Mülheim. Er war Arzt, schrieb aber einen satirischen Roman, der die Zeit überdauerte: Carl Arnold Kortum wurde mit der Jobsiade bekannt. Wovon sie erzählt.
5. Juli 1745: im Haus des Apothekers Friedrich kurz Gordum und seiner Frau Maria Elena Künzel erblickt Carl Arnold Kortum das Licht der Welt. Sein 1957 abgerissenes Elternhaus steht damals dort, wo seit 60 Jahren das CVJM-Haus an der Kettwiger Straße steht. Die Kortums betreiben damals Mülheims erste und einzige Apotheke, aus der später die Engel-Apotheke hervorgeht.
Ihr Sohn wird ab 1766 in ihrem Haus als Arzt praktizieren, ehe er mit seiner Frau Margarethe Ehinger 1770 nach Bochum zieht, um dort nicht nur als niedergelassener Arzt, sondern auch als Bergarzt zu praktizieren.
Roman über die Taten des Hieronimus Jobs
Doch berühmt wird der Arzt aus Mülheim durch einen Knittelvers-Roman über das Leben, die Taten und Meinungen des so gar nicht frommen und gelehrsamen Theologiestudenten Hieronimus Jobs, der nicht als Pfarrer auf der Kanzel, sondern als Nachtwächter auf der Straße landet. Das satirische Heldengedicht auf einen Antihelden, der dem Bildungsbürgertum den Spiegel vorhält, gibt Kortum erstmals 1784 und dann noch einmal 1799 in einer erweiterten Fassung heraus, in der Hieronimus Jobs doch noch ein Happy End erlebt.
Auch interessant
Carl Arnold Kortum wird zum Bestseller-Autor. Seine Jobsiade wird auch außerhalb Deutschlands, etwa in den Niederlanden, in Großbritannien, in Polen, in Schweden und Tschechien veröffentlicht. Dank der Wiederentdeckung und Illustration durch Wilhelm Busch erlebt Kortums Jobsiade eine Renaissance und eine Gesamtauflage von über 100.000 Exemplaren. Auch den Mülheimer Künstler, Daniel Traub, hat Kortums Jobsiade 1938 zu einer Illustration inspiriert.
Auch interessant
Autor tat sich mit dem Lesen schwer
Dass ihr Sohn einmal als Schriftsteller berühmt werden sollte, hätten seine Eltern wohl als eine Ironie der Geschichte angesehen. Denn der kleine Carl Arnold, der in der lutherischen Volksschule und von einem Hauslehrer unterrichtet wurde, tat sich doch anfangs mit dem Lesen sehr schwer. Erst als sein Hauslehrer auf die Idee kam Buchstaben aus Teig zu backen und sie seinen Schülern als Imbiss anzubieten, sobald er die Buchstaben schreiben und lesen konnte, fand Kortum Geschmack an der Welt der Buchstaben und Worte. Als Schriftsteller brachte Kortum nicht nur literarisches, sondern auch Wissenschaftliches zu Papier und unter die Druckerpresse.
Trotz seines Erfolges sah sich Kortum nur als Arzt und seine schriftstellerischen Ambitionen als Vergnügen. Das gab er gerne an die Leserinnen und Leser seiner Zeit weiter. Sein schriftstellerisches Motto können wir in seiner Vorrede zur Jobsiade nachlesen: „Euch und mir die Zeit zu vertreiben, geneigte Leser! will ich jetzt schreiben.“ Dabei darf man nicht vergessen, dass Kortum zu einer Zeit schrieb als in Preußen gerade mal 25 Prozent der Bevölkerung des Schreibens und Lesens mächtig waren. Die allgemeine Schulpflicht sollte erst zwei Jahre nach Kortums Tod, 1826, eingeführt werden.
Mülheimer Bürger mit „Jobs“ geehrt
Um eine höhere Schulbildung genießen zu können, musste Kortum 1760 Mülheim verlassen und das Gymnasium in Dortmund besuchen. Schon dort machte er sich mit seinem satirischen Talent nicht nur Freunde. Nach dem Abitur studierte er ab 1763 an der Universität Duisburg Medizin. Nach seinem ersten medizinischen Examen im Jahr 1766 absolvierte er noch ein Aufbaustudium an der Charité in Berlin, ehe er sich als Arzt in seinem Elternhaus niederließ.
Sein Studienaufenthalt in Berlin war Kortums weiteste Reise. Er war bodenständig und lehnte auch auswärtige Angebote ab. Dass er dann doch 1770 Mülheim verließ, hatte mit der Liebe zu seiner aus Bochum stammenden Frau Margarete Ehinger zu tun. Die Mülheimer ehrten den Sohn ihrer Stadt und seinen urkomischen literarischen Antihelden Hieronimus Jobs mit einem Kortum-Brunnen vor der Petrikirche und mit dem Jobs, mit dem die Bürgergesellschaft Mausefalle seit 1961 verdiente Bürger auszeichnet.
Neuer Kortum-Brunnen steht vor der Petrikirche
1939 errichtet, wurde der erste Kortum-Brunnen an der Petrikirche 1943 ein Opfer des Luftkriegs. Doch seine Jobs-Statue überlebte den Krieg. Sie wurde im Hamburger Hafen wiedergefunden und nach Hause geschickt, wo sie über Jahrzehnte an der Friedrichstraße stand.
Eine Initiative der Mülheimer Altstadtfreunde um Horst van Emmerich und die Unterstützung durch die Lehrwerkstatt der Friedrich Wilhelms Hütte machte 2006 den neuen Kortum-Brunnen vor der Petrikirche und die Rückkehr der Jobs-Statue an ihren alten Standort möglich. Hinzu kam 2007 eine Neuauflage der Kortum’schen Jobsiade, die vom Mülheimer Heimatforscher Heinz Hohensee eingeleitet und vom Mülheimer Künstler Klaus Wichmann illustriert wurde.