Mülheim. Bei der Aktion im Mülheimer „Ballermann“ sind einige Leute freiwillig ungeimpft nach Hause gegangen. Was Stadt und Impfärzte jetzt planen.
Ehe Ende September das städtische Impfzentrum schließen muss, wenden die Verantwortlichen in Mülheim noch viel Energie auf, um Sonderaktionen zu organisieren. Die letzten 25 Prozent der Ungeimpften zu erreichen, sei eine große Herausforderung, haben Mitglieder des Krisenstabes kürzlich noch einmal betont. Am Samstag in der Diskothek „Ballermann“ hat sich das deutlich gezeigt. Binnen sechs Stunden ließen sich dort gerade einmal 73 Personen impfen.
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„Wir hatten natürlich mit mehr Leuten gerechnet“, sagt der leitende Impfarzt in Mülheim, Dr. Stephan von Lackum, der selber vor Ort war. Und er präsentiert gleich zwei Erklärungen, warum die Resonanz eher enttäuschend war. Viele Impfwillige hätten irrtümlich erwartet, dass ihnen Johnson & Johnson gespritzt werde. Obwohl die Stadt vorher angekündigt hatte, dass es dort Biontech gibt - und bereits einen zweiten geplanten Impftermin am 25. September.
Mülheimer Impfarzt äußert Unverständnis: „Einige sind ungeimpft wieder gegangen“
„Bestimmte Personengruppen, gerade auch junge Leute, wollen es möglichst einfach haben“, so von Lackums Erfahrung. „Und einige sind auch wirklich ungeimpft wieder gegangen“, etwa mit dem Argument, sie hätten am Folgetermin keine Zeit. Dabei biete Biontech besseren Schutz vor allem auch gegen die Delta-Variante des Virus. „Bei mir als Arzt stößt so ein Verhalten auf Unverständnis“, sagt von Lackum.
Seine zweite Erklärung für den schwachen Besuch im „Ballermann“: Der Standort an der Sandstraße sei nicht so verkehrsgünstig und zentral gelegen wie das Forum. „Die Kombination aus Einkaufen und Impfen ist dort optimal“, meint von Lackum. Im Forum kamen allein an einem Augustsamstag mehr als 500 Menschen zum Impfen - mit Johnson & Johnson.
Schwacher Besuch im „Ballermann“ beschäftigte auch den Krisenstab
Die Impfaktion im „Ballermann“ war am Montag auch Thema im Corona-Krisenstab der Stadt Mülheim. Als Gründe für den schwachen Besuch habe man die schlechte ÖPNV-Anbindung und die abgelegene Lage des Güterbahnhofs ausgemacht, erklärte Stadtsprecher Volker Wiebels nach der Sitzung. Und die Wahl des Vakzins von Biontech: „Die meisten wollen nur eine Impfung.“
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Eine weitere Sonderimpfung mit Biontech lief am Montagnachmittag im Haus der freien evangelischen Gemeinde, auch diese Aktion wurde bewusst in den Stadtteil Styrum gelegt. Der verantwortliche Impfarzt vor Ort, Dr. Wilfried Abel, arbeitete mit einem mehrsprachigen medizinischen Team. Sechs Stunden waren zum Impfen angesetzt, und wenngleich nach der Hälfte der Zeit gerade einmal 33 Spritzen verabreicht worden waren, äußerte sich der Arzt positiv und hoch motiviert: „Es läuft gut. Denn die Leute, die hier sind, wären sicher nicht ins Impfzentrum gekommen.“
Stadt Mülheim stellt fest: „Impfwillige erwischt man am leichtesten im Forum“
Für die Stadt Mülheim steht jetzt aber fest: „Impfwillige erwischt und motiviert man am leichtesten im Forum.“ Im Einkaufszentrum stehen noch zwei Termine mit Johnson & Johnson an - am 11. und 18. September. Zusätzlich gibt es am 16. September von 8 bis 17 Uhr eine Einmalimpfung in der Ausländerbehörde an der Leineweberstraße 18-20. Die Stadt bemüht sich offenbar um weitere Termine im Forum. Doch eigentlich sei der Plan schon dicht, meint Dr. von Lackum, denn es stünden auch noch etliche Zweitimpfungen an, etwa an den weiterführenden Schulen.
Diskussion über Schulquarantänen
Thema in der Krisenstabssitzung am Montag waren auch die umstrittenen Quarantäneregelungen an Schulen.
Die anwesenden Mülheimer Ärztevertreter hätten noch einmal bestätigt, dass sich Schülerinnen und Schüler meist im häuslichen Umfeld anstecken, nicht in der Schule, berichtet Stadtsprecher Volker Wiebels.
Aus medizinischer Sicht genüge es daher, nur die infizierten Kinder und Jugendlichen in Quarantäne zu schicken.
Die Stadt Mülheim habe aber noch nicht entschieden, wie die Schulquarantänen künftig gehandhabt werden sollen. Man will sich ggf. an einer bundeseinheitlichen Regelung orientieren.
Alle, deren zweite Impfung schon mindestens sechs Monate zurückliegt, können sich jetzt eine Drittimpfung holen. Stadt und Kassenärztliche Vereinigung (KV) weisen darauf hin, dass dies bis Ende September auch im Impfzentrum an der Wissollstraße möglich ist. Das betrifft auch alle, die einen Vektorimpfstoff bekommen haben, also zwei Mal Astrazeneca oder ein Mal Johnson & Johnson.
Das Mülheimer Impfzentrum ist sieben Tage die Woche von 8 bis 18 Uhr geöffnet, ohne Termin. Impfarzt Dr. Stephan von Lackum hofft, dort bis Ende September noch einige Hundert Drittimpfungen erledigen zu können, damit im Herbst nicht alle in die Hausarztpraxen drängen.