Mülheim. Im neuen Corona-Film von Eckart von Hirschhausen tritt die Mülheimer Internistin Dr. Jaeger auf – als unerschrockene Long-Covid-Pionierin.

Jeder zehnte Corona-Infizierte ist nach der akuten Phase noch lange nicht gesund, sondern leidet weiter. An Long Covid. Davon gehen Fachleute inzwischen aus, und wenn es zutrifft, müssten rund 1160 Betroffene allein in Mülheim leben.

Hier in der Stadt gibt es aber auch eine Ärztin, die mit einer speziellen Behandlungsmethode unbeirrt vorprescht: die Internistin Dr. Beate Jaeger. Seit Februar 2021 behandelt sie Long-Covid-Erkrankte mit einer speziellen Blutwäsche, genannt HELP-Apherese. Tausende stehen auf ihrer Warteliste, Verzweifelte reisen aus dem Ausland an, ihre Praxis an der Wertgasse wurde zur Anlaufstelle für „einige der schwersten Fälle der Welt“, sagt die Ärztin selber.

„Pioniertat“ der Mülheimer Internistin beeindruckt Eckart von Hirschhausen

Das hat auch den populären Fernsehmediziner Eckart von Hirschhausen neugierig gemacht. Für seine neueste Reportage mit dem Titel „Hirschhausen – Corona ohne Ende?“ hat das Team Anfang November die Mülheimer Praxis besucht. Hirschhausen zeigt sich „beeindruckt von den Pioniertaten ärztlicher Kollegen“, insbesondere von Dr. Beate Jaeger, deren Arbeit in dem Bericht breiten Raum einnimmt.

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Jaeger geht davon aus, dass sie den schwer kranken, teils bettlägerigen Patienten mit einer speziellen Blutwäsche helfen kann, die Virusreste, Autoantikörper und vor allem Blutgerinnsel aus dem Körper entfernt. Das Virus zerstört nach ihren Erkenntnissen die Antihaft-Beschichtung in den Adern und ruft eine Minderdurchblutung hervor. Diese erzeugt, so Dr. Beate Jaeger in der Fernsehreportage, „256 verschiedene Symptome, von Hirnstamm-Enzephalitis bis zu Darmlähmung“.

„Hirschhausen – Corona ohne Ende?“ heißt die neue Reportage des Arztes und Fernsehmoderators Eckart von Hirschhausen (li.) – hier mit einem Mann, der sich spontan impfen ließ. Im Film wird auch das Blutwäsche-Verfahren der Mülheimer Internistin Dr. Beate Jaeger beschrieben, die schon weit mehr als 200 Long-Covid-Patienten behandelt hat.
„Hirschhausen – Corona ohne Ende?“ heißt die neue Reportage des Arztes und Fernsehmoderators Eckart von Hirschhausen (li.) – hier mit einem Mann, der sich spontan impfen ließ. Im Film wird auch das Blutwäsche-Verfahren der Mülheimer Internistin Dr. Beate Jaeger beschrieben, die schon weit mehr als 200 Long-Covid-Patienten behandelt hat. © Bilderfest | WDR

Schlimm ergangen ist es beispielsweise dem britischen Lungenarzt Dr. Asad Khan, der an der Corona-Front arbeitete, bis er sich selber infizierte. Er sei ans Bett gefesselt gewesen, berichtet er im TV-Beitrag, habe die Kontrolle über seine Harnblase verloren, war vom Helfer zum Pflegefall geworden. Nach sieben Blutwäsche-Behandlungen in Mülheim könne er wieder laufen, normal essen, sich auf Fachliteratur konzentrieren.

Kritik: Long-Covid-Betroffene hören von Ärzten, sie hätten „einen an der Waffel“

Dr. Beate Jaeger, das wird deutlich, liegt über Kreuz mit einigen aus ihrer Zunft. Viele Long-Covid-Patienten hätten nachts Erstickungsanfälle, sagt sie, Todesangst. „Und wenn dann diese erbarmungswürdigen Menschen auf Ärzte treffen, die ihnen sagen, sie hätten einen an der Waffel, dann ist das nicht hilfreich.“

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Die Medizinerin ist so überzeugt von ihrer Methode, dass sie deren wissenschaftliche Untermauerung auf eigene Kosten vorantreibt. Sie arbeitet dabei mit Forscherinnen und Forschern aus Kapstadt, London und vom Max-Planck-Institut für Physik zusammen. Die Ergebnisse sollen Anfang 2022 veröffentlicht werden.

Zu Forschungszwecken seien binnen einer Woche 74 Covid-Patienten komplett untersucht worden, berichtet die Medizinerin jetzt im Gespräch mit dieser Redaktion – vor und nach der Apherese. Die Probanden kamen aus aller Welt, viele seien auf eigene Kosten nach Mülheim angereist. „Alle Patienten hatten vorher massive kleine Blutgerinnsel, und nachher waren alle weg.“ Dies, so die Internistin, sollte auch bei der Krankenhausbehandlung bedacht werden: „Alle Intensivpatienten brauchen Blutverdünner“, meint sie.

Bislang rund 230, 240 Patienten in Mülheim behandelt, Anfragen aus aller Welt

Seit Februar wurden in ihrer internistischen Praxis etwa 230, 240 Covid-Patienten behandelt. Die Ärztin entwickelt ihre Methode fortlaufend weiter. Zuletzt, sagt sie, habe sie die blutverdünnenden Medikamente noch höher dosiert. Ergebnis: „Ich krieg sie jetzt schneller gesund. Manche haben sich schon nach zwei, drei Behandlungen regeneriert.“ Behandlungen, die fast alle aus der eigenen Tasche bezahlen müssen.

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Die Mülheimerin erhält massenhaft Anfragen aus aller Welt und hat kürzlich die technische Ausrüstung ihrer Praxis erheblich aufgestockt. Fast 20 Maschinen für die Blutwäsche stehen jetzt bereit, nur nicht genug Fachkräfte, die sie bedienen können. „Aufgrund von Personalmangel kann ich leider nicht mehr Behandlungen anbieten“, so Dr. Beate Jaeger.

Long Covid als TV-Thema

Die Reportage „Hirschhausen - Corona ohne Ende?“ wird am 6. Dezember um 20.15 Uhr im Ersten (ARD) ausgestrahlt.

Bereits ab 4. Dezember soll der Beitrag in der ARD-Mediathek zu sehen sein.

Gedreht wurde nicht nur in der Mülheimer Praxis von Dr. Beate Jaeger. Unter anderem verbrachte Eckart von Hirschhausen auch zwei Tage in einer spezialisierten Reha-Klinik in Heiligendamm und besuchte eine Long-Covid-Ambulanz für Kinder und Jugendliche.

Um Long Covid geht es auch in der Sendung „Hart aber fair“ mit Frank Plasberg am 6. Dezember um 21 Uhr (Das Erste).

Hoffnungslos scheint die Diagnose Long Covid aber nicht zu sein, so auch das Fazit der Hirschhausen-Reportage. Bei den meisten Patienten – welchen Weg, welche Behandlung sie auch wählen – würde es irgendwann besser. „Long Covid schleicht sich langsam aus.“