Mülheim. Die lange Liebesgeschichte von Horst und Renate Rhein aus Mülheim begann holprig. Doch sie beweist: Ein zweiter Versuch lohnt sich durchaus.

Mit ihrer gemeinsamen Ehe-Geschichte, die jetzt seit 65 Jahren währt, haben Renate und Horst Rhein vielen Paaren etwas voraus. Am heutigen Mittwoch feiern die beiden Mülheimer Eiserne Hochzeit. Darauf hätte anfangs wohl niemand gewettet. Denn der erste Anlauf ging schief. Die erste Trennung kam früh.

An Weihnachten 1953 lernten sie sich kennen, in Sierße, einem niedersächsischen Dorf. Dort war Tanz. Horst mit seinen Jungs vom Fußballverein ging hin und holte Renate auf die Tanzfläche, die damals noch Schmidt hieß. Doch die junge Liebe, die hier ihren Anfang nahm, hielt nicht lange. „Sie hat drei Monate später Schluss gemacht“, sagt Horst Rhein, inzwischen 87 Jahre alt. Warum, wisse er bis heute nicht.

Mülheimer Paar kam 1954 auf der Kirmes zum zweiten Mal zusammen

Auch interessant

Zum Glück gab das Leben den beiden eine zweite Chance: im Herbst 1954, als in Vechelde Kirmes und Horst mit seinen Kumpels mal wieder unterwegs war. Er traf Renate, sprach sie an, wagte einen neuen Versuch. Diesmal mit deutlich größerem Erfolg. Die Hochzeit der jungen Leute am 27. Juli 1957 war „eine Haustrauung“, wie die beiden berichten. Unfreiwillig, denn da die Braut bereits schwanger war, verweigerte der Pfarrer ihnen das Fest in der Kirche.

Am 27. Juli 1957 heirateten Renate und Horst Rhein in Weiß, aber nicht in der Kirche. Der Pfarrer stellte sich quer, weil die Braut schon ein Kind erwartete.
Am 27. Juli 1957 heirateten Renate und Horst Rhein in Weiß, aber nicht in der Kirche. Der Pfarrer stellte sich quer, weil die Braut schon ein Kind erwartete. © Rhein

Ein „netter Pastor“ sprang dann ein, und der Unmut in ihren Familien hielt sich offenbar auch in Grenzen. Renate Rhein (85) erwähnt noch, dass sie das Brautkleid ihrer Schwester trug. Nach dem ersten Kind kamen noch zwei weitere auf die Welt, später folgten fünf Enkel und sechs Urenkelkinder.

Horst Rhein bewachte als Zollbeamter das deutsch-deutsche Grenzgebiet

Horst Rhein, der ursprünglich das Kfz-Handwerk gelernt hatte, war nur kurz als Geselle, danach lange als Zollbeamter tätig. Er bewachte, „mit MP und Funkgerät“, die innerdeutsche Grenze in der Nähe des damaligen Übergangs Helmstedt. Die junge Familie zog um, nach Büddenstedt. 1969 wurde Horst Rhein zum Hauptzollamt in Essen versetzt, wo er bis zum Ruhestand blieb. Alle fanden ein neues Zuhause in Mülheim-Heißen. Renate Rhein, ausgebildete Verkäuferin, arbeitete im früheren Mülheimer Kaufhaus Berger & Lindner, wechselte später zum Anzug-Center auf der Bachstraße.

Ursprünglich stammt die heute 85-Jährige aus Hamburg, wo sich im Sommer 1943 auch die schlimmste Katastrophe ihres Lebens ereignete. Weite Teile der Hansestadt wurden durch massive Bombenangriffe zerstört, auch das Haus ihrer Familie. Zum Glück war die kleine Renate mit ihrer Mutter und ihren Geschwistern zu diesem Zeitpunkt bei Verwandten in Peine – „sonst würde ich nicht mehr leben“. Beim Bombenangriff seien alle Hausbewohner getötet worden. In Niedersachsen startete die Familie dann neu, auch der Vater kehrte aus dem Krieg zurück, ebenso wie der Vater ihres späteren Ehemannes Horst Rhein.

Liebstes Urlaubsziel ist Texel

https://www.waz.de/staedte/muelheim/gefluechtete-ukrainerin-101-putin-muss-voellig-krank-sein-id234896633.htmlIhre vielen gemeinsamen Lebenjahre, erst im östlichen Niedersachsen, dann im Ruhrgebiet, schildern die Eheleute als überwiegend glücklich und ruhig. Den Haushalt bewältigen sie weiterhin alleine, erledigen Einkäufe zu Fuß, allerdings musste Horst Rhein wegen eines Augenleidens einige Dinge aufgeben, die er früher genossen hat. Radfahren beispielsweise. Lieblingsziel gemeinsamer Urlaube war und ist Texel, doch auch Flugreisen haben sie unternommen, waren in Italien, auf Formentera.

Atomschutzbunker unter dem Haus

Im Keller des Wohnhauses von Horst und Renate Rhein im Rumbachtal gibt es eine Besonderheit: einen Atomschutzbunker.

Das Gebäude mit einem Fundament aus Granit stammt aus den späten achtziger Jahren, der Bunker ist derzeit aber nicht betriebsbereit. Er wird von Rheins und ihren Nachbarn als Tiefgarage genutzt.

Im Wohnzimmer von Renate und Horst Rhein hängt, großformatig, ein Hundefoto – Erinnerung an ihren Dackel Dixi. Er ist verstorben, ebenso wie sein Nachfolger Cherry, den sie aus dem Tierheim geholt hatten. Ein Glück, dass auch ihre jüngste Tochter Hunde liebt. Wenn Frauchen arbeitet, nehmen sie Flippy in ihre Obhut. Fast täglich und liebend gerne.

Motorradausflug in den Fünfzigern: die Mülheimer Horst und Renate Rhein als junges Paar auf einer alten BMW.
Motorradausflug in den Fünfzigern: die Mülheimer Horst und Renate Rhein als junges Paar auf einer alten BMW. © Rhein