Mülheim. Die Sparkasse Mülheim muss sich nachträglich die Zustimmung von Kunden zu den Kontogebühren einholen. Zigtausende Kunden verweigern das bislang.
Seit Ende Oktober buhlt die Sparkasse Mülheim wie andere Banken bei Abertausenden Kundinnen und Kunden um die Zustimmung zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, um die zurückliegenden Erhöhungen der Kontoführungsgebühren nachträglich abzusichern. Rund eineinhalb Monate später ist klar: Das ist ein zähes Geschäft.
Zur Erinnerung: Der Bundesgerichtshof hatte die bisherige Praxis, dass Banken Gebühren erhöhen konnten ohne ausdrückliche Zustimmung der Kunden, als widerrechtlich erklärt. Das Prinzip „Schweigen ist Zustimmung“ ist nicht länger anwendbar. So müssen sich die Banken nun nachträglich einer Zustimmung versichern. Andernfalls müssen sie gegebenenfalls Kontogebühren zurückzahlen.
Mülheims Sparkasse unter Druck: Rückzahlung birgt wirtschaftliches Risiko
Für Mülheims Sparkasse steht viel auf dem Spiel. Während die Sparkasse Oberhausen eine Million Euro investiert, um ihren Kunden zumindest einen Teil der laut Bundesgerichtshof widerrechtlich eingezogenen Gebühren zu erstatten, versucht Mülheims Sparkasse allein mit schriftlichen Bitten, die Zustimmung der Kunden zu den auf fast 100 Seiten summierten Geschäftsbedingungen zu bekommen. Eine Million Euro will Mülheims Sparkasse wohl auch deshalb nicht in die Hand nehmen, weil sie diese Summe im Geschäftsjahr 2020 nicht einmal als Gewinn bilanzieren konnte.
Sparkassen-Sprecherin Johanna Quast vermeldete nun einen Zwischenstand der Bemühungen: Rund 32.000 Kunden hätten sich noch nicht zurückgemeldet, heißt es. Von fast 46.000 Kunden habe man eine Zustimmung, das entspricht knapp 59 Prozent. Bis Dienstag hätten die Sparkasse 22 Widersprüche gegen die vormalige Gebührenpraxis erreicht.
MBI-Initiative im Stadtrat scheitert – Rechtsamt: Nicht in der Kompetenz der Politik
Von 32.000 Sparkassen-Kunden steht der Freifahrtschein aus. Die Sparkasse muss sich strecken, betont aber, betreffenden Kunden vorerst nicht die Geschäftsbeziehung aufkündigen zu wollen. Man wolle sie noch einmal versuchen zu erreichen, so Quast – „damit der Berater/die Beraterin die Situation persönlich erläutern kann“. Am 10. Dezember soll ein Erinnerungsschreiben rausgehen. „Weiterhin bieten wir die Möglichkeit an, eine telefonische Zustimmung, Online-Zustimmung oder die Zustimmung per Kontoauszug zu erteilen“, so Quast. Die Kunden werden aufgefordert, ihre Zustimmung bis Ende des Jahres zu erteilen. Weitere Maßnahmen seien für dieses Jahr nicht geplant.
Die MBI hatten zuletzt ein kundenunfreundliches Verhalten der Sparkasse angeprangert und wollten über den Stadtrat eine Empfehlung an die Sparkasse aussprechen lassen, den Kunden die unzulässig erhobenen Kontogebühren zurückzuerstatten. Der OB ließ den Antrag aber von der Tagesordnung nehmen. Das Rechtsamt hatte dafür eine Begründung parat: „Nach eindeutiger Rechtsprechung sind die Sparkassen selbstständige Einrichtungen, bei denen die Befassungskompetenz des Rates nur für die im Sparkassengesetz dem Rat konkret zugewiesenen Aufgaben (z.B. Entscheidung über die Verwendung des Jahresüberschusses) besteht“, hieß es.
So kam es nicht einmal zu einer Debatte. MBI-Fraktionssprecher Lothar Reinhard reagierte frustriert: „Wenn die Stadt ihrer eigenen Tochter nicht mal eine Empfehlung geben kann, ist das absurd und nicht mehr vermittelbar.“