Mülheim. Energieanbieter Gas.de hat die Erdgaslieferung abrupt gestoppt. Betroffene Mülheimer Haushalte fallen in die Ersatzversorgung. Was das bedeutet.
Mitten in der Heizperiode hat der Energieanbieter Gas.de die Erdgaslieferung an seine Kunden eingestellt. Auch zahlreiche Mülheimerinnen und Mülheimer haben in den vergangenen Tagen eine schriftliche Kündigung ihres Energieliefervertrags von dem Kaarster Energieversorger Gas.de erhalten.
Hintergrund ist, dass der Energie-Discounter seinem Versprechen, Erdgas zu günstige Konditionen zu liefern, nach eigenen Angaben nicht mehr nachkommen kann. Als Grund nennt Gas.de die hohen Einkaufspreise für Gas.
Erdgas-Lieferant Gas.de: Gaspreis habe sich um mehr als 400 Prozent erhöht
Gas.de spricht auf seiner Webseite von „einer historisch einmaligen Preisentwicklung im Erdgasmarkt und einer nie dagewesenen Preisexplosion an den europäischen Energiehandelsplätzen“, mit denen das Unternehmen konfrontiert gewesen sei. Der Gaspreis für Lieferungen im aktuellen Winter habe sich auf den Beschaffungsmärkten in der Spitze um mehr als 400 Prozent erhöht, so Gas.de.
Von der Kündigung sind auch Mülheimerinnen und Mülheimer betroffen und sorgen sich mitunter, nicht mit Gas beliefert zu werden. Mehrere Hundert Haushalte in Mülheim seien durch die überraschende Vertragskündigung des Gasdiscounters in die Ersatzversorgung der Medl gefallen, schildert der örtliche Energieversorger. Die sogenannte Ersatzversorgung des Grundversorgers stellt sicher, dass Kunden weiterhin mit Gas – oder auch mit Strom – versorgt werden, auch wenn ein Lieferant insolvent ist oder aus anderen Gründen nicht liefert.
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Jan Hoffmann, Vertriebsleiter der Medl, betont: „Kein Mülheimer muss sich sorgen. Als Gasgrundversorger springen wir automatisch sofort mit der Belieferung von Erdgas ein.“ Alle betroffenen Mülheimerinnen und Mülheimer erhalten ein Informationsschreiben vom lokalen Energieversorger, von dem sie sich nicht verwirren lassen sollten. „Dass die Kunden zunächst verunsichert sind, ist selbstverständlich. Sie haben zunächst keinen Vertrag mit uns abgeschlossen“, erklärt Hoffmann weiter. „Wir informieren in diesem Schreiben, dass sie versorgt sind und bieten ihnen gleichzeitig einen passenden Tarif an.“ Mit Sondertarifen der Medl fahren betroffene Gaskunden in jedem Fall besser als mit dem Grundversorger-Tarif.
Verbraucherzentrale rät: Zählerstand ablesen und Lastschrift stoppen
Gas.de kündigt an, „im Rahmen der Endabrechnung zustehende Guthaben sowie auch Neukundenboni auszuzahlen“. Kunden sollten den Zählerstand ablesen und diesen dem Netzbetreiber sowie dem Grundversorger, in dem Fall also der Medl, mitteilen.
Dazu rät auch Gudrun Schäfer von der Mülheimer Verbraucherzentrale und empfiehlt zudem, umgehend den Lastschrift- oder Dauerauftrag zurückzuziehen. Auch ob ein Schadenersatzanspruch besteht, könne laut Verbraucherzentrale geprüft werden. „Es ist noch nicht klar, ob die Kündigung von Seiten Gas.de überhaupt rechtens ist. Die Frage ist, ob Preisanstiege in der Beschaffung nicht zum betrieblichen Risiko gehören.“
Ansprechpartner für betroffene Haushalte
Betroffene Gaskunden, die zuvor Verträge mit Gas.de hatten und nun in die Ersatzversorgung der Medl gefallen sind, können sich beim örtlichen Energieversorger melden: service@medl.de und 4501 333.
Die Mülheimer Beratungsstelle der Verbraucherzentrale ist unter 0208/69 60 53 01 erreichbar. Weitere Informationen unter verbraucherzentrale.nrw/beratungsstellen/muelheim.
Besonders für Gas.de-Kunden, die noch relativ frisch in den Verträgen waren und noch eine lange Lieferung zu erwarten hatten, könne die Beendigung der Gaslieferung einen deutlichen finanziellen Verlust bedeuten, erklärt die Verbraucherberaterin. „Da ist zu überlegen, ob sie die Kündigung akzeptieren ober mit dem Anspruch auf Wiederbelieferung und damit gegebenenfalls auf Schadenersatz an Gas.de herantreten“, so Schäfer. Gas.de sei ein weiterer Lieferant, der wie etwa BEV und DEP die Flügel streckt.
Gaskunden sollten laut Verbraucherschützer den Grundversorgertarif vergleichen
Bis vor Kurzen galt der Grundversorgungstarif der örtlichen Energieanbieter zumeist als teuer. Doch Verbraucherschützer der Verbraucherzentrale NRW ordnen ein, dass sich das mit den stark gestiegenen Energiepreisen relativiert habe. Die Mülheimer Verbraucherberaterin Schäfer erklärt: „Durch die Preisentwicklung gibt es eine neue Erscheinung: Es gibt nicht mehr die Grundversorgung, sondern viele Grundversorger haben jetzt unterschiedliche Grundversorgungstarife – welche für Bestandskunden und welche für Neukunden. Der Grundversorgungstarif für Bestandskunden kann derzeit eine günstige Art der Belieferung sein, beim Grundversorgungstarif für Neukunden lohnt es sich durchaus zu schauen, ob man den Anbieter besser wechselt.“
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Zur Eile beim Wechsel aber drängt Schäfer nicht. Durch den derzeit unruhigen Gasmarkt könne man auch Anfang des Jahres schauen, ob sich die Lage entspannt hat. „Es gibt zahlreiche Gaslieferanten, die im Moment gar keine Tarife anbieten und die Aufnahme von Neukunden eingestellt haben“, so die Verbraucherschützerin. Auch die üblichen Vergleichsportale im Internet werden derzeit nur eingeschränkt von den Anbietern mit Angaben beliefert.
Medl bekräftigt, Gaspreis bis zum Ende der Heizperiode nicht anzuheben
Verbraucherberaterin Schäfer räumt ein: „Auch beim örtliche Versorger kann man sogenannte Sonderverträge mit Laufzeiten von zehn oder 24 Monaten abschließen, bei denen die Konditionen etwas geringer sind als in der Grundversorgung.“
Die prompte Übernahme und Belieferung von mehreren Hundert Gaskunden sei angesichts stark steigender Gaspreise auch für die Medl eine Herausforderung gewesen, sagt Vertriebsleiter Jan Hoffmann. Ziel des örtlichen Energieunternehmens sei es aber stets, den Gaspreis bei der Belieferung der Kunden konstant zu halten, so der Vertriebsleiter. Die Medl hatte zuletzt angekündigt, trotz der immens gestiegenen Beschaffungspreise ihren Gaspreis bis zum Ende der Heizperiode Ende März nicht anheben zu wollen. Vertriebsleiter Jan Hoffmann bekräftigt das.