Mülheim. Wegen eines Angriffs auf einen Polizisten in Mülheim stand eine 25-Jährige in der Berufungsverhandlung. Ein Fall, an dem nichts normal war.

Mit einem höchst kuriosen Fall von Widerstand, der sich am 21. Mai 2021 in Winkhausen ereignete, hatte es jetzt eine Berufungskammer des Landgerichts Duisburg zu tun. Da stand eine 25-Jährige mit ihrem Auto mitten auf der Freiherr-vom-Stein-Straße. Als ein Polizist das Verkehrshindernis zu beseitigen versuchte, hatte sie ihn gekratzt und ihm ordentliche blaue Flecken verabreicht. Doch offenbar war nichts so, wie es zunächst den Anschein hatte.

Denn die junge Autofahrerin hatte ihr Fahrzeug aus gutem Grund angehalten: „Es hat geknallt und im Rückspiegel tauchte ein Hund auf“, so die den Tränen nahe Angeklagte. „Ich dachte, ich kann doch jetzt nicht weiter fahren. Das wäre dann ja Fahrerflucht.“ Wie sich herausstellte, hatte sie wohl nicht den Hund, sondern nur dessen Spielball erwischt.

Polizist mit Campingwagen versetzte sich selbst zurück in den Dienst

Auch interessant

Nun allerdings tauchte der Polizist auf und soll in ziemlich burschikoser Weise auf das Verkehrshindernis aufmerksam gemacht haben. „Autos kamen da problemlos vorbei“, so die Angeklagte. Nur eben der Polizist nicht. Der nämlich war mit einem Campingwagen auf dem Weg in den Urlaub und hatte sich angesichts der ihn behindernden Verkehrslage kurzzeitig wieder in den Dienst zurückversetzt. Was grundsätzlich erlaubt ist.

Erst sollte die Frau ihren Wagen wegfahren. Nachdem sie den Mann, den sie nicht für einen Ordnungshüter gehalten haben will, beleidigt hatte, sollte sie stehenbleiben. Nun wollte die 25-Jährige wegfahren. „Da hat er sich über mich gebeugt und wollte meinen Zündschlüssel abziehen. Ich habe Panik bekommen und um mich geschlagen.“ Zu diesem Zeitpunkt, davon war die Berufungskammer überzeugt, hätte sie jedoch schon allein aufgrund der Tatsache, dass der Polizist seine Kollegen telefonisch um Unterstützung bat, mühelos wissen können, dass der Urlauber wirklich Beamter war.

Gericht senkte Strafe so, dass sie nicht im Führungszeugnis steht

Auch interessant

Der Verteidiger ließ deutlich erkennen, dass er Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Polizeiaktion hatte. Seine Mandantin allerdings entschloss sich nach langem Ringen doch dazu, eine pragmatische Lösung zu wählen. Sie beschränkte die Berufung auf das Strafmaß. Denn das Amtsgericht Mülheim hatte ihr in erster Instanz 100 Tagessätze aufgebrummt. Ab 91 Tagessätzen taucht so eine Strafe im polizeilichen Führungszeugnis auf und ist bei der Berufswahl hinderlich.

Nachdem es nicht mehr um die Tat an sich, sondern nur noch um die Höhe der Strafe ging, zeigte auch die Berufungskammer Verständnis. Sie senkte die Strafe wegen Widerstands, tätlichen Angriffs auf einen Polizeibeamten, Körperverletzung und Beleidigung auf 90 Tagessätze zu je 20 Euro.