Mülheim. Mülheim wird bei den geplanten Fördermitteln des Landes wohl leer ausgehen. Die Richtlinien kann die Stadt nicht erfüllen. Gibt es einen Ausweg?

OB und Schuldezernent Marc Buchholz könnte zum Schulbeginn die Verkündung einer bitteren Botschaft bevorstehen: Die Stadt Mülheim wird – nach heutigem Stand – keinen einzigen mobilen Luftfilter für Klassenräume von Land und Bund gefördert bekommen, nicht ein Cent aus dem 90-Millionen-Euro-Topf wird an die Ruhr fließen. Der Grund sind die Förderrichtlinien über die in dieser Woche im Land entschieden wird.

Auch die Räume der von Baustellen geplagten Otto-Pankok-Schule fielen nicht unter die Richtlinie

In Düsseldorf wartet man zwar wiederum auf die Zusage des Bundes, doch nach Informationen dieser Zeitung steht eines schon so gut wie fest: Das Land will von den bereits vor drei Wochen verkündeten Förderrichtlinien nicht abrücken. Und das bedeutet: Ausschließlich Räume der Kategorie 2, in denen nur eingeschränkte Lüftungsmöglichkeit herrscht, also Fenster lediglich kippbar sind oder Lüftungsklappen mit minimalem Querschnitt haben, werden aus dem 90-Millionen-Euro-Fördermittel-Topf versorgt. Von den 1200 Räumen an Mülheimer Schulen betrifft dies aktuell genau: 0.

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Auch für Luftfilter etwa an der von Baustellen geplagten Otto-Pankok-Schule gäbe es den Richtlinien nach keine Begründung, denn die Fenster lassen sich ja öffnen. Und vom verpflichtenden Lüften sind auch Räume mit solchen ergänzenden Anlagen explizit nicht ausgenommen.

Nicht nur haben umfangreiche Sanierungen an Mülheimer Schulen dafür gesorgt, dass auch Lüftungsprobleme und defekte Fenster aus den Klassenräumen verschwanden. Sondern schon im Frühjahr hatte man alle problematischen Räume mit dem ersten Förderpaket abgedeckt – potenziell waren es 23. Im Juli wiederum hatte der OB deshalb schon die Hoffnung gehegt, solche Geräte auch dort einsetzen zu können, wo eine Impfung aktuell noch immer nicht möglich ist und daher zusätzliche Sicherheit hilfreich sein kann: bei Schulkindern unter zwölf Jahren. Also bei den Klassen eins bis sechs.

Schwarz-grüne Koalition will Verwaltung beauftragen, auf den Bund einzuwirken

Gewerkschaft unterstützt Mülheimer Anliegen

Unterstützung erhält die Idee des Oberbürgermeisters indes von der Lehrergewerkschaft GEW: „Wir begrüßen die Ankündigung der Stadt, die Schulräumlichkeiten für die Jahrgänge 1 bis 6 mit Luftfiltergeräten ausstatten zu wollen.“

An der Vorgehensweise des Landes jedoch, lässt die Gewerkschaft kein gutes Haar: „Bildungsministerin Gebauer wird nicht müde zu bekunden, dass von den 50 Millionen Euro Landesmitteln lediglich 20 Millionen von den Kommunen abgerufen wurden.“

Nun stelle die Landesregierung 90 Mio € bereit – ohne den einschränkenden Zweck zu ändern und obwohl ja klar sei, dass auch diese Mittel aufgrund der Richtlinien nicht mehr abgerufen würden, weil es keine Unterrichtsräume mehr gebe, in denen Fenster nicht zu öffnen seien. Man fühle sich „verschaukelt“.

Die anstehende Richtlinie des Landes NRW und des Bundes macht den Plänen der Rathausspitze daher einen kräftigen Strich durch die Kosten-Rechnung. Und nicht nur der Spitze: Schon in der kommenden Ratssitzung am Donnerstag will die schwarz-grüne Koalition per Antrag „die Verwaltung beauftragen, auf den Bund einzuwirken“, so dass Grundschulen und die Jahrgangsstufen 5 und 6 mit mobilen Luftfiltern ausgerüstet werden.

Abgesehen von dem vermutlich eher begrenzten Echo, das der Ruf aus Mülheim im Berliner Bundestag haben dürfte, wäre das zwar ganz im Sinne des OB, aber so gar nicht des eigenen, CDU-geführten Landes. Von dort heißt es vielmehr: Zuständig für die Ausstattung der Schulgebäude sei schließlich die Kommune. Die Zuschüsse seien bereits eine Hilfestellung. Vom Lüften entbinden, würde es die Schulklassen ohnehin nicht – mobile Luftfilter seien allenfalls eine Ergänzung. Und über die Bedingungen einer solchen Förderung seien Land, Städtetag und Gemeindebund sich schon vor Wochen einig geworden.

Dass zudem die CDU den Antrag mit auf den Weg bringt, dürfte im Rat für Stirnrunzeln sorgen. Denn noch im Juni hatte CDU-Mann Heiko Hendriks im Bildungsausschuss argumentiert, Lüfter könnten Aerosole erst verteilen, „was andernfalls vielleicht nicht verteilt worden wäre“. Man müsse schon sehr genau hinschauen, ob sie Sinn machen.

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Fragen der Finanzierung und nach möglichen Lieferterminen sind noch unbeantwortet

Ungeachtet dessen: Nach aktuellem Stand müsste das knapp bei Kasse befindliche Mülheim diesen - vermutlich Millionen-Euro-schweren – Betrag wohl ohne jede Zuschüsse stemmen. Wenn auch nicht für 1200 Räume, wie Eltern bereits maximal gefordert haben, so schätzungsweise aber für Hälfte, sofern man alle Grundschulen und die ersten beiden Klassen der Sekundarstufe 1 abdecken will.

Wie man das finanzieren will, wird einer Erklärung bedürfen, vor allem, in welchen Bereichen deshalb Streichungen anstehen werden. Schon im Frühjahr musste die Politik eine heftige Debatte mit der Stadtgesellschaft führen, weil sie erst Ermäßigungen bei der OGS-Gebühr mit dem Streichen von Stadtteilbibliotheken finanzieren wollte. Später fanden OB und Kämmerer eine Lösung.

Problem Nummer Zwei: Stehen überhaupt noch Luftfilter-Geräte in ausreichender Menge zur Verfügung und wann können sie geliefert werden? Bis zur kalten Jahreszeit, die spätestens im November anstehen wird, ist es nicht mehr viel Zeit. Zu wenig, um noch eine langwierige Debatte mit Berlin oder Düsseldorf zu führen.