Mülheim. . Neues Leben für tote Ecken: Drei Jahre lang war Mülheims Innenstadt Forschungsfeld, um Chancen für eine positive Stadtentwicklung auszuloten. Am Dienstag fand die Abschlussveranstaltung statt. Mit einem Rundgang zu Orten der Hoffnung...
Dass Stadtplanung und -entwicklung zeitlich nicht zu begrenzen ist, ist natürlich eine Selbstverständlichkeit. Daran konnte auch das auf drei Jahre angesetzte Bundesforschungsprojekt „Innovationen für Innenstädte“ nichts ändern, das am Dienstag in seiner Projektstadt Mülheim seinen offiziellen Abschluss fand. Noch einmal waren Bürger eingeladen, um über die Perspektive für die Innenstadt zu diskutieren. Das unter vielfacher Beteiligung von Mülheimern entworfene Zukunftsbild einer „Netzstadt“ ist zwar entworfen, muss aber noch mit Leben gefüllt werden. Das offenbarte am Dienstag ein Rundgang zu drei Orten der City, die nach Entwicklung schreien. . .
1 Rathausmarkt. Derzeit zum schnöden Parkplatz degradiert, soll der Marktplatz wieder Mülheims erste Adresse werden. In Planungsrunden mit Bürgern wurde der Begriff der „Stadtbühne“ geprägt – ein Ort für Märkte, Feste und Konzerte, ein Platz zum Verweilen soll der Markt wieder sein. Förderanträge zur Umgestaltung ab 2015 sind gestellt. Das Essener Planungsbüro DTP brütet derzeit über der Ausführungsplanung, steckt laut Klaus Tenhofen aber „noch in den ersten Überlegungen“. Doch es gibt schon Neuigkeiten. So ist einerseits die Idee, die Rathaustreppe breiter und einladender zu gestalten, gestorben. Dagegen spricht die Statik der darunter liegenden Tiefgarage.
„Mülheim hat das Experiment ernstgenommen“
Drei Jahre Forschungsprojekt „Innovationen für Innenstädte“ liegen hinter Mülheim. Prof. Harald Kegler von der Bauhaus-Uni Weimar, der insbesondere die Bürgerbeteiligung in den verschiedenen Planungsrunden des Projektes leitete, zeigte sich zum Abschluss angetan von dem Projektverlauf in der Ruhrstadt: Auch wenn noch viel zu tun bleibe, habe das gemeinsame Planen von Experten, Innenstadt-Akteuren und Bürgern „wichtige Impulse“ für die Innenstadtentwicklung gegeben, so Kegler am Dienstag bei der Abschlussveranstaltung in der Mülheimer Innenstadt.
Acht Modellstädte haben an dem Forschungsprojekt des Bundesbauministeriums teilgenommen. „Mülheim hat das Experiment ernstgenommen, das haben nicht alle“, lobte Kegler „das engagierte Mittun“, das zwischenzeitlich nicht nur 450 Ideen für die Entwicklung der Innenstadt produziert hatte, sondern gar einen Richtungswechsel, wie es der Professor nannte. Mülheims City werde nun als „Netzstadt“ fortentwickelt, das alte Denken der Handelsknochen – Kaufhof auf der einen und Forum auf der anderen Seite – werde aufgelöst. Als wichtige Achse sei neben Schloß- und Leineweberstraße insbesondere die Verbindung vom Rathausmarkt quer durch die Innen- zur Altstadt herauszuarbeiten. Mit einem Kongress in Berlin endet das Forschungsprojekt am 19. November in Berlin. Am Ende sollen die Ergebnisse aus den acht Modellprojekten dokumentiert werden.
Andererseits will die Paritätische Initiative für Arbeit Mülheimern noch in diesem Jahr Geschmack auf die Zukunft am Platze machen. Die PIA will den Kiosk mit provisorischen Kniffen schon vor dessen Umbau als Imbiss mit Dachterrasse betreiben. Wer’s klassisch mag, bekommt seine Mantaplatte, der Schwerpunkt soll laut PIA-Geschäftsführer Frank Schellberg aber auf gesunde Küche mit regionalen Produkten gelegt werden. Im Zuge der Platzumgestaltung soll an Ort und Stelle ein Café entstehen, mit öffentlicher Toilette.
2 Bahntrasse. Für die Umwandlung der alten Güterbahntrasse zwischen Hauptbahnhof und neuer Hochschule in Broich gibt es nun fixe Planungen, mit denen die Stadt 2016 Fördermittel des Städtebaus abgreifen will. Dennis Mescher vom Planungsbüro DTP stellte sie am Dienstag vor.
„Die Zeichnungen erinnern schon sehr an die Highline in New York“, zeigte sich eine Holthausenerin angetan. Tatsächlich: Das Innenstadt-Teilstück des Rad- und Fußweges denkt DTP als zusätzliche Promenade zum Flanieren. Lichtstelen, Gräser- und Staudenfelder, kleine Bäume und Sitzmöglichkeiten trennen die Flaniermeile (im Süden, mit Blick auf die Innenstadt) von der Radstrecke im Norden der Trasse. In Höhe des Rathausmarktes ist der von Bürgern gewünschte, auskragende und überdachte Stadtbalkon vorgesehen. In Höhe Löhstraße soll es eine Treppenanlage und einen Fahrradaufzug ebenso geben wie in Höhe der Ruhrpromenade. Am Stadtbalkon ist eine Spindeltreppe vorgesehen.
3 Kaufhof. Der große Leerstand, die Barriere zwischen Innenstadt und Ruhrbania, war Endpunkt des Rundgangs, Neuigkeiten zur Entwicklung gibt’s hier freilich nicht. Wie berichtet, wird das Grundstück beworben für den Standort der zukünftigen Sparkassen-Akademie NRW. Die Wünsche der Bürger, an Ort und Stelle eine Art soziokulturelles Begegnungszentrum für verschiedenste Freizeitaktivitäten entstehen zu lassen, haben aus wirtschaftlichen Gründen keine Realisierungschance.