Mülheim. Am Tag zwei nach der Maskenpflicht handeln noch viele Mülheimer vorsichtig und tragen den Schutz. Warum sich die Händler erleichtert zeigen.
Wer nun meinte, die Mehrheit der Mülheimer würden ihren „Freedom Day“ ausgelassen „oben ohne“ feiern, durfte sich genasführt fühlen. Denn auch nach dem Fall der Maskenpflicht in den Geschäften am vergangenen Montag handelt der weit überwiegende Teil verantwortungsvoll. Warum sich gerade Händler erleichtert zeigen.
Vera Gebauer bringt das auf den Punkt: „Von 50 Menschen kommen vielleicht fünf ohne Maske rein“, sagt die Inhaberin der Saarner Lotto-Annahmestelle. Aber auch nur dann, wenn sie allein seien. Die Erleichterung ist aber da, denn „man muss als Händler nicht mehr kontrollieren und ermahnen, weil man Sorge hat, dass das Ordnungsamt rein kommt“. Das hatte auch mit Kunden hin und wieder zu Konflikten geführt.
Die Bitte, weiterhin eine Maske zu tragen, stößt in Mülheim auf Zustimmung
Auch interessant
Bei Hilberath und Lange machen die Buchhändlerinnen keinen Hehl daraus, dass Kunden weiterhin sehr gern mit Maske gesehen werden. Die gelben Schilder mit der Bitte, den Schutz weiterhin zu tragen, sind schwer zu überlesen. Über das Hausrecht könnten die Geschäftsfrauen das auch durchsetzen.
Notwendig sei das aber nicht. Bislang stoße ihre Bitte sogar auf ungeteilte Zustimmung, verrät Ursula Hilberath: „Aus Eigenschutz. Die Infektionszahlen sind ja weiterhin hoch. Wenn wir uns ansteckten und womöglich schließen müssten…“
Lag die Mülheimer Inzidenz am vergangenen Freitag vor dem „Freedom Day“ noch bei 733,7 Infizierten, ist sie einen Tag nach der Maskenpflicht wieder deutlich über 800 gestiegen. Das sehen die Händlerinnen mit Sorge. Ein erneuter Verkauf nur an der Tür, wie noch vor einigen Monaten notwendig, wäre für die Geschäftsfrauen eine Katastrophe – „die Umsatzeinbrüche damals waren enorm“, sagt Brigitta Lange.
Kundin in Mülheim: „Mich stört die Maske inzwischen nicht mehr“
Dass eine erneute Verschärfung von Corona-Maßnahmen für Händler mehr als belastend wäre, bestätigt auch Gudrun to Baben, Inhaberin des Saarner Damenmodengeschäfts Aust. Auch wenn es hier keine Beschilderung für das Maskentragen gibt: Die Flasche mit dem Desinfektionsmittel steht als Maßnahme aber noch auf dem Stehtisch an der Tür. „Hier tragen alle Kundinnen Maske“, sagt to Baben.
Eine Euphorie, dass nun kein Mund-Nasen-Schutz mehr verpflichtend ist, spürt sie nicht. „Das liegt möglicherweise am Alter. Die Jüngeren sind euphorischer. Das braucht noch Zeit.“ Und prompt kommt eine Kundin rein, bereits maskiert. Warum? „Mich stört die Maske inzwischen gar nicht mehr. Vielleicht, wenn es warm ist, im Sommer“, sagt sie und findet: Noch sei Vorsicht geboten.
Aber leichter fällt die Arbeit schon, meint to Baben. Immer wieder seien Frauen ohne Maske aus der Umkleide gekommen – und schnell wieder zurückgerannt: „Tschuldigung.“ Das war schon lästig, sagt sie. Jetzt ist das kein Problem mehr, zur Kontrolle muss to Baben nicht mehr mahnen.
Mehr Verantwortung – eine Konsequenz der Freiheit?
Auch interessant
Ist also doch keine große Maskenmüdigkeit zu spüren? Die noch am Freitag spürbare Sorge der Händler vor ungeschütztem Warenverkehr hat sich bislang also nicht bewahrheitet. Freilich ist das aktuell nur ein punktueller Eindruck, der anderswo oder in ein paar Tagen anders ausfallen kann.
Auch beim großen Lebensmittelhändler am „Dorfeingang“ ist das Treiben am Dienstagvormittag wie eh und je. Und zwar wie selbstverständlich mit dem Mund-Nasen-Schutz. Von vielleicht 30 Kunden sind fünf ohne, zwei davon sind Verkäuferinnen. Wer keinen trägt, sticht noch heraus.
Für die Saarnerin Andrea Freitag, die just hier vorbeischaut, ist das vielleicht sogar eine Konsequenz aus der Freiheit: „Weil sie jetzt selbst die Verantwortung haben, handeln viele auch freiwillig verantwortungsvoll.“
>> Info: Ab Mai fällt auch die Isolations-Pflicht
Mussten sich bisher positiv getestete Menschen für sieben bis zehn Tage in Isolation begeben, soll dies ab dem 1. Mai allgemein nicht mehr verpflichtend gelten, sondern nur noch „empfohlen“ werden.
Für bestimmte Berufsgruppen in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen aber soll die Quarantäne weiterhin vom Amt angeordnet werden. Ein Freitesten mit einem negativen Schnelltest sei dann nach fünf Tagen möglich.