Mülheim. Mülheims Corona-Krisenstab hat getagt: Das sagt dessen Leiter Frank Steinfort zu Impfungen, dem nahenden Schulanfang und Lüftern in Schulkassen.

Die Sieben-Tages-Inzidenz steigt in Mülheim langsam, aber kontinuierlich, und lag am Dienstag bei 18,8. Der Krisenstab hat einige drängende Fragen auf dem Zettel. Krisenstabsleiter Frank Steinfort äußerte sich nun im Gespräch mit dieser Redaktion zur städtischen Impfkampagne, zum nahenden Schulstart und zur Frage, ob sich die (Stadt-)Gesellschaft bei der Bekämpfung der Pandemie ausreichend solidarisch miteinander zeigt.

Die zunehmend schleppend verlaufende Impfkampagne sorgt im Krisenstab für Ernüchterung. „Wir können das mit der Herdenimmunität wahrscheinlich vergessen“, sagt Stadtdirektor Steinfort – und präsentiert eine Rechnung, die seiner Meinung nach offenbart, dass die Kampagne bald an ihrem Ende angelangt sein dürfte.

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67 Prozent der Mülheimer haben mindestens eine erste Impfung

Bislang konnte Mülheim, legt man die Erstimpfungen zugrunde, 67 Prozent der Bürger mit der Impfkampagne erreichen. Gut 114.000 Mülheimer hatten am Dienstag mindestens eine Impfung erhalten. Was ist mit dem Rest? Lässt der sich noch erreichen mit teils abstrusen Angeboten, wie sie etwa in Thüringen (eine kostenlose Rostbratwurst für jeden neuen Impfling) und Dortmund (kostenloses Foto mit dem DFB-Pokal samt Stadion-Spaziergang beim BVB) erdacht worden sind?

Kommt bald der kostenlose Mülheimer Pumann als Lockmittel für eine Impfung? Steinfort ist da skeptisch. Er glaubt, dass nur noch ein Bruchteil der Erwachsenen zu erreichen sein wird. Sie ausfindig zu machen, sie für eine gezielte Ansprache „zu erwischen“, sei schwer, geht er davon aus, dass wohl die Zahl derjenigen, die für eine Impfung offen seien, nicht mal mehr fünfstellig sei.

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Stadtdirektor geht davon aus, dass nicht mehr viele für eine Impfung ansprechbar sind

Gut zwei Drittel der Mülheimer haben mindestens eine Impfung. 16,3 Prozent der Einwohner sind Kinder und Jugendliche, von denen sich zumindest diejenigen über zwölf Jahre impfen lassen können, wenn sie und ihre Eltern das trotz bislang ausgebliebener Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) wollen. Dazu wird angenommen, dass der Anteil der Impfverweigerer im zweistelligen Prozentbereich liegt.

Mülheims Krisenstabsleiter: Stadtdirektor Frank Steinfort.
Mülheims Krisenstabsleiter: Stadtdirektor Frank Steinfort. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Bleiben laut Steinfort nicht mehr viele, die man noch für eine Impfung gewinnen kann. Bekanntlich ist das Mülheimer Impfzentrum mangels Nachfrage aktuell gar geschlossen, erst am Freitag nimmt es wieder seinen Betrieb auf. Immerhin soll es laut Steinfort nächste Woche (mit Zweitimpfungen) wieder unter Volllast laufen.

Krisenstabsleiter: Impfen ist auch eine Frage der gesellschaftlichen Verantwortung

Steinfort ist sich sicher, dass die Bundesregierung nicht mehr allzu lange warten wird, um Geimpften mehr Lockerungen zu gewähren als Impfverweigerern, zweifelt jedoch daran, ob dies noch vor dem Tag der Bundestagswahl Realität wird. Steinfort appelliert aktuell noch mal an die Bürger, sich impfen zu lassen – das sei auch eine Frage der gesellschaftlichen Verantwortung eines jeden Einzelnen. Er respektiere die Entscheidung, sich nicht impfen zu lassen, doch würde er sich von Skeptikern „mehr Mut wünschen, damit unsere Gesellschaft wieder frei leben kann“.

Ein weiteres Thema, das Mülheims Krisenstab beschäftigt, ist der anstehende Schulstart nach den Sommerferien. Auch hier ist das Impfen Thema. Eine erste Schule habe nun eingefordert, mobile Impfteams auf den Schulhof zu schicken, so Steinfort. Der Krisenstab sieht für solchen Sonderaufwand zumindest aktuell aber nicht die Notwendigkeit. Ärzte und Kinderärzte hätten die Kapazität, in ihren Praxen zu impfen, heißt es. Dort wäre auch die oft sicher noch nötige Aufklärung besser zu leisten, so Steinfort.

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Stadt Mülheim will nun (doch) Raumlüfter für Schulen anschaffen

Lollitests, das steht fest, soll es auch nach den Ferien in den Schulen geben. Und Raumlüfter? In diese Diskussion ist Bewegung reingekommen. Dank Fördermittel vom Bund denkt nun auch die Stadt Mülheim daran, mobile Geräte anzuschaffen. „Wir sehen Lüfter zumindest als nützliche Ergänzung zum Stoßlüften. Klar ist aber: Lüften wird weiter nötig sein“, sagte Steinfort im Gespräch mit dieser Zeitung. Fest installierte Raumlüfter hatte die Stadt lange abgelehnt. Noch in der letzten Sitzung des Bildungsausschusses vor den Ferien hatte sich der Chef des Immobilien-Service, Frank Buchwald, entschieden gegen aktuelle Filtergeräte ausgesprochen.

Änderung bei der Quarantäne-Pflicht an Schulen

Die Stadt ändert zum Schulstart nach den Ferien die Quarantäneregeln für Schülerinnen und Schüler. Taucht ein Fall in einer Klasse oder (Lern-)Gruppe auf, sollen nicht länger auch Mitschüler, die sternförmig um den infizierten Klassenkameraden herum ihren Sitzplatz haben, in häusliche Quarantäne geschickt werden, sondern nur noch die direkten Sitznachbarn.

Nach derzeitigen Erkenntnissen sei dies ausreichend, so Krisenstabsleiter Steinfort mit Verweis darauf, dass sich Schüler in erster Linie nicht untereinander ansteckten, sondern innerhalb des familiären Umfelds. Auch die Impfquote von 55 Prozent Erst- und Zweitimpfungen rechtfertige diese Lockerung, die allerdings nach vier Wochen noch einmal kritisch hinterfragt werde.

Bei mobilen Geräten sind diese Zweifel nun offenbar nicht vorhanden. Der Krisenstab habe sich in einem kleinen Vortrag Zahlen vorstellen und wissenschaftliche Erkenntnisse vortragen lassen, so Steinfort. Nur dank der in Aussicht gestellten Bundesförderung sei die Stadt aber in der Lage, die Geräte zu finanzieren – 1000 bis 3000 Euro koste ein Lüfter. Die Rahmenfinanzierung verhandele der Bund gerade einzeln mit jedem Bundesland. So müsse man noch abwarten, welche Förderbedingungen formuliert würden.

Die Stadt hat – mit Blick auf die Impfmöglichkeit für Über-Zwölfjährige, insbesondere Grund- und Förderschulen im Fokus, um sie mit mobilen Lüftern auszustatten.

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