen.
Verlängerter Arm des Standesamtes: Spannende Unterlagen für Ahnenforscher
Als verlängerter Arm des Standesamtes verfügt das Stadtarchiv zudem über jede Menge interessantes Material für Familien- und Ahnenforscher. Dazu gehören etwa die Geburtsurkunde von Otto Pankok, die Heiratsurkunde von Joseph Thyssen oder die Sterbeurkunde von Karl Ziegler.
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Auch alte Zeitungen sind nachgefragt – die älteste ist von 1797 – und vor allem Fotos. „Wir könnten einen eigenen Mitarbeiter nur für das Fotoarchiv einstellen“, schmunzelt Roepstorff. Insgesamt gehören zum Team des Stadtarchivs zehn Mitarbeiter und damit so viele wie noch zu Aktienstraßen-Zeiten. Einen Pädagogen und einen Experten für die Digitalisierung könnten sich Pätzold und Roepstorff schon noch vorstellen.
Offizielle Feier am 1. September
Die offizielle Jubiläumsfeier zum 50. Geburtstag des Stadtarchivs steigt am 1. September um 18 Uhr im Vortragssaal des Hauses der Stadtgeschichte.
Mit Kurt Ortmanns und Dr. Kai Rawe sind die ersten beiden Archivleiter ebenso zu Gast wie die ehemaligen Kulturdezernenten Hans-Theo Horn, Ulrich Ernst und Peter Vermeulen sowie Alt-OB Dagmar Mühlenfeld.
Das Team des Archivs erinnert an besondere Ereignisse des zurückliegenden halben Jahrhunderts und stellt seine Arbeit vor. Eröffnet wird an diesem Tag die Jubiläumsausstellung, die bis zum 23. Dezember läuft.
Außerdem wird das Buch „Stadt – Archiv – Geschichte. 50 Jahre Stadtarchiv Mülheim an der Ruhr“ präsentiert. Alle Plätze der Veranstaltung sind vergeben.