Mülheim. Mit kleineren, teils rollstuhlgerechten Wohnungen setzt die Stiftung Ev. Krankenhaus in Mülheim-Raadt auf Best-Ager ab 60. Trifft das ihren Nerv?
Oft sind die Türrahmen zu schmal, die Dusche hat eine hohe Schale, die Küchenzeile ist zu hoch, um selbst zu kochen – in normalen Wohnungen stoßen Menschen, die im Rollstuhl sitzen, täglich auf Barrieren. Im neuen Wohnprojekt nahe des Wohnstifts im grünen Mülheim-Raadt aber hat der Eigentümer nicht nur Wert auf barrierearmes Leben gelegt, sondern auch gleich vier Wohnungen geschaffen, die rollstuhlgerecht gestaltet werden sollen.
Und die fängt im Grundsätzlichen eben bei jenen breiteren Türrahmen an, geht bei der Raumgestaltung weiter und hört beim angepassten Bad mit ebenerdiger Dusche und Reeling zum Festhalten auf. Auch die Küche – die in allen der 24 neuen Wohnungen schon eingerichtet ist – kann nach den Wünschen der Mieter verändert werden, sagt Arndt Heyermann von der Ategris GmbH. Diese verwaltet den Neubau für den Eigentümer – die Stiftung Evangelisches Kranken- und Versorgungshaus zu Mülheim.
Der Schwerpunkt in Mülheim liegt auf der Generation 60plus
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Schon am 1. April sollen die ersten Bewohner an der Parsevalstraße 79 einziehen können, um die Vorzüge des Wohnens, gut einen Steinwurf von grünen Naherholungsgebieten entfernt, genießen zu können. Nebenan liegt das Wohnstift Raadt, von dem Leistungen wie Mahlzeiten und Pflege durchaus bezogen werden könnten. Pflicht ist das nicht, auch wenn die Wohnungen an sich für ältere Menschen konzipiert sind.
„Der Schwerpunkt ist 60plus“, sagt Vermarkter Jens Hendrik Zerres von „Zerres und Sohn Immobilien“ – und will damit einen Markt von Menschen treffen, die sich im Alter eher verkleinern möchten. Denn neu geschaffener Wohnraum fällt in der Regel größer und teurer aus, während kleine Wohnungen mit ein oder zwei Zimmern in Mülheim Mangelware sind.
Entsprechend bietet das Haus vier Wohnungstypen mit 51 Quadratmetern, 57, 75 und, als größte, 88 Quadratmetern an. Hinzu kommen Erleichterungen im Alltag wie der Aufzug und leichtgängige, Motor gestützte Türen. Rund 13 Euro übrigens kostet hier der Quadratmeter Kaltmiete. Den Nerv scheint der Eigentümer damit schon getroffen zu haben: Die kleinsten Wohnungen sind schon vergeben, insgesamt hat man die Hälfte vermietet.
Kurze Wege in die Mülheimer Natur und zum neuen Café
Energetisch erfüllen die Wohnungen die zeitgemäßen Standards und werden mittels Kraft-Wärme-Kopplung und Fußbodenheizung beheizt sowie mit Strom versorgt. Zudem ist ein Belüftungssystem installiert, und wem die bodentiefen Fenster nebst Loggia doch zu sonnig sind, kann den elektrischen Sonnenschutz ja auch herunterfahren.
Wer in Raadt lebt, tut das vornehmlich wegen der fuß- und radläufigen Naherholung. Mit einem eigenen großen und ebenerdigen Fahrradkeller unterstützt der Vermieter die umweltfreundliche Nahmobilität. Im Erdgeschoss wird allerdings auch ein Café eingerichtet, für alle, die ab und zu ein wenig Rummel schätzen. Denn für das nächste gemütliche Stück Kuchen müsste man schon ein wenig laufen oder radeln. Oder die mal eine Feier ausrichten wollen – ein solcher Raum ist mit vorhanden.
Arndt Heyermann glaubt, dass das Café deshalb zum einen für das nahe Neubaugebiet an der Theo-Wüllenkämper-Straße ein Anlaufpunkt werden könnte, zum anderen auch die Nachfrage für das schnelle belegte Brötchen auf dem Weg zu Arbeit abdecken kann. „Das Angebot ist aber eine Sache, die der Betreiber je nach Nachfrage entscheiden muss“, meint Heyermann.
Bauphase in Mülheim hatte seine Tücken: Materialknappheit und Fledermäuse
Trotz guter Nachfrage hat das Wohnprojekt auf sich warten lassen. 2017 liefen die ersten Gespräche, so der Ategris-Leiter fürs Planen und Bauen. Es war schnell klar, dass eine Sanierung der rund 18 Bungalows, die vorher an diesem Ort standen, nicht wirtschaftlich sein würde. Sieben Millionen Euro investierte die Stiftung dennoch.
2019 fing man nach dem Abriss mit der Neubebauung an. Doch Handwerker- und Materialknappheit führten hin und wieder zu Verzögerungen. Und auch Fledermäuse hatte man an den Bungalows entdeckt, sie fanden unter anderem am Wohnstift in Fledermauskästen ihre neue Bleibe. „Das ist in Ordnung. Aber das Bauen“, meint Heyermann vielsagend, „hat schon mal mehr Spaß gemacht“.
Nicht nur für 60plus
Schwerpunkt ist zwar die Vermietung an Senioren ab 60 Jahren. Doch das ist kein Ausschlusskriterium, sagt Jens Hendrik Zerres. Auch jüngere Menschen interessierten sich für die Lage und Größe der Wohnungen.
Interessenten melden sich daher per E-Mail an info@zerres-und-sohn.de und telefonisch unter 0208 34 906.