Mülheim. Bevor drei Planungsbüros im Oktober ihre Ideen zum Mülheimer Flughafen einbringen, will die Stadt ihre Bürger beteiligen. So reagierten sie.
Wie sollte ein Gewerbepark der Zukunft auf dem Flughafenareal aussehen? Zur Bürgerversammlung im Raadter Hangar am Freitagabend gehen die Meinungen dazu zwischen den mehr als 80 Interessierten weit auseinander: „Integriert ins Wohnungsumfeld“ finden die einen, „auf jeden Fall nicht hier“ die anderen. Wie aber soll die scheinbar endlose Debatte um einen „Masterplan Flughafen“ nun weitergehen?
Die pragmatische Antwort: Zunächst mit dem Planungs-Wettbewerb und einem Jury-Entscheid am 26. Oktober. Drei Entwürfe reichen die konkurrierenden Planungsbüros ein, einen Gewinner wird es geben. Die Politik jedoch debattiert und entscheidet unter allen drei Entwürfen, versichert der Dezernent für Stadtentwicklung Felix Blasch.
Beteiligung: Planer sollen Bürgerideen für den Wettbewerb einbeziehen
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Der lang diskutierte Freitagabend aber hatte dennoch einen guten Zweck: Blasch will die Mülheimerinnen und Mülheimer deutlich früher mit ins Boot holen, als es eigentlich vorgeschrieben wäre – nämlich vor den Entwürfen. „Die Planer sollen die Bürgerideen bereits mit einbeziehen“, so der seit Mai amtierende Dezernent. Und auch nach der Vorstellung der Planungsergebnisse sollen Bürger weiter beteiligt werden. Es scheint seitdem ein neuer Wind zu wehen.
Nachdem Grüne und CDU vor einem Jahr in den städtischen Masterplan eines umfassenden Gewerbeparks mit Wohnbebauung für 6000 Menschen grätschte, dreht sich weiterhin alles um die Frage, wie umfassend dort gebaut werden soll. Und ob die Bebauung einen Flugbetrieb nach dem Jahr 2034 vorsieht.
Das Luftschiff Theo könnte allerdings auch ohne allgemeinen Flugbetrieb von dem Gelände abheben, erläutert Ingenieur Lars Römling, der von der Westdeutschen Luftfahrtgesellschaft WDL mit dem Projekt der Eventhalle beauftragt ist. Die neue Halle, die ab September gebaut wird, öffne ihre eindrucksvollen je 400 Quadratmeter großen Flügel entsprechend so, dass Theo ein- und aussteigen kann.
Naturschützer könnten mit einer kleineren Bebauung leben
Zwei Planungsgrößen stehen aber nach wie vor im Raum: Die Stufe 1 (blau) sieht eine Entwicklung von 12,2 Hektar für das Gewerbe vor, Stufe zwei (gelb) zieht sich tiefer in das Landefeld hinein und umfasst noch einmal 15,5 Hektar. Damit wäre es allerdings nicht nur mit dem Fliegen vorbei, sondern womöglich auch mit Feldlerche, Steinschmätzer, Rotmilan, Bussard…, zählt Elke Brandt vom Mülheimer Naturschutzbund Nabu auf. „Mit einer Bebauung der blauen Zone könnten die Naturschützer aber leben“, erläutert sie.
Im ersten Feld sind jedoch schon Firmen gesetzt, bevor die Planungsentwürfe überhaupt öffentlich debattiert sind: Die Werkstattkette Pitstop hat längst mit dem Bau ihrer Firmenzentrale für rund 100 Büroarbeitsplätze begonnen, die Aachener DudoQ Real Estate GmbH will auf 8000 Quadratmetern weitere drei Bürokomplexe für 450 Arbeitsplätze sowie ein Parkhaus für 200 Stellplätze errichten. Die Baugenehmigung liege vor. Eines der Bürogebäude sei auch bereits komplett an Köster Bau vermietet, teilt die beauftragte Architektin Erika Ritterrath mit.
Investoren wollen „nachhaltig bauen“
So ist bereits ein Teil für den gewünschten „hochwertigen, innovativen Gewerbepark“ mit „wissens- und technologieorientiertem Gewerbe“ und „Forschungskooperationen“ bereits abgesteckt. Doch ohne die Zugeständnisse, so Blasch, hätte man Pitstop und Köster Bau wohl an andere Städte verloren.
Nachhaltiges Bauen wollen sowohl DudoQ als auch WDL auf dem Gelände verfolgen. Das Freigelände um die Luftschiffhalle wird entsiegelt und ein Feuchtbiotop soll den Niederschlag aufnehmen. Mit Fassadenbegrünung des Parkhauses sowie Dachbegrünung und Photovoltaikanlagen auf allen Dachflächen der Bürogebäude will DudoQ klimaschonend wie auch energetisch zeitgemäß bauen.
Kritik an der „scheibchenweisen“ Vermarktung
Warum allerdings weitere Bürokomplexe notwendig seien, leuchtet einigen Zuhörern nicht ein, zumal ein anderes Gebäude mit Büroräumen in unmittelbarer Nähe weiterhin leer stünde und offenbar keine Mieter findet. Das sei aber älter und daher nicht mehr zeitgemäß, argumentiert Blasch, man könne niemanden zwingen dort anzumieten.
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Am Bedarf zweifelt der Dezernent auch für Wirtschaftsförderung indes nicht – „wir haben in Mülheim zu wenige Gewerbeflächen“ – und entgegnete dies auch der Kritik, die Stadt müsse bei der Leistung der Infrastruktur in Vorkasse gehen, ohne genau den Bedarf und die künftigen Mieter zu kennen. Auch aus diesem Grund gehe die Stadt bei der Vermarktung „stückweise“ vor.
Eine Sorge: Künftig noch mehr Lärm?
Nicht jeder zeigte sich von den möglichen neuen Nachbarn begeistert: Neben weiteren Lärm befürchten manche Raadter auch enormen Verkehr, der eben nicht über einen neuen Bürgerradweg, sondern per Lkw und Pkw durch den Stadtteil braust. Dass man vor gut zehn Jahren die Straßenbahn stilllegte und erst kürzlich abbaute, ist eine oft gehörte Kritik. Zum Fluglärm könnte sich nun auch verstärkt der Pendler- und Lieferverkehr gesellen. Die Lärmbelästigung am Schürfeld sei „bereits am Limit“, mahnt ein Anwohner. „Jede weitere Zunahme würde Wohnen und Gartennutzung nur mit Schallschutzmauern oder Tempo 30 lebenswert halten.“