Mülheim. Die Demo am Montagmorgen vor dem Mülheimer Amtsgericht blieb friedlich. Die Empörung über die Anklage und mutmaßlich rechte Polizisten war groß.

Empörung und Unverständnis ist vielen Demonstrierenden am Montagmorgen vor dem Amtsgericht ins Gesicht geschrieben. Dass heute zwei Teilnehmern der Demo gegen den „Bürgerdialog“ der AfD im Oktober 2019 der Prozess wegen „Sachbeschädigung“ an einem SUV gemacht wird, halten viele der rund 60 Menschen vor dem Amtsgericht für skandalös. Ihr Vorwurf: Die Polizei soll damals bewusst die Anzeige der Demonstrierenden gegen den SUV-Fahrer wegen Körperverletzung verhindert haben.

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Betroffener schildert: „Wir haben dem Staat vertraut, dass er Angriffe auf friedliche Demonstranten nicht durchgehen lässt“

Damals hatte eine Gruppe von Leuten am Rande einer Anti-AfD-Demo von mehr als 2500 Menschen den Parkplatz an der Stadthalle sitzend blockiert, um die Zufahrt zur AfD-Versammlung zu verhindern. Ein Autofahrer und wohl Versammlungsbesucher soll dagegen bewusst so weit in die Blockade gefahren sein, dass ein Demonstrant leicht verletzt wurde. Doch offenbar ging die Polizei dieser Sache nicht nach, sondern nahm stattdessen eine Anzeige gegen den Angefahrenen wegen Sachbeschädigung am Auto auf.

„Wir haben dem Staat vertraut, wir waren uns sicher, dass die Polizei die Angriffe auf friedliche Demonstranten nicht durchgehen lässt“, berichtet ein Betroffener von dem Demo-Abend. „Abgewimmelt“ habe die Polizei seine Versuche, Anzeige gegen den Fahrer zu erstatten. „Sie hören von uns“, habe man ihm gesagt. Dass am Ende der Betroffene zum Beschuldigten wurde, besorgt etliche Zuhörer. „Es kann nicht sein, dass Opfer zu Tätern gemacht werden“, ist der Mülheimer Stadtverordnete und Teilnehmer der Demo, Cevat Bicici (Wir aus Mülheim), entrüstet.

“#Polizeiproblem“: Die Redner auf der Demonstration zeigten sich besorgt über Entwicklungen bei der Polizei: rechte Chats, Rassismus-Vorwürfe und hartes Vorgehen gegen linke Demonstranten.
“#Polizeiproblem“: Die Redner auf der Demonstration zeigten sich besorgt über Entwicklungen bei der Polizei: rechte Chats, Rassismus-Vorwürfe und hartes Vorgehen gegen linke Demonstranten. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Wie weit reicht der Arm der AfD in die Behörden?

„Hashtag Polizeiproblem“ sprüht ein Demonstrant auf eine große Folie. Wie weit reicht der Arm der so genannten Alternative für Deutschland in die staatlichen Behörden? Schon viel zu weit – zumindest aus Sicht der Redner von vielen Organisationen der Linken, der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN), der Kampagne Aufstehen gegen Rechts (AGR), die sich um 10.30 Uhr vor dem Gebäude an der Georgstraße mit Transparenten und Mikrofon versammelt haben.

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Rechte Chats unter Mülheimer Polizisten, das jüngste harte Vorgehen der Polizei gegen linke Demonstranten in Düsseldorf, aber auch Rassismus-Vorwürfe gegenüber der Essener Polizei zählen sie als Indizien für eine mutmaßlich unter Polizisten verbreitete rechte Gesinnung auf. Und einen zunehmend salonfähigen Rechtsextremismus.

Und immer wieder soll es am Rande von AfD-Veranstaltungen zu Fällen gekommen sein, in denen Autos gegen Gegendemonstranten eingesetzt wurden. Vier Beispiele kann die Kampagne „Aufstehen gegen Rassismus“ nennen. Zählt auch der Mülheimer Vorfall dazu?

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Demonstration vor dem Mülheimer Amtsgericht blieb friedlich

Längst hätten solche Ausschreitungen bei Demonstrationen Spuren an der Demokratie und den Menschen hinterlassen, befürchtet Inge Ketzer vom VVN: „Damit wird die Angst geschürt, an Demonstrationen teilzunehmen.“ Sie sieht die Schuld nicht allein bei Behörden und Polizei, sondern in der Politik: „Die Polizei wird als politischer Knüppel missbraucht.“

Friedlich blieb die Demonstration am Montagmorgen vor dem Amtsgericht – auch die Polizei beobachtete die Versammlung mit großem Abstand.