Mülheim. Mit Spannung hatten Radsportler und Naturschützer die Gespräche im Mülheimer Naturschutzbeirat erwartet. Wo es Konflikte gibt, und wo Annäherung.

Durchaus mit Spannung auf beiden Seiten hatten Mountainbiker und Naturschützer die Sitzung des Naturschutzbeirates am Mittwochabend erwartet. Denn nicht nur hatten Umweltverbände, die Teil des Beirats sind, im Vorfeld einen legalisierten Parcours am Großen Berg deutlich abgelehnt, sondern auch der Beirat selbst hätte die Macht, den Bikern viel Sand ins Getriebe zu streuen und eine Legalisierung vorerst zu verhindern.

Und drittens hatte hinter den Kulissen etwas anderes die Temperatur einiger Beiratsmitglieder steigen lassen: Einen weiteren illegalen Mountainbike-Parcours im Wambachtal, an dem Unbekannte zum Teil tiefe Löcher gegraben, Baumwurzeln freigelegt und den Bach mit Baumstämmen angestaut haben. Auch wenn dies mit dem gewünschten Parcours nicht in Zusammenhang steht, war mancher alarmiert.

Vorsichtige Tuchfühlung auf beiden Seiten

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Die erste Tuchfühlung zwischen dem Radsportverein „Trailriders Ruhr“ und den Beiratsmitgliedern verlief daher äußerst vorsichtig. Dietrich Rhode vom Naturschutzbeirat machte vorab deutlich: „Wir sind nicht die Querulanten, wir wollen ins Gespräch kommen.“ Die Trailriders legten ihr Konzept für einen „Dirt-Bike-Parcours“ im Speldorfer Wald dar und betonten an vielen Stellen, dass es um eine „umweltverträgliche Streckenführung“ gehe, welche die Natur schonen wolle.

Auch sonst versuche der Verein die Bereiche, die Mitglieder befahren, zu schonen – schon aus eigenem Interesse. „Für uns ist es wichtig, einen Weg zu finden, mit dem alle zufrieden sind“, beschwichtigte Sprecher Tim Schneebeck.

Trailriders: „Wir wollen keinen Magneten für Mountainbiker schaffen“

Vielmehr ginge es am Großen Berg im Schwerpunkt um eine Strecke für Jugendliche und „Dirt-Bike-Fahrer“, deren besondere Räder eben weder für lange Touren ausgelegt wären noch breite – und damit womöglich bodenschädigende – Radprofile hätten. Dirt-Bikes seien vielmehr für Sprünge und Kunststücke – Tricks – geeignet. Die jungen Leute kämen zudem entweder aus dem nahen Umfeld oder würden vielleicht mit dem Auto hingefahren.

Keinesfalls aber wolle man hier einen „Magneten“ für Mountainbiker schaffen, machte Sprecher Schneebeck deutlich. Dafür gäbe es anderswo im Ruhrgebiet größere und geeignetere Strecken. Denn das zumindest war eine der ausgesprochenen Befürchtungen des Beirats, die Stephan Zarnikow und Dietrich Rhode auf den Punkt brachten: „Glauben Sie, dass Sie die Mountainbiker auf das Gebiet beschränken können? Wie wollen Sie das in den Griff bekommen?“

Tiefe Löcher, freigelegte Wurzeln: Die illegale Piste am Wambachtal kennen Insider schön länger als „Todesbahn“. Der Stadt wurde sie Mitte März gemeldet.
Tiefe Löcher, freigelegte Wurzeln: Die illegale Piste am Wambachtal kennen Insider schön länger als „Todesbahn“. Der Stadt wurde sie Mitte März gemeldet. © Stadt Mülheim

Naturschutzbeirat: „Das ,Mountainbike-Problem’ im Wald wird nicht gelöst“

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Die Hoffnung, dass mit dem Angebot etwa das wilde Fahren komplett verhindert werden könne, musste der Trailrider-Sprecher relativieren: „Wir lösen nur das Problem, dass diese Gruppe wild auf Dirt-Bikes durch den Wald fährt.“ Also werde das „Mountainbike-Problem“ im Wald nicht gelöst, resümierte Rhode.

Beirätin Heike Feuster sah die Problematik für den Naturschutz vor Bikern auch noch anderswo: bei Internet-Portalen wie Komoot, die illegale Strecken öffentlich bewerben – und einer Haltung mancher MTBler: „Wir fahren, wo wir wollen.“

Genau das aber wollen die Trailriders Ruhr einschränken, indem sie für ihre Mitglieder einen Ehrencodex aufstellen, etwa nur auf vorgesehenen Wegen zu fahren, Rücksicht auf Fußgänger und Tiere zu nehmen.

Stadt: „Wir versuchen, das wilde Fahren zu kanalisieren“

Der scheidende Umweltdezernent Peter Vermeulen und Referent Klaus Beisiegel betonten, dass die Stadt eine ständige Überwachung des Waldes kaum leisten könne, man versuche aber über den geplanten Parcours und womöglich künftige Mountainbike-Strecken, das wilde Fahren zu kanalisieren. „Wie bei den Reitpfaden“, zog Beisiegel den Vergleich.

Entschieden aber wurde am Mittwoch noch nichts. Auch noch keine vorläufige Erlaubnis durch eine „naturschutzrechtliche Befreiung“ des Gebietes, bis das eigentliche Verfahren – die endgültige rechtliche Sicherung dieser Nutzungsart durch ein Landschaftsplanverfahren – durch sei. Denn dieses Verfahren könnte sich noch über rund zwei Jahre ziehen.

Am Ende also müssen sie den Naturschutzbeirat überzeugen, einer solchen vorläufigen Nutzung zuzustimmen. Lehnte er das ab, müssten die Trailriders nicht nur lange auf ihre Strecke warten, auch stünden die Chancen für das eigentliche Verfahren schlecht. Und auch jetzt schon zeichnet sich ab, dass die Radsportler Sitzfleisch wenigstens bis Mitte Juni zeigen müssen, dann tagt das Gremium zum nächsten Mal.

In der Zwischenzeit – so kündigte der Beiratsvorsitzende Peter Keil an – wolle der Beirat mit den Trailriders weiter ins Gespräch kommen.