Mülheim. Zwei Jahre mussten die Mülheimer auf das kosmopolitische Musik-Festival Odyssee warten. Am Freitag geht’s am Ringlokschuppen los mit Rasga Rasga.
Klänge und Rhythmen aus den Weltmetropolen, gemeinsam tanzen unter freiem Himmel – für viele Mülheimer ist die Odyssee am Ringlokschuppen seit gut zwei Jahrzehnten stets der Startschuss in einen unbeschwerten Sommer gewesen. Dass sie nach einem kulturvermurksten Corona-Jahr, und damit zweijähriger Zwangspause für das kosmopolitische Festival, am Freitag wieder an den Start geht, dürfte also auch ein weiteres Signal der Hoffnung sein für das beginnende soziale und kulturelle Leben in der Ruhrstadt.
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Endlich darf Mülheim wieder gemeinsam tanzen – wenn auch an Sitzplätzen oder im Park
Freilich: So ganz ungezwungen wie aus früheren Zeiten gewohnt, wird es diesmal noch nicht gehen. Auf den Treppenstufen zur Drehscheibe hat das Team aus Ringlokschuppen und WDR-Sender Cosmo 398 Stühle aufgestellt – so viele Plätze sind laut Corona-Vorschriften möglich, wo früher mehr als 2000 Menschen zusammenkamen. Und getanzt werden darf zwar weiterhin „freestyle“, aber nur am Sitzplatz.
Oder eben überall sonst im Müga-Park. Denn zu hören ist das Open-Air-Festival schließlich nicht wesentlich schlechter außerhalb des Drehscheibenbereichs.
Den Paukenschlag machen Rasga Rasga mit hippem Balkanfolk und schnellen Rhythmen
Auf den Sitzen wird es wohl ohnehin niemanden halten, denn Rasga Rasga kippen einen kräftig geschüttelten Cocktail zusammen aus blechlastigem High-Speed-Balkansound, Ska-Rhythmen – und was die sechs Musiker sonst noch auf ihren Reisen um die Welt aufgeschnappt haben. Die neue Lead-Sängerin Daria Assmus schmückt den Genre-Mix mit ihrer Erfahrung aus Jazz und Pop.
An den folgenden Freitagen geht’s ebenso abwechslungsreich zunächst mit Banda Comunale (23. Juli) weiter. Die hatten 2015 in Dresden mächtig Furore gemacht, als das längst gestandene Musiker-Dutzend sich buchstäblich mit Pauken und Trompeten gegen Pegida-Mob und rechte Hetze erhoben. Als „Banda Internationale“ spielten sie mit Geflüchteten die Musik ihrer Heimat: Syrien, Palästina, Iran, Irak.
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Weltoffen und mit politischer Haltung gegen Rassismus legen Banda Comunale aus Dresden nach
Gerade haben sich die weltoffenen Instrumentalisten mit Bernadette la Hengst den „guten alten“ Brecht vorgeknöpft, in Mülheim werden sie allerdings ihren internationalen Sound mit gewohnt klarer Haltung gegen Rassismus und Diskriminierung aufspielen.
Den Abschluss am 30. Juli gibt’s im Doppelpack mit Farafi und Shishko Disco. Die Sängerinnen und Percussionistinnen Joy Tyson und Darlini Singh Kaul verbinden Gesänge und Rhythmen aus Afrika, Nahost und Indien zu einer faszinierenden Melange.
Anschließend legt Tyson mit ihrer Band Shishko Disco nach. Die ziehen ihre musikalischen Grenzlinien einfach geschmeidig durch den westeuropäischen wie arabischen Raum. Der unbekümmerte tanzbare Sound wird von Tysons Stimme getragen, die Soul, Jazz und orientalische Einflüsse ineinander fließen lässt.
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Wie sich die Weltmusik zur Musik der Metropolen gewandelt hat
Längst hätten die Mülheimer in den Genuss der musikalischen Odyssee kommen sollen: Doch 2020 verhinderte die Pandemie den Auftritt. Claudia Saerbeck, die die Reihe in Mülheim, Bochum, Recklinghausen, Hagen vor zwei Jahrzehnten erfolgreich auf die Schiene gesetzt hat, ist die gute Laune anzumerken – endlich klappt’s.
Eintritt frei, aber nur unter Hygienebestimmungen
Rasga Rasga spielt am Freitagabend (16. Juli) gegen 20 Uhr, Einlass ist schon ab 19.30 Uhr.
Das Festival ist eintrittsfrei und draußen, allerdings müssen aufgrund der Corona-Verordnung die Karten vorher bestellt werden auf www.ringlokschuppen.de.
Es gelten Hygieneregeln und die drei „Gs“: Eintritt haben nur Geimpfte, Genesene und Getestete, die einen aktuellen negativen Schnelltest vorweisen können.
Damals lief es noch unter dem Etikett „Weltmusik“ und meinte oft Musik von Migranten oder aus bestimmten Ländern. „Was ,die Musik Afrikas’ ist, kann man doch so allgemein nicht mehr sagen, weil sie so vielschichtig geworden ist“, macht Saerbeck den Wandel der vergangenen 20 Jahren deutlich. „Weltmusik“ hat andere Wege eingeschlagen und stellt längst keine Folklore mehr aus, sondern verbindet – ganz urban – solche Klänge, die Musiker in den Metropolen der Welt hören und selbst neu kombinieren.
Und die kann man ganz selbstverständlich in Istanbul wie in Dresden und Mülheim finden – das macht auch das diesjährige Odyssee-Festival so deutlich wie selten zuvor.