Mülheim. Seit Mai 2020 ruht eine von Mülheims großen Baustellen. Nichts geht mehr an der Troost’schen Weberei. Jetzt steht endlich ein Neuanfang bevor.

Nach knapp anderthalb Jahren Stillstand – und immer lauter werdendem Unmut der Nachbarschaft – sollen die Bauarbeiten an der Troost’schen Weberei in Kürze fortgesetzt werden. Im Mai 2020 waren erste Abrissarbeiten vorgenommen worden, kurz darauf aber verhängte die Bauaufsicht in Absprache mit Denkmal- und Umweltschützern einen Arbeitsstopp. Es fehlten wesentliche Unterlagen. Unter anderem waren vor Ort Fledermäuse gesichtet worden; ein Artenschutzbeauftragter musste gehört werden. Zwischenzeitlich wurden alle Akten eingereicht, geprüft, abgesegnet. „Die Baustelle ist seit dem 10. Mai 2021 freigegeben“, so Axel Booß am Dienstag auf Nachfrage.

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Sollte nun tatsächlich Bewegung in die Sache kommen und die trostlose Ruine, deren Anblick viele Anwohner seit Jahren massiv stört, endlich überarbeitet werden, wäre auch der Chef des Bauordnungsamtes froh: Das zurzeit von Efeu- und Brombeerranken überzogene Denkmal-Ensemble befinde sich „in bester Lage“ und sei „prägend fürs Mülheimer Stadtbild“.

Aktuell werden letzte Gespräche geführt, wie das Traggerüst angebracht werden kann

Schon im Herbst 2020 sollte es eigentlich weitergehen, doch es blieb bei Absichtserklärungen. Laut Matthias Gülich, Geschäftsführer des im Frühjahr 2020 eingestiegenen Projektentwicklers Arealcon, steht der Bau-Neustart nun aber tatsächlich unmittelbar bevor: Aktuell würden letzte Gespräche geführt, wie das besonders empfindliche Tudor-Gebäude so zuverlässig abgestützt werden kann, dass die Fassade der Türme links und rechts sowie die Rückseite des Gebäudes auf alle Fälle stehenbleiben.

Der Auftrag für das Traggerüst sei erteilt. Und es habe schon vorbereitende Maßnahmen auf dem Gelände gegeben: „Wege wurden angelegt für schweres Arbeitsgerät.“ Gülich hat auch ein neues Abrissunternehmen beauftragt. Die erste Firma, die im Frühjahr 2020 zum Zuge kam, sei beim Teilabriss nicht eben zimperlich vorgegangen.

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Massives Gerüst zum Abstützen der Außenwände soll in anderthalb Wochen stehen

Mit der Stadtverwaltung ist das Abrisskonzept abgesprochen, das massive Gerüst zum Abstützen der Außenwände soll in anderthalb Wochen stehen. „Ein starkes Fundament“ ist dafür erforderlich, sagt Gülich, und spricht von Beton. Allein für die Stützen falle ein sechsstelliger Betrag an. „Sobald sie stehen, beginnen wir mit dem Abriss.“ Bis Anfang Oktober soll dieser Abschnitt erledigt sein. „Danach fangen wir sofort an zu bauen.“

Heißt: Im Tudorhaus, von dem nur ein Großteil der Fassade erhalten bleibt, entstehen auf insgesamt 765 Quadratmetern sechs exklusive Wohnungen. Auch eine von der Dohne zu befahrende Tiefgarage mit 19 Stellplätzen soll dort gebaut werden. Weitere elf Wohnungen werden auf den 1147 Quadratmetern der ehemaligen Weberei errichtet. Dieses Gebäude wird zuvor komplett abgetragen – „sehr vorsichtig, weil es nah am Wasser liegt“ – und als Nachbildung neu aufgebaut.

Das denkmalgeschützte Kutscherhaus wird zum Einfamilienhaus umgebaut

Das denkmalgeschützte Kutscherhaus, das zwischen den beiden Gebäuden steht und am besten erhalten ist, wird zum Einfamilienhaus umgebaut. Der künftige Besitzer wird sich auf 270 Quadratmeter ausbreiten können.

Dimension des besonderen Projekts anfangs etwas unterschätzt

Die Arealcon GmbH, die die Troost’sche Weberei im Frühjahr 2020 übernommen hat, ist laut Homepage ein „unabhängiges, inhabergeführtes, mittelständiges Unternehmen der Immobilienwirtschaft“ mit Sitz in Düsseldorf und Wuppertal. Matthias Gülich ist ihr Geschäftsführer.

Im Gespräch mit dieser Zeitung räumt Gülich ein, dass man die Tragweite des besonderen Denkmalprojekts anfangs vielleicht „etwas unterschätzt“ habe, weshalb sich die Angelegenheit in die Länge gezogen hat. Nun aber wende sich das Blatt zum Guten. Gülich ist der Stadtverwaltung – allen voran dem Bau- und dem Umweltamt – „dankbar, dass sie mir nie Steine in den Weg gelegt haben“. Im Gegenteil: „Wir haben gut zusammengearbeitet, das erlebt man nicht alle Tage.“ Es mache Spaß, in Mülheim aktiv zu werden.

Er habe auch schon eine Idee für ein weiteres Projekt: „Wir haben in Saarn eine Fläche gefunden, auf der wir gern eine stationäre Pflegeeinrichtung errichten wollen.“ Es gebe bereits Gespräch mit der Stadt.

Apropos: Laut Matthias Gülich sind alle Wohnungen verkauft. Investiert hätten am Ruhrufer auch durchaus namhafte Kapitalanleger – „keine Fußballer“, so viel verriet er –, die die besonderen Wohnungen „wohl nicht selbst bewohnen, sondern eher vermieten werden“. Bei einem Baustart im Oktober oder November werden die Häuser im Sommer 2023 fertiggestellt sein, schätzt der Geschäftsführer von Arealcon. „Ich rechne mit rund anderthalb Jahren.“ Rund zehn Millionen Euro werde er bis dahin in das Prestigeobjekt investiert haben, sagt Gülich.