Mülheim. Ein Verkehrsgutachten hat die Hürde für den Dirtbike-Park im Mülheimer Uhlenhorstwald hoch gehängt. Anwohner stellen sich gegen Baumfällungen.
Wird ein legaler Mountainbike-Parcours für Mülheim am Großen Berg kurz vor dem Ziel noch scheitern? Ein Verkehrsgutachten, das ein Fällen von 24 Bäumen sowie 13 Kronenschnitten im Landschaftsschutzgebiet zur Bedingung macht, hat dem Verein „Trailriders“ hohe Hürden in den Weg gelegt. Hinzu kommt: Eine Petition gegen die geplanten Baumfällungen erzeugt weiteren Widerstand. Mehr als 200 Anhänger haben sie unterzeichnet. Dabei verfolgen diese eine ganz andere Absicht.
„Wir sind nicht grundsätzlich gegen einen Parcours“, stellt Ute Menzel gleich klar. Sie rief die Petition ins Leben, als sie von der Maßnahme in der Zeitung las. Doch 24 Bäume und wertvollen Lebensraum für heimische Tiere zu zerstören, um an dieser Stelle eine legale Strecke auszubauen, wollen sie und Anwohnerin Ute Peschke nicht hinnehmen. Notfalls würden sie auch rechtlich klagen wollen.
Blaue Markierungen an einigen Bäumen: Sollen diese gefällt werden?
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Blaue Markierungen haben die Speldorferinnen an vielen Bäumen auf der ehemaligen illegalen Strecke ausgemacht. „Darunter sind etliche Eichen mit sehr dickem Umfang – die sind gut hundert Jahre alt und immer noch vital“, schätzen Menzel und Peschke. Durch junge Ersatzpflanzungen, wie es in einem externen Gutachten vorgeschlagen wird, ließen diese Luft-Lieferanten sich nicht ersetzen. Die Frauen sind über den Vorschlag empört: „Hat die Stadt noch nie von Klimawandel gehört?“ Doch welche Bäume werden fallen, welche nur beschnitten und von toten Ästen befreit?
Das geht allein aus einem externen Gutachten hervor, welches jedoch gegenüber der Öffentlichkeit unter Verschluss steht. Auch die Presse erhält auf Anfrage keinen Einblick. Ebenso unklar ist auch der genaue Verlauf des Parcours. Menzel und Peschke hingegen können zeigen, wie weit verzweigt in das Wäldchen am Großen Berg bereits die damalige illegale Piste verlief. Die Natur hat in diesem Raum nach einem Jahr nur zaghaft wieder Fuß gefasst.
Aber auch dort findet man die blauen Markierungen an Bäumen. Soll die Piste in dem gleichen Umfang nun legal wieder hergestellt werden? Auch der künftige Parcours ist derzeit noch unter Verschluss. Es sei ja nur ein Entwurf, man wolle nicht über Unfertiges reden. Das aber lässt Raum für Spekulationen.
Anwohnerin: Manche Mountainbiker haben den Ausbau übertrieben
„Die damalige ,Sieben-Hügel-Bahn’ gab es 30 Jahre lang, sie hat niemanden gestört. Wir haben mit den Jugendlichen und Erwachsenen reden können, wenn es Probleme gab, den Müll auch mal weggeräumt. Dann haben manche Mountainbiker es aber mit dem Ausbau übertrieben“, sagt Peschke. Der Gegenvorschlag der beiden Frauen: Den einstigen Kernbereich könne man gestalten, ohne Bäume zu opfern. Und auf weite Nebenstrecken verzichten.
Natur opfern? Das wollen auch die Trailriders als zukünftige Betreiber des Parcours nicht. „Im Gegenteil. Nach unserem Willen müsste hier kein einziger Baum fallen“, sagt der Vereinsvorsitzende Max Reinartz. Doch die abrupte Beseitigung der Strecke durch den damaligen Umweltdezernenten Peter Vermeulen vor einem Jahr und ihre jetzige Legalisierung haben ein rechtliches Problem für die Stadt überhaupt erst geschaffen: „Wir müssen offizielle Wege verkehrssicher gestalten“, sagt Ralf Wind vom Mülheimer Sportservice.
Legal heißt „verkehrssicher“: Stadt steckt in einem Dilemma
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Selbst wenn 30 Jahre lang hier kein Baum umfiel und niemand, der bislang hier wanderte und illegal Radkunststücke wagte, durch Äste zu schaden kam. „Sobald es eine offizielle Strecke ist, wird uns jedes Gericht zur Verantwortung ziehen“, schildert Wind das Dilemma. Vorher galt das Betreten des Waldes über inoffizielle Schneisen auf eigene Gefahr. Deshalb müssen Kronen von fallendem Totholz befreit und Bäume beseitigt werden – es handele sich aber hauptsächlich um tote Bäume, beteuert Wind.
Trailrider-Chef Reinartz will „gute Lösungen für Kinder und Jugendliche. Die Strecke soll nur so gestaltet werden, wie sie mal war.“ Er zieht aber auch einen Vergleich: „Würden heute neue Strecken für Reitpferde geschaffen werden – oder bestehende Pfade genauso wie beim Mountainbike-Parcours geprüft werden – würden wohl weitaus mehr Bäume gefällt werden als bei unserer Strecke“, glaubt Reinartz. Es hänge allein davon ab, wie eng man die Regeln für die Verkehrssicherheit auslege.
Wann die legale Piste umgesetzt wird? Das wagen weder die Trailriders noch der Mülheimer Sportservice zu prognostizieren. Denn die Pläne und Gutachten müssen noch durch den Naturschutzbeirat im September. Der zeigte sich in der Vergangenheit in der Frage gespalten. Und auch die Befürworter der Petition – die Öffentlichkeit – wird man anschließend überzeugen müssen. Die aktuelle Frage nach der Umsetzung lautet daher nicht wann, sondern eher: ob.
Petition hat 167 Befürworter
In gerade einmal acht Tagen hat Ute Menzels Petition „Keine Abholzen im Mülheimer Uhlenhorst“ am Dienstagabend 167 Befürworter überzeugt.
Gut 60 hätten dies außerdem auf Papier bekundet, sagt Menzel, „einige Listen sind auch noch im Umlauf“. Die Kommentare zur Petition beziehen sich jedoch selten gegen den Mountainbike-Parcours, sondern in erster Linie gegen die Folgen – die Baumfällungen.
Die Petition findet man im Internet unter: www.petitionen.com/kein_abholzen_im_mulheimer_uhlenhors