Mülheim. Am Donnerstagmorgen haben Polizei und Ordnungsamt in Mülheim auf einem Pferdehof Zwangsmaßnahmen vollzogen. Was zum Einsatz bekannt ist.
- Das Mülheimer Veterinäramt hat am Donnerstagmorgen einen Pferdehof räumen lassen.
- Der Vorwurf: Auf dem Auehof sei es zu Verstößen gegen das Tierschutzrecht gekommen.
- Der Pächter kündigte rechtliche Schritte gegen das Veterinäramt an.
Alle Tiere müssen raus: Wegen mutmaßlich erheblicher Verstöße gegen das Tierschutzrecht hat das Mülheimer Veterinäramt einen Pferdehof räumen lassen.
Der Einsatz lief am Donnerstag auf dem Auehof an der Mintarder Straße in Saarn, direkt am Fuße der Mendener Brücke gelegen. Dem Betreiber des Hofes war am Donnerstagmorgen gegen 7 Uhr mit ordnungsrechtlicher Verfügung der Stadtverwaltung der Betrieb des Reiterpensionshofes ab sofort untersagt worden. 40 Pensionspferde sind dort untergebracht, dazu laut Stadtsprecherin Tanja Schwarze „laut Aktenlage“ fünf Pferde des Betreibers sowie vier Hunde, Schafe, Rinder und Hühner.
Mülheims Veterinäramt sieht „über einen gewissen Zeitraum mehrere Verstöße“
Per Verfügung sei dem Hofbetreiber untersagt worden, in Zukunft noch Tiere zu halten. „Der Hof wird aufgelöst“, so die Stadtsprecherin. Zu Details, was dem Hofbetreiber genau für Verstöße vorgehalten werden, wollte sich Schwarze am Donnerstag mit Verweis auf das laufende Verfahren nicht äußern. Sie sagte nur, dass es „über einen gewissen Zeitraum mehrere Verstöße“ gegen das Tierschutzrecht sowie Mängel gegeben habe. Der Betreiber habe „keine Einsicht gezeigt“, diese Mängel zu beheben. Dem Veterinäramt sei so keine andere Möglichkeit geblieben, als jetzt entschieden einzugreifen.
Das Amt soll auf Beschwerden hin aktiv geworden sein. Betreiber Mario Bäcker, der den Hof seit vergangenem Jahr gepachtet hat, kündigte vor Ort rechtliche Schritte gegen das Vorgehen des Veterinäramtes an. „Die Beschuldigungen sind in keinem Fall zutreffend“, sagte er, wollte sich öffentlich aber auch nicht zu den behördlichen Vorwürfen äußern, bevor er nicht Rücksprache mit seinem Anwalt gehalten habe. „Unsere Familie tut hier alles, damit es den Tieren gut geht“, so Bäcker, der den Hof nach eigener Aussage mit drei Angestellten und sechs Familienangehörigen unterhält und im Juli vor einem Jahr übelst vom Ruhr-Hochwasser getroffen worden war.
Alle Tiere vom Mülheimer Hof brauchen schnell eine neue Unterkunft
Alle Tiere müssen den Hof nun wegen mutmaßlich unzumutbarer Bedingungen in der Unterbringung verlassen. Die Hunde sind abtransportiert. Es wurden fortlaufend auch noch die Halter von Pensionspferden darüber informiert, dass sie sich einen neuen Stall für ihre Vierbeiner suchen müssen. Wenn sie denn erreichbar waren in der Ferienzeit. Schon am späten Morgen reihten sich an der Mintarder Straße Autos und Tiertransporter aneinander. Menschen warteten darauf, Tiere abzuholen oder zur Versorgung ihrer Pferde auf den Hof zu kommen.
Doch Zutritt sollten sie erst am Nachmittag bekommen. Zahlreiche Einsatzkräfte der Stadtverwaltung, aber auch zahlreiche Polizisten riegelten das Hofgelände bis dahin ab. Laut Stadtsprecherin Tanja Schwarze galt es unter anderem den Gesundheitszustand der Tiere zu überprüfen. Auch zeige sich der Hofbetreiber nicht kooperativ bei der Klärung, welche Pferde womöglich ihm gehören und welche Pferdebesitzern, die sich am Auehof eingemietet haben.
Halter haben maximal zwei Monate Zeit, um Pferde anderweitig unterzubringen
Zwei Monate Zeit zum Umzug ihrer Pferde gewähre das Veterinäramt den Besitzern, so Schwarze. So lange könnten die Pferde noch auf dem Auehof verbleiben. Halter mussten am Donnerstag aber direkt vor Ort schriftlich erklären, dass sie die Selbstversorgung ihrer Tiere verantworten werden. Zwei Monate, so hofft Schwarze, seien hoffentlich „genügend Zeit“, um die Einstaller anderweitig unterbringen zu können.
Das sahen viele der Pferdebesitzer am Donnerstagmorgen anders. Seit Oktober mache am Hof die Druse die Runde und sei nicht im Griff. Die Druse ist eine hoch ansteckende bakterielle Infektionserkrankung – häufige Symptome bei Pferden sind Fieber, Fressunlust, Mattigkeit, Nasenausfluss sowie geschwollene Lymphknoten. Die Bakterien seien überall, hieß es. Andere Höfe weigerten sich, Pferde aus solchen Ställen bei sich aufzunehmen.
Pferdehalter: Infektionskrankheit Druse grassierte seit Herbst auf dem Hof
Dass Betreiber Bäcker diese Infektionskrankheit nicht durch einen Aufnahmestopp für neue Pferde bekämpft habe, beklagten mehrere Halterinnen am Donnerstag. „Wir können unsere Pferde ja jetzt schlecht in unseren Garten stellen.“
Ansonsten haben alle Halter, die diese Redaktion am Donnerstag vor Ort antreffen konnte, wenig auszusetzen am Hofbetrieb. „Die Versorgung war in Ordnung. Die Paddocks ebenfalls; sie waren immer sauber eingestreut“, war da übereinstimmend zu hören. Der Betreiber habe einen guten Umgang mit den Pferden gepflegt und sich umgehend gekümmert, wenn mal Mängel aufgefallen seien. Bäcker habe einen neuen Offenstall gebaut, auf dem Hof sei „viel gearbeitet“, es sei „viel verschönert“ worden – und es habe noch viele Pläne gegeben.
Im Netz häuften sich zuletzt miserable Kritiken an dem Mülheimer Auehof
Aber es gab durchaus Kritik, dass den Tieren – „das ist aber anderswo auch so“ – zu wenig Heu zur Verfügung gestellt worden sei. Im Offenstall sei auch schon mal nur eine von zwei Heuraufen gefüllt gewesen, so dass schwächere Pferde zu kurz gekommen seien. Probleme habe es auch immer wieder gegeben mit einem ausgebüxten Schafbock und Kühen, die auf der Ovalbahn des Hofes umhergelaufen seien. „Da gab es Probleme, die Pferde reinzuholen“, so eine Halterin, die wie alle anderen an diesem Donnerstag anonym bleiben wollte.
Im Internet häuften sich derweil in den vergangenen Wochen auffallend miserable Bewertungen für den Auehof. Die mitunter geäußerte Kritik etwa an unzureichender Tierversorgung ließ sich am Donnerstag aber nicht überprüfen.
Veterinäramt konnte noch nicht alle Pferdehalter erreichen
Die Pferdehalter vom Auehof jedenfalls sind geschockt, jetzt so plötzlich ohne Unterkunft für ihre Vierbeiner dazustehen. Gegen 15.30 Uhr beendeten Stadtverwaltung und Polizei ihren Einsatz vor Ort. Drei Pferde seien Pächter Bäcker einwandfrei zuzuordnen gewesen, sie seien abtransportiert worden, so Stadtsprecherin Schwarze. Noch waren nicht alle Halter erreicht worden. Die Versorgung der Pferde werde aber auf jeden Fall sichergestellt, so Schwarze.