Mülheim. Tierrechtsverstöße: Der Betreiber des stillgelegten Mülheimer Pferdepensionshofes scheitert vor Gericht. Was das für ihn und den Auehof bedeutet.
Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat der Stadt Mülheim im Streit um die verfügte Schließung der Pferdepension am Auehof in Saarn in vollem Umfang Recht zugesprochen. Die Stadtverwaltung machte klar, was nun passieren wird.
Das Veterinäramt war mit Unterstützung zahlreicher Ordnungs- und Polizeikräfte am frühen Morgen des 7. Juli zum Pferdepensionshof an der Mintarder Straße ausgerückt und hatte Betreiber Mario Bäcker (25) persönlich eine Ordnungsverfügung überbracht, die ihn wegen zahlreicher mutmaßlicher Verstöße gegen das Tierschutzrecht ad hoc mit einem Verbot zur Haltung und Betreuung von Tieren belegte. Bäckers Tiere wurden sofort beschlagnahmt.
Mülheims Veterinäramt nahm Pferdepension nach zahlreichen Beschwerden ins Visier
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Hinter vorgehaltener Hand werden insbesondere in der Pferde-Szene vielerlei Vorwürfe gegen Bäcker laut, offiziell und seit der Gerichtsentscheidung vom Mittwoch anerkannt sind die Gründe, die das städtische Veterinäramt geltend macht zur tiefgreifenden Entscheidung, Bäcker den Weiterbetrieb des Hofes unmöglich zu machen. Während das Veterinäramt bis heute die Liste mutmaßlicher Verstöße Bäckers gegen das Tierschutzrecht nicht öffentlich macht, hatte das Verwaltungsgericht schon im Juli auf Anfrage dieser Redaktion Vorwürfe benannt: So sei auf dem Hof verdorbenes Futter vorgefunden worden. Laut Veterinäramt fehle ein Witterungsschutz, die Haltungseinrichtungen seien zu klein, der Boden morastig, die Hygiene mangelhaft, die Wasserversorgung der Tiere und eine tierärztliche Versorgung kranker Tiere ebenso. Bäcker bestritt die Vorwürfe im Juli, sprach von „Schikane“.
Das Veterinäramt erklärte am Donnerstagnachmittag im Ausschuss für Bürgerangelegenheiten, Sicherheit und Ordnung, dass seit Bäckers Übernahme der Pferdepension im Mai 2021 „eine Vielzahl tierschutzrechtlicher Beschwerden“ bei der Behörde eingegangen seien. Betroffen gewesen seien alle auf dem Hof gehaltenen Tiere: Pferde, Rinder, Schafe, Stallkaninchen, Geflügel und Hunde. Zwölfmal habe das Amt den Betrieb daraufhin kontrolliert; „bei jeder Kontrolle wurden umfangreiche tierschutzrechtliche Mängel festgestellt“ – hinsichtlich Tierschutz und -seuche (auf dem Hof grassierte die Druse).
Aus für den Auehof: Verwaltungsgericht lehnt Eilantrag dagegen ab
Bäcker habe sich während der Überprüfung „zunehmend uneinsichtig“ gezeigt, habe weder auf mündliche Anordnungen reagiert noch auf Ordnungsverfügungen und Zwangsgelder, die gegen ihn verhängt worden seien.
Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat Bäckers gegen die städtische Ordnungsverfügung zum Tierhalte- und Betreuungsverbpot gerichteten Eilantrag nun abgelehnt. Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, dass die von der Stadt aufgeführten „wiederholten und grob tierschutzwidrigen Haltungsumstände“ als Begründung ausreichen, weil diese durch die Vor-Ort-Kontrollen und ein amtstierärztliches Gutachten sowie weitere entsprechende gutachterliche Stellungnahmen bestätigt seien.
Gericht erkennt „Schwere, Häufigkeit und Dauer der tierschutzrechtlichen Verstöße“ an
Dem hätten Hofbetreiber Bäcker und seine anwaltliche Vertretung „nichts Durchgreifendes“ entgegengesetzt. Insbesondere könnten zum Beispiel die von Bäcker geltend gemachten Erschwernisse bei der Wasserversorgung der Tiere aufgrund der Lage des Hofes im Landschaftsschutzgebiet keine Relativierung der Haltungsanforderungen rechtfertigen. Gleiches gelte für die Delegierung der Wasserversorgung an Mitarbeiter, da Bäcker als Halter und Betreuer trotzdem die Verantwortung dafür trage.
„Die Schwere, Häufigkeit und Dauer der tierschutzrechtlichen Verstöße, die Uneinsichtigkeit des Antragstellers und seine mangelnde Kooperationsbereitschaft rechtfertigen des Weiteren die Annahme, dass er weiterhin entsprechende Zuwiderhandlungen begehen wird“, fasste ein Gerichtssprecher die Entscheidung der 23. Kammer am Donnerstag zusammen.
„Immer wieder tierschutzrechtliche Verstöße nicht oder nicht vollständig beseitigt“
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Die Anordnung eines generellen Haltungs- und Betreuungsverbots sei auch verhältnismäßig, hieß es. Mildere Mittel, um eine adäquate Tierhaltung künftig sicherzustellen, kämen mit Blick auf das von Bäcker seit August 2021 gezeigte Verhalten nicht in Betracht, habe der Hofbetreiber doch trotz zwölf Kontrollen, mündlicher Anordnungen, sechs Ordnungsverfügungen und verhängten Zwangsgeldern „immer wieder tierschutzrechtliche Verstöße nicht oder nicht vollständig beseitigt“, seien neue aufgetreten und zum Teil „elementare Grundbedürfnisse der Tiere wie zum Beispiel die ausreichende Versorgung mit Wasser vernachlässigt worden“.
Auch die Beschlagnahmung und anderweitige Unterbringung der Tiere sei vor diesem Hintergrund als rechtmäßig zu beurteilen, so der Gerichtssprecher. Das Gericht gab der Stadt freie Hand, die beschlagnahmten Tiere nun – wie vorgesehen – mit Ablauf dieses Monats weiterzuveräußern. Laut Bericht der Stadtverwaltung für die Politik handelt es sich dabei um je vier Rinder und Hunde, je drei Pferde und Schafe sowie 17 Geflügeltiere und 16 Kaninchen.
Betreiber kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht einlegen
Gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtes kann Bäcker Beschwerde erheben, dann wäre das Oberverwaltungsgericht in Münster gefragt. Für die Stadtverwaltung machte Sprecher Volker Wiebels am Donnerstag klar, dass seine Behörde nach der Eilentscheidung des Verwaltungsgerichtes nun zur Tat schreiten und zunächst Käufer für die Tiere suchen werde.
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Des Weiteren werde man, wie gegen Bäcker verfügt, notfalls selbst per Räumung dafür Sorge tragen, damit der Pferdepensionshof in seiner jetzigen Form bis zum 1. Oktober aufgelöst sein wird. Wiebels bestätigte, dass gegen Bäcker wegen mutmaßlicher Verstöße gegen Umweltschutzauflagen in der Auelandschaft auch noch ein Verfahren bei der Unteren Landschaftsbehörde anhängig ist.
Hartnäckig haltendes Gerücht: Soll Bäckers Schwester den Betrieb weiterführen?
Hartnäckig hält sich derweil das bislang aber unbestätigte Gerücht, dass Bäcker versucht sein könnte, den Betrieb des Pferdepensionshofes über einen Kniff doch in Familienhand zu halten. Dazu, dass er seiner Schwester die Betreibergesellschaft übertragen haben könnte, will Bäcker auf Anfrage nichts sagen. Eine Anfrage dieser Redaktion beim Handelsregister ist noch unbeantwortet, der Stadt ist laut Wiebels dazu auch noch nichts bekannt.
Wiebels sagte am Donnerstag, dass noch kein neuer Betreiber vorstellig geworden sei und eine tierschutzrechtliche Erlaubnis zur Übernahme des Auehofes beantragt habe. „Wir werden jetzt aber besonders gut hinschauen“, kündigte Wiebels für den Fall eines zeitnahen Antrags an, „mit Sicherheit“ einen Fachkundenachweis einzufordern, der einen neuen Betreiber als Pferdewirtschaftsmeister, mindestens aber als Pferdewirt ausweise.
Mario Bäcker wollte sich am frühen Donnerstagnachmittag auf Anfrage der Redaktion „erst mal nicht dazu äußern“. Insofern bleibt offen, ob er eine Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht einlegen wird.