Mülheim. Wegen mutmaßlicher Tierschutz-Verstöße will Mülheims Veterinäramt die Pferdepension des Auehofes schließen. Jetzt äußerte sich der Hofbetreiber.
Am Tag nach der konzertierten Aktion von Stadtverwaltung und zahlreichen Kräften der Polizei gegen einen Weiterbetrieb des Pferdepensionshofes an der Mintarder Straße erhebt Betreiber Mario Bäcker schwere Vorwürfe gegen das Mülheimer Veterinäramt. Das Vorgehen gegen ihn sei „reine Schikane“, so der 25-Jährige, der zwischenzeitlich Strafanzeige bei der Polizei erstattet hat.
Jene Anzeige von Donnerstagabend bestätigte die Polizei auf Nachfrage, ohne sich allerdings zu mutmaßlichen Straftaten zu äußern, die Bäcker unterstellt. Die da nach seiner eigenen Schilderung wären: Unterschlagung, Diebstahl, Amtsmissbrauch ...
Veterinäramt hat gegen Betreiber der Pferdepension ein Haltungsverbot verhängt
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Am Donnerstagmorgen waren Mitarbeiter vom Veterinär- und Ordnungsamt mit Amtshilfe der Polizei zum Pferdepensionshof im Schatten der Mendener Brücke in Saarn ausgerückt, um per Ordnungsverfügung den Weiterbetrieb des Hofes zu untersagen und Bäcker wegen mutmaßlicher Verstöße gegen das Tierschutzrecht ein Tierhaltungsverbot auszusprechen. Drei der 45 auf dem Hof lebenden Pferde waren beschlagnahmt worden, darüber hinaus Hunde, Schafe, Kühe und Hühner. Besitzer von Pferden, die einen Stall in der Ruhraue angemietet haben, sind aufgefordert, binnen zwei Monaten eine alternative Unterbringung für ihre Vierbeiner zu organisieren und bis dahin die Versorgung der Pferde selbst zu verantworten.
Bäcker lud die Redaktion am Tag nach dem Behördeneinsatz zu einem Rundgang auf den Hof und dem weiträumigen Areal ein, um sich ein Bild von den Haltungsbedingungen zu machen. Er sieht sich zu Unrecht seit längerer Zeit auf dem Kieker des Veterinäramtes, sieht in der Versorgung und Unterbringung der Tiere keinerlei Probleme, mehr noch: Er sieht seinen Hof, den er seit Mai 2021 als Pächter führt, in Sachen artgerechter Haltung gar in einer Ausnahmeposition. Auf dem weitläufigen Gelände könnten die Tiere sich sowohl im Winter als auch im Sommer viel bewegen, seien möglichst wenig im Stall. Sie hätten im Freien schattige Plätze, immer ausreichend Wasser und Heu.
Betreiber des Auehofes sieht in der Versorgung der Tiere keinerlei Mängel
Dem Veterinäramt wirft Bäcker Willkür vor. So habe eine Mitarbeiterin bei einer Kontrolle etwa eine leere Wasserwanne fotografiert als vermeintlichen Beweis für eine unzureichende Versorgung, obwohl direkt nebenan zwei gefüllte Wannen gestanden hätten wie auch noch anderswo auf dem Areal Wasserplätze vorhanden seien. „Wenn eine Wanne mal 15 Minuten leer ist, stirbt kein Pferd davon“, so Bäcker. Bei einem Ausritt seien die Tiere länger ohne Wasser.
Alle Pferde seien gut genährt, so der Hofbetreiber. Dass das eine oder andere ein paar Kilos zu wenig habe, sei dann ihrem Alter geschuldet.
„Wir haben hier keine Pferde, die hier knietief in der Scheiße stehen“
„Wir haben hier keine Pferde, die hier knietief in der Scheiße stehen“, sagt Bäcker mit Verweis auf Zustände, die es laut seiner Aussage beim früheren Pächter gegeben haben soll. Dafür habe er viel investiert, etwa ein neues Paddock mit Drainagen gebaut. Das Amt aber habe seine Nachweise nicht anerkannt, gar behauptet, etwa jene Rechnungen für eine Drainage nie erhalten zu haben.
Insgesamt sei man weiter im Umbau des alten Hofes, „wir haben aber schon echt viel geschafft“. Alle Pferde stünden mittlerweile im Trockenen. Das sei das Erste gewesen, für das er nach der Übernahme des Hofes gesorgt habe. Auch die Boxen in den Ställen seien größer als das Mindestmaß. Das Klima in den Ställen sei gut, im Sommer kühl. Dass dort gutes Klima herrsche, bewiesen schon die Schwalben, die hier nisteten.
Mülheimer Pferdewirt: „Wir waren monatelang drusefrei“
Den Vorwurf, der grassierenden Infektionskrankheit Druse auf seinem Hof nicht entschieden entgegengewirkt zu haben, weist Bäcker ebenfalls zurück. „Wir waren monatelang drusefrei“, schildert der gelernte Pferdewirt Bäcker die Lage auch anders, als es einige seiner Mieter am Vortag getan hatten. Die Druse sei auf den Hof zurückgekehrt durch zwei neue Pferde. „Wir haben alles getan, was wir konnten. Es war kein Pferd in Lebensgefahr“, sagen Bäcker und seine Lebensgefährtin Karla Jostes. Immer seien Tierärzte in die Behandlung der Pferde involviert gewesen.
Absonderliche Vorgaben seitens des Veterinäramtes beklagt Bäcker. „Sie wollten einfach nur ihre Maßnahmen umsetzen“, sagt er mit Blick auf einen zusätzlichen Weidezaun, den die Behörde für die Haltung von vier Kühen und drei Schafe habe einbauen lassen. Dieser habe nicht mal unter Strom gestanden. Zudem sei er so labbrig aufgebaut worden, dass er das eine oder andere Mal ein Schaf, das sich darin verheddert habe, habe befreien müssen. Einen Sinn in dem behördlich verordneten Zusatzzaun erkennt Bäcker jedenfalls nicht.
Hofbetreiber will mehrere Dienstaufsichtsbeschwerden eingereicht haben
Auch eine Verletzung eines Schafes habe das Veterinäramt angeführt, um ihm Vergehen gegen das Tierwohl vorzuwerfen, berichtet Bäcker. Dabei habe sich das Schaf lediglich die Ohrmarke abgerissen. Es habe „ein bisschen geblutet“ und sei vom Tierarzt behandelt worden.
Mehrere Dienstaufsichtsbeschwerden gegen eine Mitarbeiterin des Veterinäramtes habe er in der Vergangenheit gestellt, „seitdem wurde es immer schlimmer“. Dass das Amt nun am Donnerstag unter anderem zwei trächtige Stuten voneinander getrennt und dem Stress eines Transportes ausgesetzt habe, sei ein „hohes Risiko“, will Bäcker das Amt in Regress nehmen, sollte den ungeborenen Fohlen was passieren. Zumal seien die drei beschlagnahmten Stuten gar nicht mehr seine, er habe sie verkauft.
Stadt Mülheim kontert: Zwangsmaßnahmen auf Basis umfangreicher Prüfung
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Auf Anfrage reagierte die Stadtverwaltung noch am Freitagnachmittag auf die Vorwürfe des Hofbetreibers. „Wir nehmen die eigene Sichtweise des Hofbetreibers zur Kenntnis, die nicht den vorliegenden Dokumentationen des Veterinäramtes entsprechen“, so Stadtsprecherin Tanja Schwarze. Einer solch weitreichenden und tiefgreifende Maßnahme des Veterinäramtes – samt Beschlagnahmung von Tieren und der Verhängung eines Tierhaltungs- und Betreuungsverbotes – sei aber eine umfangreiche Prüfung des Falls vorausgegangen. „Man darf davon ausgehen, dass das Veterinäramt einen solchen Eingriff in die Persönlichkeitssphäre nicht ohne triftige Gründe vornimmt“, so Schwarze. „Wir warten nun ab, ob es zu einer gerichtlichen Klärung kommen muss.“
Bäcker kündigte am Freitag Klagen an. Derweil hat die Stadtverwaltung bis auf wenige Halter alle erreichen und zur Sache informieren können. Für Halter, die man nicht habe erreichen können, würden Bekannte aus dem Stall vorerst die Versorgung der Tiere übernehmen, hieß es.