Mülheim. Ex-OB-Kandidat Horst Bilo wehrt sich gegen den gebührenfinanzierten Einsatz der Mülheimer Mülldetektive. Gegen wen er Strafanzeige erstattet hat.

Mülheims ehemaliger OB-Kandidat Horst Bilo hat wegen der jüngst vom Stadtrat beschlossenen Erhöhung der Müllgebühren eine Strafanzeige erstattet. Sein Vorwurf richtet sich gegen den über die Gebühren finanzierten Einsatz der Mülldetektive.

In seiner Strafanzeige wirft Bilo den „verantwortlichen bzw. zuständigen Entscheidungsträgerinnen und -trägern“ Veruntreuung öffentlicher Gelder vor. Mehr noch: Bilo lastet dem Stadtrat an, der als Entscheidungsträger gemeint sein muss, den Bürgern unrechtmäßig Kosten aufzubürden für den Einsatz der sechs Mülldetektive. Bekanntlich sind dafür brutto 726.000 Euro im Gebührenhaushalt für 2022 veranschlagt. Kosten, die auf die Bürger umgelegt werden und maßgeblich dazu beitragen, dass die Abfallgebühren im Jahr 2022 erneut um rund 4,5 Prozent steigen.

Mülheimer Unternehmer Bilo kritisiert „die exorbitanten Kosten der Mülldetektive“

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Ein Mitarbeiter der Mülheimer Entsorgungsgesellschaft MEG leert eine Abfalltonne. Die Müllgebühren steigen 2022 durchschnittlich um weitere 4,5 Prozent.
Von Mirco Stodollick und Dennis Vollmer

„Die exorbitanten Kosten der Mülldetektive in die Müllgebühren einzurechnen, dürfte unzulässig sein“, schreibt Bilo zur Begründung seiner Strafanzeige, die der Redaktion vorliegt. Der Unternehmer aus Dümpten wertet den Einsatz der Mülldetektive allein als erzieherische Maßnahme. Sich dies sachfremd über die Müllgebühren finanzieren zu lassen, sei nicht gedeckt durch das Kommunalabgabengesetz. Die Stadt sei im Rahmen der Daseinsvorsorge allein zum Einsammeln von Haushalts- und Gewerbemüll und zu dessen Entsorgung verpflichtet, lautet eines seiner Argumente.

Unternehmer Horst Bilo hat Strafanzeige gestellt gegen die Entscheidungsträger, die Mülheims Müllgebühren zum Jahreswechsel 2021/22 erneut steigen lassen. Bilo will nicht akzeptieren, dass Mülheims Gebührenzahler die Kosten für die Mülldetektive tragen.
Unternehmer Horst Bilo hat Strafanzeige gestellt gegen die Entscheidungsträger, die Mülheims Müllgebühren zum Jahreswechsel 2021/22 erneut steigen lassen. Bilo will nicht akzeptieren, dass Mülheims Gebührenzahler die Kosten für die Mülldetektive tragen. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Zwar gesteht Bilo ein, dass der Stadtrat auch befugt sei, mit einer Gebührenerhebung lenkend zu wirken. Doch habe auch hier das Äquivalenzprinzip zu gelten, sprich: Die Kosten für die Mülldetektive müssten nach Auffassung des Unternehmers gedeckt sein durch Geld, das sie helfen einzusparen. „Das Wunschdenken der CDU und Grünen, dass durch den Einsatz der Mülldetektive diejenigen Bürger, die ihren Müll wild entsorgen, zu besseren Menschen erzogen werden können, wenn sie bei derartigen Aktionen ertappt werden, ist sicherlich bis auf wenige Ausnahmen nicht erfüllbar“, schrieb Bilo der Staatsanwaltschaft Duisburg.

Bilo: „Wer diese Gebührenerhöhung mitträgt, veruntreut öffentliche Gelder“

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Für Bilo kann der kostspielige Einsatz der Mülldetektive nicht wirtschaftlich sein. Einfach den wilden Müll durch die MEG entsorgen zu lassen, sei für einen Bruchteil der 726.000 Euro zu haben, die die Gebührenzahler jetzt jährlich für die Mülldetektive zu berappen haben. Die Rede war einmal von rund 50.000 Euro, die das Einsammeln wilden Mülls im Jahr kostet. „Wer diese Gebührenerhöhung mitträgt, veruntreut öffentliche Gelder und sollte strafrechtlich belangt werden“, ist der Fall für Bilo klar.

Mülldetektive: So zieht die MEG Zwischenbilanz

Zum Stichtag 30. November zieht die MEG folgende Bilanz für den Einsatz ihrer sechs Mülldetektive: So sei es gelungen, illegal entsorgten Müll an Depotcontainern in 1192 Fällen dergestalt zu erfassen, dass entweder Adressen möglicher Müllsünder ausgemacht, Müllsünder direkt erwischt oder observiert worden seien. Allein 317 dieser Fälle sind laut MEG-Sprecherin Jennifer Schakau im Oktober und November erfasst worden.

Zusätzlich sei für 192 wilde Müllentsorgungen fernab der Container-Standorte festzustellen, dass es den Mülldetektiven gelungen sei, zur Nachverfolgung Informationen zu ermitteln (Adressenfund, direkt erwischt, Observationen und anderes).

In 1132 Fällen hätten die Mülldetektive keine Adressen oder andere Hinweise aufspüren können. Aktuelle Zahlen aus dem Ordnungsamt, wie viele Ordnungswidrigkeiten-Verfahren eingeleitet oder erfolgreich beendet worden sind, liegen aktuell nicht vor.

Die Staatsanwaltschaft bestätigte den Eingang der Strafanzeige. Man werde den Fall routinemäßig daraufhin prüfen, ob der Anfangsverdacht einer strafbaren Handlung bestehe. Die Stadtverwaltung hat sich da schon festgelegt: „Die Strafanzeige wird ins Leere laufen“, so Stadtsprecher Volker Wiebels auf Anfrage. Weder sei klar, gegen wen sich Bilos Anzeige überhaupt richte, noch erkenne man geringste Aussichten auf Erfolg. Wiebels weist darauf hin, dass Bilo – wenn schon – gegen die Gebührensatzung mit einer Klage vor das Verwaltungsgericht ziehen könne.

MEG: Mülldetektive nehmen pro Woche fünf bis acht Fälle illegaler Müllentsorgung auf

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Die Geschäftsführung der Mülheimer Entsorgungsgesellschaft als Nutznießerin des städtischen Auftrags zum Einsatz der Mülldetektive betonte dieser Tage, das Projekt „nicht ausschließlich ökonomisch“ angegangen zu sein. MEG-Chef Timo Juchem sagte, sein Unternehmen habe knapp kalkuliert.

Juchem ist vom Projekt überzeugt: Man fange jetzt an, die Ursachen der wilden Müllkippen zu bekämpfen und nicht mehr länger nur die Symptome. Nachdem das „unheimlich motivierte“ Sechser-Team der Mülldetektive seit Juni komplettiert worden sei, habe man mittlerweile „die Schlagzahl erhöht“. Fünf bis acht Fälle illegaler Müllentsorgung nehme man aktuell pro Woche auf, so MEG-Sprecherin Jennifer Schakau. Und zwar durchgängig dergestalt, dass ein Ordnungswidrigkeitenverfahren nach Weiterleitung der Fälle ans Ordnungsamt möglich sei.

„Gar nichts zu machen, ist immer die viel schlechtere Alternative“

Für die MEG-Geschäftsführer Juchem und Günther Helmich ist die Sache klar. 5 Euro pro Jahr und Bürger sei verträglich. „Gar nichts zu machen, ist immer die viel schlechtere Alternative“, sagt Juchem. Und Helmich kontert die Kritik nicht nur von Bilo, sondern auch der FDP, die auch hohe Kosten, aber wenig Nutzen des Mülldetektiv-Einsatzes beklagt hatte: Es verhalte sich doch so wie in der Kindererziehung: Da sei es auch die schlechtere Variante, dem Kind ständig hinterherzuräumen.