Essen/Mülheim. Zur Demonstration hat das Bündnis gegen Polizeigewalt und Repression aufgerufen. Das führt viele Beispiele an, auch aus Essen und Mülheim.

Sie halten Plakate in die Höhe und fordern „Vertuschung und Lügen aufzudecken“, „Behörden und Polizei als Täter zu benennen“ und „Gerechtigkeit für Adel“: Rund 150 Teilnehmer haben gegen Polizeigewalt demonstriert. Auftakt war vor dem Polizeipräsidium, dann ging es in Begleitung der Polizeibeamten zum Hirschlandplatz. Bis zum Abend verlief die Veranstaltung nach Polizeiangaben friedlich.

Im Haumannpark vor dem Essener Polizeipräsidium versammelten sich die Teilnehmer der Demonstration auf der Wiese.
Im Haumannpark vor dem Essener Polizeipräsidium versammelten sich die Teilnehmer der Demonstration auf der Wiese. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

„Polizei NRW: Wie viele Einzelfälle braucht es für ein rechtes Netzwerk?“ - so lautete das Motto der Demonstration, zu der das Bündnis gegen Polizeigewalt und Repression aufgerufen hatte. Angemeldet hat laut Polizei eine linksgerichtete Privatperson die Veranstaltung, bei der die Essener Einsatzkräfte von der Bereitschaftspolizei anderer Städte unterstützt worden sind. Denn neben kleineren Versammlungen wie auf dem Willy-Brandt-Platz hatte die Polizei an dem Samstag auch die Treffen der RWE-Fans am letzten Spieltag im Blick.

Zum Bündnis gehören etwa 15 Initiativen und Angehörige

Das Bündnis Forum gegen Polizeigewalt agiert nach eigenen Angaben NRW-weit. „Dazu gehören etwa 15 Initiativen und Angehörige“, erklärt deren Sprecher Thorsten Walter. In Erscheinung seien sie vor rund einem Jahr getreten. Nun seien zwar die rechten Chatgruppen beim Polizeipräsidium Essen, die bei Beamten aus dem Mülheimer Streifendienst entdeckt worden sind, das Motto für die Veranstaltung. „Aber es gibt so viel mehr zu besprechen, dass wir uns die Zeit nehmen“, sagt Thorsten Walter zur Demo, die bis zum Abend in der Innenstadt andauern sollte. Dazu gehörten Vorträge und ausgestellte Zeitungsberichte zum Thema.

Vor dem Präsidium dröhnte bereits mittags Musik, saßen die zumeist jungen Teilnehmer der Demo auf der Hundewiese im Haumannpark, bevor es mit Baby, Kinderwagen und Hund über die Krawehlstraße, Rüttenscheider Straße und Huyssenallee Richtung Innenstadt ging. Auf den Plakaten waren neben Forderungen wie „Keine Taser für Rassist*innen - Polizei entwaffnen statt aufrüsten“ Porträtbilder zu sehen: Darunter das von „Mike“ Michael Haile, der 2017 bei einem Einsatz in Essen starb – so steht es darunter zu lesen.

Vorwürfe gegen die Beamten wegen „rechter Äußerungen“

Zeitungsartikel mit den Polizeieinsätzen hingen am Hirschlandplatz aus, wo die Kundgebung gegen Polizeigewalt stattgefunden hat.
Zeitungsartikel mit den Polizeieinsätzen hingen am Hirschlandplatz aus, wo die Kundgebung gegen Polizeigewalt stattgefunden hat. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Weitere Beispiele führten nach Frankfurt, Hannover, Bremen und auch Mülheim. Dort hat es 2019 einen Polizeieinsatz mit Verletzten im Autonomen Zentrum (AZ) gegeben. So sind bei der Demonstration auch Mitglieder des Mülheimer Bündnisses gegen rechte Strukturen in der Polizei vor Ort. Damals musste ein Besucher im Krankenhaus behandelt werden, ein Polizist wurde ebenfalls verletzt.

Es ging um Vorwürfe gegen die Beamten wegen „rechter Äußerungen“ und „sexistischem Verhalten“ sowie andersherum um Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Beleidigung. Das Gericht stellte dann unter anderem klar, dass die Beamten die AZ-Mitarbeiter rechtswidrig für eine Ausweiskontrolle gewaltsam zu Boden geworfen und fixiert hätten.

Die Staatsanwaltschaft hat keine strafbare Handlung der Polizisten erkannt

Die Mutter von Adel B., der 2019 bei einem Polizeieinsatz starb, spricht bei der Kundgebung gegen Polizeigewalt in der Essener Innenstadt.
Die Mutter von Adel B., der 2019 bei einem Polizeieinsatz starb, spricht bei der Kundgebung gegen Polizeigewalt in der Essener Innenstadt. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

In Essen auf dem Hirschlandplatz steht schließlich nach einer Mitarbeiterin des Antirassismus-Telefons die Mutter von Adel B. auf dem Podest. Sie erzählt mit gebrochener Stimme von dem Tag im Juni 2019, an dem ihr Sohn starb. Es war ein Einsatz in Altendorf, und ein Projektil aus einer Dienstwaffe, das ihn hinter einer Haustür traf. An Notwehr (ein Messer wurde gefunden) will die Mutter bis heute nicht glauben, berichtet von dem Video, das ersten Schilderungen von dem Einsatz widerspricht.

So dramatisch der Einsatz endete, „hat die Staatsanwaltschaft keine strafbare Handlung der Polizisten erkannt“, sagt Polizeisprecher Christoph Wickhorst zum Ergebnis der Ermittlungen. Das Gleiche habe auch im Fall Michael Haile gegolten. Demonstrationen hat es dann durchaus gegeben, jedoch nicht vor dem Präsidium.

Dort hätten vielmehr bereits früher Mahnwachen stattgefunden, bei denen sich Teilnehmer solidarisch mit Festgenommenen oder Personen in Gewahrsam hätten zeigen wollen. Eine Veranstaltung, die sich gegen Polizeigewalt richte, finde an dem Ort erstmals statt: „Die Kollegen kennen das Thema und sind sensibilisiert.“ Und die Bilanz der Polizei lautet dann auch: „Die gesamte Versammlung verlief friedlich und ohne Vorkommnisse.“