Mülheim. Ohne Test und Termin bekommt das Einkaufserlebnis gleich eine ganz andere Atmosphäre. Euphorie bricht auf Mülheims Shoppingmeilen aber nicht aus.
Kaum noch Masken, keine Tests, keine Termine – so langsam kehrt das normale Leben auch in die Einkaufsbereiche von Mülheim zurück. Eine grenzenlose Euphorie bricht bei Kunden wie Händlern aber noch lange nicht aus.
Thomas Scheidtsteger legt gerade neuen Spargel in die Auslage seines Marktstandes auf der Schloßstraße. Einzelne Kunden warten auf ihre Bestellung. Der Händler freut sich über jeden einzelnen. „Es war jetzt eineinhalb Jahre lang schleppend, mittlerweile ist die Straße wieder etwas belebter“, freut sich Scheidtsteger.
Cafés auf der Schloßstraße sind gut besucht
Mülheim weiterhin in Inzidenzstufe 1
Seit Mülheim die Inzidenzstufe 1 (stabiler Wert unter 100) erreicht hatte, war im Einzelhandel bereits wieder ein Einkauf ohne Termin und ohne negativen Test möglich. Bis zu diesem Zeitpunkt war die Personenzahl noch auf maximal eine Kundin oder einen Kunden pro 20 Quadratmeter Verkaufsfläche begrenzt.
Ab der zweiten Stufe (unter 50) darf pro zehn Quadratmeter eine Kundin oder ein Kunde im jeweiligen Geschäft sein. Für Geschäfte mit mehr als 800 Quadratmetern Verkaufsfläche fiel die Beschränkung mit der dritten Stufe (unter 35) sogar komplett weg.
Das zeigt sich vor allen an den beiden großen Cafés in der Fußgängerzone, die bereits am späteren Samstagvormittag gut besucht sind. Auf dem Markt hat Händler Martin Henninghaus noch Zeit für das ein oder andere Gespräch mit seinen Stammkunden. „Viele erzählen uns, dass sie jetzt mal wieder für eine oder zwei Wochen wegfahren“, weiß der Verkäufer zu berichten. Auch der Urlaub gehört zur wiedererlangten Normalität.
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Nicht nur das sommerliche Wetter trägt zu einer vollkommen veränderten Einkaufsatmosphäre bei. „Zuletzt sind die Leute nur gezielt einkaufen gegangen und waren dann schnell wieder zu Hause, jetzt halten sie sich wieder deutlich länger in der Stadt auf“, hat Henninghaus beobachtet.
Sommerwetter verhindert Ansturm auf das Rhein-Ruhr-Zentrum
Im Rhein-Ruhr-Zentrum ist die gespenstische Atmosphäre der Lockdown-Zeit verschwunden. Sowohl in der Gastro-Meile als auch vor dem Eiscafé im Untergeschoss sind die Stühle zurückgekehrt. Das sorgt gleich für eine bestimmte Geräuschkulisse, ansonsten kann der Kundenstrom aber noch nicht mit Samstagen der Vor-Corona-Zeit mithalten.
„Das hängt aber auch mit dem Wetter zusammen“, weiß eine Verkäuferin von s.Oliver, dass sich viele Menschen bei 30 Grad gegen einen Einkaufsbummel in einem Indoor-Center entscheiden. Wirklich planen könne man ohnehin nicht mehr. „Früher wusste man immer: am Wochenende ist es voll“, erklärt die Expertin. Dies sei heute nicht mehr der Fall.
Deutlich mehr Spontanität durch Wegfall von Terminbindung und Testpflicht
Auch im Dorf Saarn kann von einem Ansturm keine Rede sein. Aber alle, die unterwegs sind, genießen das entspannte Einkaufen. „Man fühlt sich wieder deutlich befreiter, auch wenn man sich erst einmal wieder daran gewöhnen muss“, sagt Lothar Strehle, der gerade mit seiner Frau Obst und Gemüse gekauft hat. Der Wegfall von Testpflicht und Terminbindung sorge für deutlich mehr Spontanität.
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„Die Leute haben Spaß daran, wieder etwas ins Leben einzutauchen“, freut sich auch Sabine Bonkowski, Verkäuferin bei Zaza Mode. Dass die Menschen weder in den Urlaub gefahren sind, noch an Feierlichkeiten wie Hochzeiten oder Jubiläen teilgenommen haben, hat vor allem der Bekleidungsbranche zugesetzt. „Dann hat man sich monatelang auf das beschränkt, was man im Schrank hatte“, weiß Bonkowski.
Selbstredend sei die Situation noch längst nicht mit der von vor gut eineinhalb Jahren zu vergleichen. „Aber die Menschen gönnen sich wieder etwas, wenn sie unterwegs sind.“ In der City, im Rhein-Ruhr-Zentrum und in Saarn herrscht vorsichtige Zuversicht, dass die neu gewonnene Normalität nun auch bleibt.