Mülheim. Broicher Schlossnacht sorgt in Mülheim für viele Emotionen. Gleichberechtigte Kunst von Menschen mit und ohne Handicap begeisterte und berührte.
Der Innenhof von Schloss Broich ist in bunten Farben angestrahlt, eine Bühne steht mitten im Schlosshof, alle Besucher warten gespannt auf den Beginn der Show bei der Broicher Schlossnacht. Zum 13. Mal veranstalten Art Obscura und das Mülheimer Stadtmarketing (MST) das jährliche Event. Doch es ist nicht einfach nur ein kultureller Abend mit Schauspiel, Tanz, Musik: Hier stehen internationale Künstlerinnen und Künstler mit und ohne Behinderung gemeinsam auf der Bühne.
Das integrative Konzept liegt Gert Rudolph, Projektleiter von Art Obscura, am Herzen: „Wir möchten gleichberechtigte Kunst von Menschen mit und ohne Behinderung zeigen.“ Vielfalt ist dabei das wichtigste Stichwort. Es meint sowohl Vielfalt in den Aufführungen als auch Vielfalt unter den Darstellern.
Stille Faszination im Mülheimer Publikum beim Jonglage-Tanz der Geschlechter
„Tangram“ heißt zu Beginn des Abends die Vorstellung von Stefan Sing und Cristiana Casadio. Es ist ein Jonglage-Tanz, die zwei Künstler bewegen sich mit Bällen und Tanzschritten über die Bühne. Es ist ein stiller Beziehungskampf, ein Schlagabtausch zwischen Mann und Frau. Sie bilden eine Symbiose aus Einklang und Gegeneinander, Konkurrenz und Zusammenarbeit. Die Show schafft es sofort, das Publikum zu fesseln. Und das fast ohne Musik, gearbeitet wird beinahe nur mit Gestik, Mimik und den grazilen Bewegungen, sodass eine ganz besondere Stille und Konzentration über dem Schlosshof liegen. Nur ab und an ist der Tanz mit kleinen Geräuschelementen oder kurzen Musikeinlagen unterlegt. Es gibt begeisterten Applaus.
Schillernde Wesen wie aus einer anderen Welt begeistern in bunten Kostümen
Weiter geht der Abend mit der Show „Chamäleon“ vom Zebra Stelzentheater. Riesige schillernde Wesen wie aus einer anderen Welt betreten den Hof von Schloß Broich. Die besonderen Kostüme der Menschen auf Stelzen haben eine ganz außergewöhnlichen Wirkung: Die Zuschauer wirken gefesselt und fasziniert von den riesigen Chamäleons, welche sich mit durchdringenden Blicken durch die Menschenmenge bewegen und immer näher kommen. Immer wieder hört man ein erschrockenes Auflachen: Diese Show reizt.
Parallel kann man sich im Nebenhof des Schlosses die Kunstausstellung „Türen“ von der Art-Obscura-Kunstgruppe und die „Geschichten Landschaft“ vom Kulturladen Huchting ansehen. Auf einer kunstvoll bemalten Tür steht: „Wo sind deine Grenzen? Welche kannst du überwinden?“ Dieser Schriftzug bildet einen schönen Zusammenhang mit dem inklusiven Konzept des Abends. Auf großen Schildern sind verschiedenste Geschichten und Erfahrungen von Menschen niedergeschrieben. Von der Geburt Svens, einem überraschend Großeltern gewordenen Ehepaar, einem gut ausgegangenen Autounfall bis hin zu Trauer und Verlust – die Geschichten sind ergreifend, rührend und vielfältig. Die Betrachter sind völlig versunken in die verschiedenen geschilderten Schicksale, manche haben Tränen in den Augen. Begleitet wird die Geschichtenlandschaft von den sanften Klängen eines Klarinettenspielers.
Laute Lacher und viel Applaus beim „Impossible Konzert“ auf der Bühne im Schlosshof
Einen starken Kontrast dazu bietet das anschließende „Impossible Konzert“ von Stenzel und Kivits. Auf der Bühne vereinen die beiden Musik, Gesang und Comedy miteinander. „Ich denke, André Rieu kann noch was von uns lernen“, heißt es im Auftritt. Das Klavier wird wild durch die Gegend gefahren, das Ende von Schuberts unvollendeter Symphonie entdeckt und ein Duett mit Johnny Cash gesungen. „Wobei, das geht ja gar nicht, der ist ja schon tot“, witzeln die Künstler – und schaffen es schließlich trotzdem. Das Publikum liebt die Show, es wird viel gelacht, im Takt geklatscht und tosend applaudiert.
Besucher coronakonform auf vier Vorstellungen verteilt
Wie schon im vergangenen Jahr ist die Broicher Schlossnacht coronakonform abgelaufen. Anstatt an einem Abend fand sie in diesem Jahr an zwei Abenden mit jeweils zwei Vorstellungen statt.
Am Samstag besuchten 250 Menschen die erste Vorstellung des Abends, alle Plätze waren besetzt. Auch der Tag zuvor war erfolgreich. Insgesamt 860 Gäste ließen sich laut MST von den vier Aufführungen verzaubern.
Gesponsert wurde die Schlossnacht von den Mülheim Partnern. „Wir sind unseren vielen Sponsoren sehr dankbar, dass auch jetzt, seit Corona, weiterhin in uns investiert wird“, freut sich Jens Weber, Eventmanager der MST.
Den letzten Akt des Abends bildet wie immer bei der Broicher Schlossnacht der „Flying Wheelchair“. Zu dramatischer Musik bewegt sich ein Rollstuhl mit großen Schwingen durch den Abendhimmel – getragen von einem Kran. Sämtliche Hälse recken sich gen Himmel, besonders die Augen der Kinder im Publikum leuchten bei diesem Anblick.
Die Idee der Vielfalt wurde bei der 13. Broicher Schlossnacht wieder definitiv umgesetzt, das Programm bot Platz für viel Abwechslung und Emotionen. „Besonders toll fand ich den Jonglage-Tanz zu Beginn. Er ist sehr schön interpretiert worden und war etwas ganz Besonderes“, findet Dorothea, welche die Schlossnacht im Publikum sehr genossen hat: „Es war ein abwechslungsreicher Abend.“
Von der 13. Broicher Schlossnacht in Mülheim finden Sie auf waz.de/staedte/muelheim eine Fotostrecke.