Mülheim. Ob die Mülheimer während der Corona-Lockdowns die Liebe zur Jogginghose entdeckt haben? Ein Gastronom sieht sich jetzt veranlasst zu handeln.

Manch einer mag es sich in den eineinhalb Jahren der Corona-Pandemie mit ihren Lockdowns zu Hause gemütlich gemacht, sich als Couch-Potato auf dem heimischen Sofa eingerichtet haben. Ein Innenstadt-Gastronom beklagt nun, dass immer mehr Gäste allzu leger in seinem Café erscheinen. Jetzt sieht er sich gezwungen zu handeln. Und erntet dafür neben Zuspruch auch viel Kritik.

Rajesh Luthra ist der Betreiber vom beliebten Café Leonardo in Mülheims Fußgängerzone. Mit einem Facebook-Post wandte sich sein Team nun an die Gäste: „Jogginghosen nicht erlaubt!“ steht auf einem Bild mit durchgestrichener Jogginghose geschrieben. Und: „Verehrte Gäste, wir bitten Sie, unser Lokal nicht in Jogginghosen zu besuchen.“

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Mülheimer Café-Betreiber zum Jogginghosen-Verbot: „eine Herzensangelegenheit unserer Gäste“

Offenbar hat es sich nach all den Lockdowns eingeschlichen, dass vermehrt Gäste allzu gemütlich gekleidet das Innenstadt-Café an der Schloßstraße aufsuchen. Und offenbar nicht zum ersten Mal sieht sich der Café-Betreiber veranlasst, seine Gäste zu ermahnen, seinen Gastronomiebetrieb nicht mit der Couch in den eigenen vier Wänden zu verwechseln: „Aus aktuellem Anlass möchten wir Euch gerne noch einmal darauf hinweisen“, heißt es zum Jogginghosen-Verbot. „Und es ist ebenso eine Herzensangelegenheit unserer Gäste & Besucher!“

Der Facebook-Post verbreitete sich binnen eines Tages rasend schnell durch das soziale Netzwerk. Das Team um Luthra erntet viel Kritik und Spott, aber auch Zustimmung für seine Forderung, doch ab sofort Jogginghose gegen Jeans zu wechseln, wenn Gäste sich aufmachen ins Café.

„Wer draußen Jogginghose trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren“

Mit diesem Bild verkündete das Café Leonardo in Mülheims Innenstadt am Dienstag, Gäste in Jogginghosen nicht länger willkommen zu heißen.
Mit diesem Bild verkündete das Café Leonardo in Mülheims Innenstadt am Dienstag, Gäste in Jogginghosen nicht länger willkommen zu heißen. © WAZ/Screenshot

„Richtig so. Das ist kein Fitness-Club“, sagt da ein User. Eine andere Mülheimerin findet: „Als ich jünger war, trug man Jogginghosen beim Sport oder zu Hause. Draußen trugen sie nur Prollos. Und ich sehe das heute noch so.“ Doch ihr Post bleibt nicht ohne Erwiderung, eine Kleiderordnung für ein Café stößt auch auf Widerspruch: „Auch Prollos dürfen im Lokal essen und trinken und werden als Gast behandelt.“

Jogginghose im Café – ja oder nein? Ein User findet, dass es auch „eine Form von Anstand“ sei, in Lokalen oder zum Job nicht in Jogginghose zu erscheinen. „An Schulen ist das Tragen von Jogginghosen auch untersagt“, stellt er fest. Traurig sei, dass das Café überhaupt auf angemessene Kleidung hinweisen müsse, findet eine andere. Und auch das ist zu lesen: „Wer draußen Jogginghose trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren.“ Auch das bleibt nicht ohne Entgegnung: „Es gibt Jogginghosen, die gut aussehen. Nicht jede Jogginghose ist wie ein nasser Sack und dazu total verwaschen. In der heutigen Zeit ist eine Jogginghose ein ganz normales Kleidungsstück.“

„Ich habe dort gerne meinen Kaffee getrunken, aber jetzt ist mir der Appetit vergangen“

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Einige Kritiker kündigen gar an, das Café künftig meiden zu wollen. „Dann erwartet man Support, lächerlich“, echauffiert sich ein Diskutant. „Ich habe dort gerne meinen Kaffee getrunken, aber jetzt ist mir der Appetit vergangen.“ Eine andere meint, dem Café gehe es wohl trotz der Corona-Lockdowns wirtschaftlich noch zu gut, dass der Betreiber jetzt ein Jogginghosen-Verbot ausspreche: „Da weiß ich ja, wen ich nicht unterstützen muss, und kann mein Geld woanders ausgeben.“ Andere wünschen dem Café gar die Pleite.

Manch ein Jogginghosen-Träger, vermutet ein anderer, lasse vielleicht mehr Geld da „als jeder andere, der sich an einer Cola festhält“. Aber gut, meint er: „Euer Laden. Eure Regeln!“ Die Kritik wird mitunter in harschem Ton vorgetragen: „Nicht nur 2G oder 3G: Jetzt geht es auch noch um Hosen“, so ein Diskutant, „der Schwachsinn nimmt immer größere Ausmaße an.“ Wo solle das noch hinführen, fragt jemand. Würden demnächst auch dicke und hässliche Menschen ausgesperrt? Einen Protest-Flashmob in Jogginghosen vor dem Lokal schlägt ein anderer vor, wohl nicht ganz ernst gemeint.

„So werdet Ihr dieses Publikum gezielt los und gewinnt viele neue Kunden dazu“

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Doch es gibt eben auch Verständnis für Luthras Schritt, ausgedrückt auch in Hunderten Gefällt-mir-Klicks. „Ich bin mehrfach vorbeigelaufen an dem Laden und verstehe zu 100 Prozent, weshalb Ihr Euch zu diesem Schritt entschieden habt“, schreibt ein User. „Erst mal wird es ein Umsatzrückschritt sein, aber langfristig eine der besten Entscheidungen, die man im Gastrobereich treffen kann. So werdet Ihr dieses Publikum gezielt los und gewinnt viele neue Kunden dazu“, klatscht er Beifall. „Richtet doch einfach eine Jogginghosen-Ecke ein“, appelliert dennoch jemand an den Café-Betreiber.

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Auch in Clubs gölten an Wochenenden Dresscodes, zeigen auch andere Verständnis – ernten aber doch prompt Kritik wie diese: „Clubs sind keine Frühstücksläden, wo man morgens nach dem Aufstehen frühstücken geht...“

Mülheimer Café-Betreiber hält trotz Schmähkritik unbeirrt an Verbot fest: Wir sind ein Stadtcafé

Mülheims Jogginghosen-Streit: Im Netz wird er munter weitergeführt. Café-Betreiber Rajesh Luthra hat sich nach den mitunter heftigen Reaktionen im Netz am Mittwoch noch einmal mit seiner PR-Agentur kurzgeschaltet. Er will aber an dem Jogginghosen-Verbot festhalten und sich selbst nur in die Diskussionen bei Facebook und Instagram einschalten, wenn User darauf hinzuweisen wären, den guten Ton zu wahren.

„Wir sind kein Ausflugslokal an der Ruhr, wo Jogger und Spaziergänger einkehren, wir sind ein Stadtcafé“, rechtfertigt Luthra die neue Kleiderordnung. Schon für die vergangenen drei Wochen habe er sein Servicepersonal angewiesen, Gäste in Jogginghosen beim Abkassieren darauf hinzuweisen, beim nächsten Besuch doch bitte auf die allzu legere Kleidung zu verzichten. Da habe man auch keinen Widerspruch erfahren, so der Innenstadt-Gastronom.

Gastronom: Wir wollen unseren Gästen eine saubere Atmosphäre bieten

Es sei für Familien, die zum Brunch kämen, nun mal nicht so ein schöner Anblick, wenn neben ihnen am Frühstücksbüfett jemand in dreckiger Jogginghose stehe und sich am Rührei bediene, sagt Luthra und verweist auf ähnliche Regeln in der Hotellerie. Bewusst mache man nun keinen Unterschied zwischen einer Jogginghose von Prada oder Kik. „Das wäre ja diskriminierend“, so Luthra, im Café bleibe ausdrücklich jeder willkommen. Das Jogginghosen-Verbot aber sei angebracht, „um unseren Gästen eine saubere Atmosphäre zu bieten“.