Essen. Der Billiganbieter Gas.de hat die Lieferungen an Kunden eingestellt. Auch in Essen sind Haushalte betroffen. Was diese jetzt beachten sollten.
Das Kaarster Unternehmen Gas.de hat die Erdgaslieferung an seine Kunden Ende vergangener Woche eingestellt. Allein in Essen sind davon rund 2500 Haushalte betroffen. In der Kälte stehen sie deshalb aber nicht. Die Stadtwerke Essen sind als Grundversorger eingesprungen und beliefern diese Kunden seither mit Gas. „Niemand braucht sich Sorgen zu machen. Die betroffenen Kunden werden von uns weiterhin zuverlässig versorgt“, betont der Sprecher der Stadtwerke, Dirk Pomplun.
Der Billiganbieter Gas.de ist offenbar Opfer der derzeitigen drastischen Preissteigerungen auf dem Gasmarkt geworden. Auf seiner Internetseite schreibt das Unternehmen zum Aus der Lieferung: „Aufgrund der historisch einmaligen Preisentwicklung im Erdgasmarkt sahen wir uns zu unserem ausdrücklichen Bedauern gezwungen, alle Erdgaslieferverträge mit Ablauf des 2.12.2021 zu beenden.“ Die Rahmenbedingungen würden es unmöglich machen, die Versorgung mit Gas zu den vertraglich vereinbarten Bedingungen fortzusetzen.
Stadtwerke Essen heben Gaspreise ab Januar an
Pomplun sieht damit die Preis- und Versorgungspolitik der Stadtwerke bestätigt: „Ein weiteres Mal hat sich gezeigt, dass die Stadtwerke zwar nicht immer die preiswertesten Anbieter sind, aber auf alle Fälle die verlässlichsten. Die Modelle der Discountanbieter haben eben auch ihre Tücken. Das gilt besonders, wenn die Kunden bereits Vorauszahlungen geleistet haben.“
Die Stadtwerke sind gesetzlich verpflichtet, die Ersatzversorgung in einem solchen Fall zu sichern. Die ehemaligen Gas.de-Kunden in Essen haben dabei noch Glück im Unglück. Sie wechseln gerade noch rechtzeitig zu den Stadtwerken. Zwar hebt der lokale Versorger die Preise in der Ersatzversorgung zum 1. Januar 2022 generell an – für Neukunden aber deutlich stärker, als für diejenigen, die noch bis 31. Dezember Kunde der Stadtwerke geworden sind. (Derzeitige und neue Preise in der Ersatzversorgung finden Sie hier)
Verbraucherzentrale rät Gas.de-Kunden, abzuwarten
Das führt dazu, dass selbst Verbraucherschützer nicht zwingend dazu raten, sich schnellstmöglich aus der normalerweise teuren Ersatzversorgung zu verabschieden. Christina Wallraf, Energieexpertin bei der Verbraucherzentrale NRW, stellt im aktuellen Fall fest: Die ehemaligen Gas.de-Haushalte „werden in der Ersatzversorgung der Stadtwerke Essen noch verhältnismäßig günstig mit Gas versorgt“ und könnten deshalb zunächst in diesem Tarif bleiben.
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Günstige Anbieter derzeit zu finden, ist momentan nicht einfach, da Gasversorger zuletzt auf breiter Front die Preise erhöht haben. Wer sich dennoch möglichst schnell aus der Ersatzversorgung verabschieden will, kann den Tarif mit einer Frist von zwei Wochen jederzeit kündigen. Wer nichts unternimmt, geht drei Monate später automatisch in den Grundversorgungstarif über. Die Tarife sind preisgleich.
Offene Forderungen an Gas.de
Ihre offenen Forderungen gegen Gas.de müssen die Betroffenen jedoch selbst durchsetzen. Die Stadtwerke sind nicht in der Pflicht, ihnen dabei zu helfen. „Alle Fragen zu den Verträgen mit Gas.de, noch kommende Abrechnungen und Rückzahlungen müssen diese Kunden mit Gas.de selber klären“, betont Pomplun. Gas.de selbst versichert in einer Erklärung auf seiner Internetseite, dass mögliche Guthaben im Rahmen der Endabrechnung ausbezahlt würden.
Die Verbraucherzentrale rät Betroffenen, bestehende Daueraufträge oder Lastschriften zu kündigen. Zudem sollte der Zählerstand abgelesen werden und dieser dem Netzbetreiber sowie dem Grundversorger, in dem Fall also den Stadtwerken Essen, mitgeteilt werden.
Gas.de-Kunden können Schaden geltend machen
Möglicherweise haben die Kunden auch einen Schadenersatzanspruch, den sie gegen Gas.de geltend machen können, meint Christina Wallraf. Der Schaden sei dann die Differenz zwischen dem ursprünglich vereinbarten (niedrigeren) Preis und dem neuen (höheren) Preis der Belieferung. Dieser summiert sich, bis der Anbieter nach den Vertragsbedingungen die nächste ordentliche Kündigungsmöglichkeit hätte.
Laut Christina Wallraf gehen Verbraucher dann so vor: Sie teilen Gas.de mit, dass sie die Kündigung, die Ankündigung der Einstellung der Belieferung und die Belieferungseinstellung selbst für nicht zulässig halten. Verbraucher kündigen Gas.de außerdem an, dass sie sich die Geltendmachung eines Schadensersatzes wegen einer Vertragspflichtverletzung vorbehalten. Wenn Verbraucher den Schaden beziffern können, sollten sie ihn genau darlegen und von Gas.de den Ausgleich des Schadens fordern.
Verbraucherzentrale rechnet mit weiteren Ausfällen in der Versorgung
Der Billiganbieter Gas.de ist nicht der erste Gasversorger, der in der jüngsten Vergangenheit ins Straucheln geraten ist. Auch andere Unternehmen hatten die Belieferung teilweise eingestellt. Die Verbraucherzentrale nennt u.a. Immergrün, Enstroga, Strogon und Fuxx. Darüber hinaus hätten Energieversorger ihre Verträge mit Auslaufen der Vertragslaufzeit nicht verlängert. Christina Wallraf glaubt, dass es weitere Unternehmen geben könnte, die Probleme bekommen: „Es ist davon auszugehen, dass der Gasmarkt unruhig bleibt. Weitere Fälle sind daher wahrscheinlich.“