Mülheim. CDU, Grüne und SPD haben sich beim Bewohnerparken im Mülheimer Südviertel mit der Verwaltung geeinigt. Was ändert sich nun für die Anwohner?

Ein himmlisches „Halleluja“ konnte sich SPD-Mann Oskar Obarowski offenbar nicht mehr verkneifen, gleichwohl es in der Bezirksvertretung 1 am Freitagnachmittag doch um sehr irdische Dinge ging: Nach einem jahrelangen und kräftezehrenden Tauziehen zwischen Politik und Verwaltung um ein Anwohnerparken im Mülheimer Südviertel ist ein Kompromiss gefunden. Doch ist es ein guter?

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Kompromiss sieht Bewohnerparken auf weniger als 50 Prozent der vorhandenen Stellplätze vor

Das wiederum muss sich noch erweisen: Vorgesehen ist, dass im Bereich zwischen Muhrenkamp und Paul-Essers-Straße sowie zwischen Gerber- und Kämpchenstraße begrenzte Bewohnerparkzonen eingerichtet wird, in der die Anwohner exklusiv parken dürfen, nicht aber die zahlreichen Arbeitenden der Geschäfte, Krankenhäuser sowie Besucher der Innenstadt. Diese hatten im Viertel für knappe Parkmöglichkeiten bei den Anwohnern – und entsprechenden Unmut gesorgt. Und die jahrelange Debatte losgetreten.

Problem gelöst? Jein. Denn Knackpunkt an der Sache ist die Größenordnung der beschlossenen Umverteilung: Lediglich weniger als 50 Prozent sollen für Anwohner reserviert werden.

Rechnerisch fehlen damit knapp 200 Parkplätze für Anwohner

Dabei ist zum einen schon jetzt rechnerisch klar, dass es mehr Anwohnerfahrzeuge als reservierte Plätze gibt. 820 hat die Stadt registriert, 370 private Stellplätze gibt es bereits, 253 Stellplätze sollen für das Bewohnerparken reserviert werden. Macht eine Lücke von knapp 200.

Doch die weiteren vorhandenen 257 Stellplätze werden für eine Parkscheibenregelung von 9 bis 18 Uhr ausgewiesen. Zwei Stunden soll man dort parken dürfen.

Daher wird zum anderen wohl auch diese Regelung absehbar nicht dazu führen, dass jeder Anwohner eine Stellfläche für sein Auto vor der Haustür bekommt. Das jedoch war ein weiterer Aspekt für die Anwohner, die das ständige Kurven durchs Quartier auf der Suche nach einer freien Fläche bemängelten.

Und umgekehrt? Berufstätige und Stadtbesucher, die mit dem Auto anreisen, werden damit mehr als zuvor auf kostenpflichtige Parkhäuser ausweichen müssen. Denn der „Parkdruck“ in dem Gebiet sei schon jetzt derart hoch, dass die vorhandenen Plätzen zu mehr als 100 Prozent ausgelastet seien.

Folgeprobleme sind möglich: Verdrängung und eine Neuregelung in der Altstadt

CDU spricht von „Durchbruch“

„Durchbruch gelungen!“, loben die CDU und Grüne die neue Regelung, die „gemeinsam mit einer lösungsorientierten Verwaltung im dritten Anlauf gelungen“ sei. Es ist allerdings der kleinste gemeinsame Nenner, auf den man sich überhaupt einigen konnte.

Denn im vergangenen Juni noch konnte die Koalition nur durch Rückzug ihres eigenen, im Jahr 2020 getroffenen Beschlusses verhindern, dass der Oberbürgermeister diesen rechtlich einkassieren würde.

Der neue Entwurf entspreche der „in einer Bürgerversammlung im Oktober 2018 vorgestellten Planung für eine Bewohnerparkzone, allerdings etwas verkleinert“, sagt Hansgeorg Schiemer, CDU-Fraktionsvorsitzender in der BV 1. „Jetzt wird die zügige Umsetzung durch die Verwaltung erwartet.“

Die neue „Lösung“ könnte also nur eine Erleichterung bringen. Nicht zuletzt wohl deshalb fügte die SPD dem gemeinsamen Antrag mit CDU und Grünen in der Sitzung ,spontan’ noch den kleinen Zusatz einer „Evaluation“ nach einem Jahr zu. Die Verwaltung, die den Kniff offenbar erspähte, entgegnete prompt: Man könne das zwar noch einmal bewerten, eine Erweiterung der Bewohnerparkzone aber käme rechtlich nicht infrage, weil – so die Einschätzung der Verwaltung – „im überwiegenden Teil der Zone freie Parkplätze in zumutbarer Entfernung vorhanden sind“.

Und zwei pikante Probleme könnte der Kompromiss zur Folge haben: Die Parkplatzsuchenden könnte nun in benachbarte Viertel ausweichen und dort für Knappheit sorgen. Im Sinne der Gleichbehandlung müsste die Stadt dann weitere Gebiete mit entsprechenden Bewohnerparkzonen ausstatten.

Zum zweiten muss die Verwaltung nun auch die Altstadt gleich behandeln. Dort hatte sie 2015 bereits ein ausgedehntes Anwohnerparken umgesetzt. Man behalte sich „eine Überprüfung der aktuellen Situation dort ausdrücklich vor“, kündigte die Verwaltung in der Bezirksvertretung an.