Mülheim. Die Mülheimer Bürgerinitiativen machen im Streit um die unzulässige Gebühren-Praxis von Banken politischen Druck auf die Sparkasse.

Abertausende Briefe sind raus an Mülheimer Bankkunden: Die Geldinstitute bitten, manchmal mit sanftem Druck, um die nachträgliche Zustimmung für mitunter üppig gestiegene Kontogebühren. Der Ärger bleibt groß. Für Donnerstag planen die Mülheimer Bürgerinitiativen (MBI), den Druck auf die örtliche Sparkasse zu erhöhen, so kulant zu sein wie ein Geldinstitut in unmittelbarer Nachbarschaft.

Die MBI sind die einzige Fraktion im Mülheimer Stadtrat, die das Thema der Bankgebühren auf die Agenda holen. Sie fordern ihre politischen Mitbewerber auf, in der Ratssitzung am Donnerstag eine unmissverständliche Empfehlung an die örtliche Sparkasse auszusprechen, die laut Bundesgerichtshof unzulässig erhobenen Kontogebühren den Kunden zurückzuerstatten.

Sparkasse Oberhausen zahlt eine Million Euro zurück

Die Sparkasse Oberhausen etwa macht das rückwirkend zumindest bis April. Pauschal erhalte jeder Kunde automatisch zwischen neun und 100 Euro auf seinem Girokonto erstattet – spätestens im Dezember dieses Jahres, hieß es zuletzt. Oberhausens Sparkasse kalkuliert dafür eine Summe von gut einer Million Euro. Eine solche Summe stand allerdings zuletzt nicht mal unter dem Strich der Bilanz der Sparkasse Mülheim. Sie erwirtschaftete im Vorjahr gerade einmal noch einen Gewinn von knapp 700.000 Euro. Mülheims Sparkasse will nur im Einzelfall Gebühren erstatten – wohl nur dann, wenn ein Kunde dies explizit einfordert.

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Wohl auch wegen des wirtschaftlichen Drucks in Zeiten anhaltender Niedrigst- und gar Strafzinsen gibt sich die Sparkasse dieser Tage bemüht, das drohende Unheil massenhaft geltend gemachter Rückzahlungsansprüche der Kunden mit allerlei Verbundenheits-Prosa abzuwenden. In einer Mitteilung machte sich das Mülheimer Geldinstitut selbst Mut: Die Zustimmungsquote zu den nun verschickten neuen Geschäftsbedingungen sei „sehr gut“, bereits mehr als 30.000 und damit fast 40 Prozent ihrer Kunden hätten ihre Zustimmung erklärt.

Sparkasse Mülheim sieht einen „Vertrauensbeweis“ ihrer Kunden

Das Urteil und seine Folgen

Der Bundesgerichtshof hatte in einem Urteil gegen die Postbank die sogenannte Schweigen-ist-Zustimmung-Praxis, mit der Banken von ihren Kunden Akzeptanz für steigende Kontogebühren und geänderte Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) erlangt hatten, für rechtsunwirksam erklärt.

Nun ist auch die Sparkasse Mülheim genötigt, die ausdrückliche Zustimmung der Kunden nachträglich einzuholen. Nach eigenen Angaben sei man diesbezüglich mit rund 80.000 Kunden in Kontakt getreten, das sei „ein bisher einmaliger Vorgang in der Geschichte der Sparkasse Mülheim“.

Es gilt laut Sparkasse nun nicht mehr die Regel, dass eine Zustimmung automatisch erfolgt, wenn nicht innerhalb von zwei Monaten widersprochen wurde. Jeder Kunde müsse nun aktiv den AGB und den aktuellen Preisen zustimmen.

Für Sparkassen-Vorstand Martin Weck ist dies gar „ein eindeutiges Statement, dass viele Mülheimer gerne Kunde der Sparkasse sind. Wir freuen uns sehr über den Vertrauensbeweis unserer Kundinnen und Kunden.“ Ob dem so ist, werden die Kunden selbst bewerten. Womöglich haben sie auch nur ihre Zustimmung erteilt, weil sie sich ersparen wollten, knapp 100 Seiten Allgemeine Geschäftsbedingungen zu studieren. Die Deutsche Bank Bank etwa will die zügige Zustimmung gar mit sanftem Druck herbeiführen. Sie fordert die Zustimmung bereits bis zum 15. November ein. Nur so könne man die Zusammenarbeit auf rechtlich sicherer Grundlage fortführen, heißt es in einem Standardbrief an Kunden.

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Die MBI beklagen das Geschäftsgebaren der örtlichen Sparkasse, in der Regel keine Gebührenerstattung vorzusehen, als „wenig kundenfreundlich und eher beschämend“. Sie fordern nun, dass der Stadtrat dies missbilligt und an die Sparkasse appelliert, im Sinne der Kunden umzudenken.

Die Verbraucherzentrale NRW bietet auf verbraucherzentrale.nrw Informationen und einen Musterbrief an, mit dem Kunden bis Jahresende und für drei Jahre rückwirkend unzulässig erhobene Gebühren von ihren Banken zurückfordern können.

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